„Wer Bitcoins kauft, fliegt raus“
Angenommen, nur einmal angenommen, John Cryan würde allen Mitarbeitern der Deutsche Bank AG mit sofortiger Kündigung drohen, wenn sie Aktien der Commerzbank oder britische Pfund kaufen würden – ein Unding?
Bei der Deutsche Bank AG und allen anderen Unternehmen hierzulande auch wäre dies sicher so, anders aber in den USA. Der CEO, auf Deutsch, der Chef, der J.P.Morgan Chase Bank James Dimon, teilte seinen Mitarbeitern mit, dass er jeden, der Bitcoins kaufen würde, feuert. „Nur für „Mörder“ und „Drogendealer“ brauchbar: Wenn es um Bitcoin geht, macht der Chef der weltgrößten Bank JP Morgan Chase keine Gefangenen.“ Es geht noch weiter: „Sollte er Trader in seinem Haus erwischen, die Bitcoins kaufen, würde er sie sofort feuern, fügte er hinzu.“ (1) Ein Blick hinter die Kulissen zeigt aber, dass Theorie und Praxis bei der größten US-Bank getrennte Wege gehen.
Was hat es mit Bitcoins eigentlich auf sich?
Bei Bitcoins handelt es sich um eine sogenannte Kryptowährung, ein künstliches Zahlungsmittel, ein Kind des Internets. Kryptowährungen werden durch Blockchains, computerbasierte Logarithmen, erzeugt. Wer die Währung der Bitcoins erfunden hat, wird wohl niemals an das Tageslicht kommen, zu viele Vermutungen, zu wenige Fakten gibt es über die Erschaffer. Fakt ist, dass diese Währung, es ist die populärste unter rund 100 webbasierten Währungen, keinen Einflüssen von politischen Entscheidungen der Notenbanken unterliegt und sich der Wert analog einer klassischen Währung nur nach Angebot und Nachfrage richtet.
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Bitcoins sind nicht nur ein Spekulationsobjekt, sondern können durchaus auch im täglichen Leben eingesetzt werden. Zahlreiche NGOs (Non Governmental Organizations) und auch die ersten Einzelhändler akzeptieren Bitcoins als Zahlungsmittel. Aktuell stellen sie jedoch nichts anderes als ein Spekulationsmoment für die breite Masse der Anleger dar. Die Kursbewegungen belegen dies.
Wer im Jahr 2013 in Bitcoins investierte, kann sich heute freuen. Warum gönnt James Dimon diesen optionalen Investmenterfolg seinen Mitarbeitern nicht?
Der Krieg der Kryptowährungen
Bitcoins sind zwar die populärste, aber durchaus nicht die einzige Kryptowährung. Neben Bekleidungsunternehmen oder Discountern stehen auch die Hersteller von Kryptowährungen im Konkurrenzkampf. Was der eine kann, kann der andere auch, die Konstruktion von Blockchains ist kein Geheimnis. Das hat auch das US-Investmenthaus J.P. Morgan erkannt. „If you can’t beat them, join them.“ (Wenn Du sie nicht besiegen kannst, verbünde Dich).
Als wichtigster Konkurrent von Bitcoins zählt zweifellos Ethereum. Ethereum wurde von dem Russen Vitalik Buterin entwickelt. Nach einem Hackerangriff auf die Ethereum Blockchains programmierte er Teile des Systems neu, was ihm wiederum keine Freunde brachte. Einige seiner früheren Fans führen das „alte“ Ethereum jetzt unter dem Namen „Ethereum Classic“ weiter.
Die Kursentwicklung von Ethereum:
Ethereum bietet gegenüber Bitcoins einige Vorteile. So kann beispielsweise ein automatischer Bezahlvorgang in einen Kontrakt integriert werden. Die Ladung eines Containers soll mit Ethereum bezahlt werden. Wird der Container am Zielhafen geliefert, löst dies automatisch den Bezahlvorgang aus.
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Was hat das jetzt mit dem Angriff von Dimon auf Bitcoins zu tun?
„If you can’t beat them, join them“
Man sollte meinen, Kryptowährung und Kryptowährung sind bis auf die unterschiedlichen Namen ein und das selbe und nutzen in erster Linie den Usern des Darknets etwas, folgt man James Dimon. Dem ist aber wohl nicht so, betrachtet man die geschäftlichen Aktivitäten von J.P. Morgan im Segment der virtuellen Währungen.
J.P. Morgan stieg massiv in den Kryptomarkt ein. Das Unternehmen ist aktiv in der Ethereum Enterprise Alliance (2) und dem Hyperledger-Projekt, zugange, welches aus dem Haus der Linux-Foundation stammt. Dazu kommt, dass die J.P.Morgan Chase auch an der neuen Kryptowährung Zcash beteiligt ist, einem Unternehmen mit Gewinnerzielungsabsicht (3).
Dazu kommt, dass Dimon der Blockchaintechnologie offensichtlich sehr aufgeschlossen gegenübersteht, nicht nur ein bisschen. Anders ist es nicht zu erklären, dass die J.P.Morgan Chase Bank ein eigenes Konstrukt mit dem Namen Quorum entwickelt hat. Grundlage ist ebenfalls Ethereum.
Interessant ist auch die Tatsache, dass Dimons Bank an den europäischen Börsen ETFs auf Bitcoins kauft. Dazu zählt beispielsweise der in Schweden aufgelegte „Bitcointracker One SEK“ (4). Die Aktivitäten der New Yorker nahmen zufälliger weise zu, nachdem es im Bereich der Kryptowährungen, auch durch die Äußerungen Dimons bedingt, zu Kursverlusten kam. Selbstverständlich kann es sich dabei nur und ausschließlich um eine zeitliche Koinzidenz handeln.
Offene Fragen ohne Antworten
Zwei Fragen bleiben im Zusammenhang mit den Tiraden Dimons gegen den Bitcoin und den parallelen Aktivitäten in Europa.
- Kauft die J.P.Morgan Chase Bank wider besseres Wissen für die Kunden, die in der Vermögensverwaltung betreut werden, Bitcoin-ETFs? Immerhin ein klares Vergehen gegen die Ansagen des CEO.
- Kauft die J.P.Morgan Chase Bank Bitcoin-ETFs auf eigene Rechnung? Dann müsste der Handelsraum der New Yorker neu besetzt werden, denn nach wie vor gilt Dimons Aussage, jeden zu feuern, der dies täte.
- Und, ein wenig Ironie sei erlaubt: Plant die J.P. Morgan Chase den Einstieg in das Darknet oder den Drogenhandel? Anders sind die Aktivitäten der Bank in Bezug auf Ethereum nicht zu erklären. Es sei denn, dass nur Bitcoins von den Bösen genutzt werden und Ethereum per se nicht für kriminelle Aktivitäten geeignet ist.
Unstrittig ist, dass sich die Äußerungen des CEO der größten US-Bank in keiner Weise kongruent zu den geschäftlichen Aktivitäten des Hauses verhalten. Vielleicht sollte einfach einem Mitbewerber ein wenig die Luft aus den (Kurs)Segeln genommen werden. Seriös ist dieses ganze Gebaren jedoch nicht.
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