Die FTX Pleite – Schockwelle ungeahnten Ausmaßes – und nun?

Freitag den 2.12.2022 - Abgelegt unter: Brokernews, FinTech, Kryptowährung

FTX – die zweitgrößte Krypto-Börse der Welt nach Binance ist also nun endgültig pleite und stellt damit wohl das prominenteste „Krypto-Fintech-Fail“ nach Terra, Celsius und NURI (in Deutschland) dar.

Der einst gefeierte und sowohl von Politikern und Bankern hofierte Gründer und bis zuletzt aktive CEO von FTX Sam Bankman-Fried sieht sich nun zahlreichen Vorwürfen wie Betrug etc. ausgesetzt. Was aber deutlich schwerer wiegt, sind die Auswirkungen der FTX Pleite auf den Kryptomarkt als solches als auch den nun wieder stärker aufkommenden Rufen nach Regulierung durch Behörden wie der SEC in den USA oder eben auch auf europäischer Ebene.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Die zweitgrößte Krypto-Börse der Welt, FTX, ist insolvent.
  • FTX schuldet Gläubigern Beträge in Milliardenhöhe.
  • Wunsch nach Regulierungen macht sich in der Krypto-Szene breit.

Doch fangen wir mal damit an, wie sich die FTX Pleite auf den Kryptomarkt an sich auswirkte, in dem wir einen Blick auf die Kursdaten der vergangenen Wochen der beiden wichtigsten Kryptowährungen Bitcoin und Ethereum werfen. Und zwar in Zusammenhang mit den wichtigsten Ereignis-Daten des FTX-Desasters.

Chronik der FTX-Pleite

02.11 – Bilanz-Veröffentlichung von Alameda seitens Coindesk, wonach Alameda mehr als ein Drittel seiner Assets (5,2 Milliarden von 14,6 Milliarden Dollar) in der Kryptowährung FTT hielt – dem Token der Krypto-Börse FTX.

  • Kurs Bitcoin >> 20.541,53 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs)
  • Kurs Ethereum >> 1.570,89 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs)

08.11 – Binance-CEO Changpeng Zhao (CZ) unterzeichnet nach einem Telefonat mit FTX-CEO Sam Bankman-Fried (SBF) eine Absichtserklärung (LOI), wonach man einen Kauf der viertgrößten Krypto-Börse FTX prüfen wollte.

  • Kurs Bitcoin >> 18.392,85 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs) – ein MINUS von 2.148,68 Dollar
  • Kurs Ethereum >> 1.322,17 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs) – ein MINUS von 248,72 Dollar

09.11 – Nach einer ersten Sichtung der von FTX.com bereitgestellten Firmenunterlagen, als Basis eines Kaufangebots, erklärt Binance den Konkurrenten nicht übernehmen zu wollen.

  • Kurs Bitcoin >> 15.849,86 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs) – ein MINUS von 4.691,67 Dollar
  • Kurs Ethereum >> 1.098,03 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs) – ein MINUS von 472,89 Dollar

11.11 – Nach dem gescheiterten Übernahmeplan von FTX seitens Binance beantragt die Krypto-Börse in den USA Insolvenz und Gläubigerschutz nach Chapter 11.

  • Kurs Bitcoin >> 16.424,14 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs)
  • Kurs Ethereum >> 1.241,11 Dollar (Börsenschluss – berichtigter Kurs)

Seit diesem 11.11. 2022 bewegt sich der Kurs von Bitcoin konstant um die 16.000 Dollar und der von Ethereum um die 1.100 Dollar. Womit deutlich wird, welche Auswirkungen die FTX Pleite allein auf diese beiden Werte hatte.

Die FTX-Pleite – wen hat es finanziell getroffen?

Stellt sich die Frage, wer nun alles von der Pleite des ehemals gehypten Krypto-Start-ups am härtesten getroffen wurde. Das ist durchaus eine moralische Frage, denn am härtesten betroffen ist augenscheinlich der Gründer und CEO von FTX, Sam Bankman-Fried, der mit dem Niedergang seines Unternehmens fast sein gesamtes Vermögen verloren hat. Doch kann und darf man dieser Stelle Mitleid haben? Mitnichten, denn letztendlich ist er es, der es zu verantworten, dass seine Firma Alameda, die offiziell NICHT mit FTX verbunden war, das Geld von FTX auf Bankman-Frieds Anordnung zur Finanzierung anderer Start-ups genutzt hat. Er hat also bewusst Kundengelder missbräuchlich verwendet. Punkt – und genau dafür wird er sich nun verantworten müssen.

Diejenigen, welche die finanziell größten Schäden hinnehmen müssen, sind die zahlreichen Nutzer von FTX als auch die Investoren, die sich von der Idee einer Krypto-Börse von Bankman-Fried haben überzeugen lassen und diese mit ihren Millionen Dollar Investments unterstützt haben.

Nach einer ersten Bestandsaufnahme seitens FTX selbst schuldet das Unternehmen allein den 50 größten Gläubigern rund 3,1 Milliarden Dollar.

