Deutschen FinTechs geht es so gut wie nie – wenn man den Zahlen glauben darf

Donnerstag den 25.10.2018 - Abgelegt unter: Brokernews, FinTech

Gerade häufen sich gute Nachrichten aus der FinTech-Szene. Die Direktbank comdirect fand in ihrer FinTech-Studie heraus, dass deutsche Start-ups aus der Finanzszene im Jahr 2018 bereits 778 Millionen Euro Kapital einsammeln konnten – mehr als im Rekordjahr 2017. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC teilte derweil mit, dass es über 850 Kooperationen zwischen deutschen Banken, Versicherern und FinTechs gibt. Doch nicht alle Zahlen halten einer näheren Prüfung stand.

Drei Milliarden Euro für FinTechs seit 2012

2018 wird ein neues Rekordjahr für FinTechs – das steht schon jetzt fest. Bis zum Ende des dritten Quartals 2018 konnten deutsche FinTechs in Finanzierungsrunden 778 Millionen Euro einsammeln. Im gesamten Jahr 2017 waren es 713 Millionen Euro. 2017 ist zugleich der bisherige Rekordhalter in dieser Hinsicht. Seit 2012 wurden drei Milliarden Euro eingesammelt.

Quelle: comdirect

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„Das konstant hohe Volumen an Risikokapital deutet darauf hin, dass sich die Fintech-Szene in Deutschland zunehmend professionalisiert. Aus den ,Jungen Wilden’ sind etablierte Unternehmen geworden, die in den allermeisten Fällen die Zusammenarbeit mit den Banken suchen“, heißt es von Arno Walter, Vorstandsvorsitzender von comdirect.[1]

Besonders stark wachsen Insurtechs – seit 2016 verzeichnen sie ein Plus von 26 Prozent. Dahinter folgen FinTechs in den Bereichen Investment und Finanzierung mit 24 beziehungsweise 19 Prozent Wachstum. In Insurtechs wurde zugleich am meisten investiert.

Miteinander statt gegeneinander

Während FinTechs oft als Bedrohung für etablierte Finanzunternehmen dargestellt werden, sehen viele Banken und Versicherungen das offenbar anders. Wir haben kürzlich erst herausgearbeitet, wie wichtig Kooperationen mit Banken für Robo-Advisor sind. Die Studie von PwC zeigt nun, dass Verflechtungen zwischen FinTechs, Banken und Versicherungen sogar weiter gehen als gedacht.

Über 850 Kooperationen wurden bisher zwischen deutschen Banken, Versicherungen und FinTechs eingegangen. Seit 2017 hat sich die Zahl der Kooperationen verdoppelt. Vorne dabei sind die Commerzbank mit 73 Kooperationen, Munich Re mit 67 Kooperationen und die Deutsche Bank mit 58 Kooperationen. Zwei Drittel der Kooperationen werden zwischen Banken und FinTechs eingegangen.

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 „Bislang ging man bei den meisten Banken und Versicherern davon aus, dass sie allenfalls mit einem Dutzend FinTechs zusammenarbeiten. Dabei haben die wechselseitigen Verflechtungen mittlerweile ein viel größeres Ausmaß erreicht“, kommentiert Sascha Demgensky, Leader FinTech.[2] „Man muss kritisch fragen, ob die Bündnisse immer das halten, was sich die Parteien von ihnen versprechen. Beide Seiten brauchen eine passgenaue Kooperationsstrategie.“ Diese Aussage beispielweise durch die kürzlich aufgekündigte Kooperation zwischen der Haspa und dem Robo-Advisor investify bestätigt.

100 Millionen sind nicht immer 100 Millionen

Dass in der FinTech-Szene jedoch nicht alles so rosig ist, wie es manchmal dargestellt wird, zeigte Finanz-Szene.de am Beispiel von Deposit Solutions auf.  Das FinTech, das unter anderem durch seinen Finanzmarktplatz WeltSparen und seine WeltInvest ETF-Portfolios bekannt ist, meldete eine Finanzierung von 100 Millionen Dollar. Diese Summe kam jedoch nur zu Teilen dem Unternehmen zugute. Eine nicht unerhebliche Menge dieses Betrags ging an Altinvestoren, die ihre Anteile an neue Gesellschafter veräußert hatten.

Die Pressemeldung von Deposit Solutions ging auf solche Details nicht ein. Doch auf Nachfrage von Finanz-Szene.de bestätigte Tim Siever, Chef des FinTechs, das Investment von 100 Millionen Dollar habe „sowohl aus Primary als auch aus Secondary“ bestanden.[3]

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Weiterführende Links

[1] comdirect – comdirect Fintech-Studie: Jeden vierten Tag ein neues Fintech

[2] PwC – Schon jetzt über 850 Kooperationen: Banken und Versicherer setzen voll auf FinTechs

[3] Finanz-Szene.de – Exklusiv: Das angebliche 100-Mio.-Funding von Deposit Solutions war in Wirklichkeit viel kleiner