Auch deutsche Firmen sind unter den Gläubigern, wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht. So hat das Frankfurter Bankhaus Scheich Forderungen in Höhe von 2,3 Millionen Dollar bereits geltend gemacht. Bei der Blockchain Fonds II GmbH & Co. KG sind Forderungen in Höhe von 1,6 Millionen Dollar geltend gemacht worden.

Noch härter hat es ein weiteres, mit FTX verbundenes Unternehmen getroffen, und zwar die Krypto-Bank BlockFi in den USA, das in den USA nun ebenfalls Insolvenz nach Chapter 11 angemeldet. Das Unternehmen von Sam Bankman-Fried hatte Blockfi im Juli 2022 noch mit 400 Millionen US-Dollar ausgeholfen, zwischenzeitlich stand sogar eine Übernahme an.

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Das Gros der FTX-Investoren muss Kapital wohl abschreiben

Die Gläubiger der insolventen Krypto-Börse FTX müssen sich auf ein kompliziertes und langwieriges Insolvenz-Verfahren einstellen – und auf hohe Verluste bis hin zum Totalverlust. Denn im Insolvenzfall sind die Krypto-Vermögen von Kunden nicht geschützt. Ihre Assets sind bei den jeweiligen Börsen – in diesem Fall eben FTX – oder einem Vertragspartner hinterlegt und können bei einer Pleite als Firmenvermögen betrachtet werden. Beim Bankrott können Anleger also ihre Einlagen verlieren. So passiert bei den Pleiten von

  • Bitgrail
  • Cryptsy
  • Mt. Gox.

Was zudem wenig Hoffnung vermittelt, ist die Aussage, der mit Insolvenz beauftragten Anwaltskanzlei in den USA, dass „große Mengen“ an Assets aus dem FTX Firmenkonstrukt schlichtweg verschwunden zu sein scheinen. Und genau diese Sorge, oder besser „Erkenntnis“ sorgt nun mal wieder dafür, dass der Ruf nach Regulierung lauter wird.

Schrei nach Regulierung des Kryptomarktes wird lauter

Und wie immer, wenn es zu einem Crash aufgrund einer Insolvenz eines Krypto-Unternehmens kommt, wird der Ruf nach einem Ende der vermeintlichen „Wild-West“ Kultur der globalen Krypto-Szene lauter. Dabei steht nicht immer zwingend eine Gesetzgebung dahinter, sondern, ausgehend von den Protagonisten der Szene durchaus eigene Vorschläge.

So brachte ausgerechnet der Gründe von Binance kurz nach dem Fall von FTX, der er mutmaßlich selbst als „Whistleblower“ ausgelöst hatte, so etwas wie einen Krypto-Fonds mit einem Volumen von rund einer Milliarde Dollar als Rettungsschirm für angeschlagene Krypto-Unternehmen ins Spiel. Damit sollen die zweifelsohne existierenden „Ansteckungs-, beziehungsweise Domino-Effekte“ des FTX Kollapses bestmöglich eingedämmt werden. So könnten zum Beispiel Vermögenswerte aufgekauft werden, die aufgrund von Krisen im Kryptomarkt unter die Räder gekommen sind.

Dabei wolle Binance nicht alleinstehen, wie der CEO des Unternehmens in einer kürzlich erfolgten Stellungnahme betonte. So wünsche er sich, dass verschiedene Akteure aus der Branche ihren Beitrag leisten werden. Entsprechende Gespräche zu seinem Vorschlag seien bereits mit einer Reihe von Branchenvertreten geführt worden.

So haben die folgenden Player des Kryptomarktes mittlerweile erklärt, den Fonds mit insgesamt 50 Millionen Dollar zu unterstützen:

  • Jump Crypto
  • Polygon Ventures
  • Aptos Labs
  • Animoca Brands
  • GSR
  • Kronos
  • Brooker Group

Ebenfalls anschließen will sich laut Gerüchten auch Tron DAO rund um Milliardär Justin Sun. Bestätigt ist dies von offizieller Seite jedoch nicht.

Und der Rest? Was macht die SEC etc. in den USA?

Fakt ist, dass die Diskussion, wie die Krypto-Regulierung geregelt werden soll – oder ob überhaupt – in den USA auch nach der FTX Pleite anhält. Allein die Diskussion, ob bei einem Wechsel vom Proof-of-Work-Konzept zur Proof-of-Stake-Validierung (so kürzlich geschehen bei der Kryptowährung Ethereum) PoS-basierende Kryptowährungen gemäß dem Howey-Test als Wertpapiere eingestuft werden könnten, sorgt bei den Beteiligten für erhitzte Gemüter.

Ein zweiter Schock folgte erst kürzlich, als ein Entwurf der US-Aufsichtsbehörde CFTC geleakt wurde, die ein Gesetz zur Krypto-Regulierung in den Kongress eingebracht hatte. Dieser Entwurf wurde allgemein so verstanden, dass er für den dezentralen Finanzmarkt ein indirektes Verbot darstellen würde.

Fakt ist, dass es in den USA keine einheitliche Meinung darüber zu geben scheint, ob eine Regulierung generell notwendig ist, und wenn doch, wie man diese umsetzen könnte.

Stand in Europa

Interessanterweise ist Europa den USA in Sachen Regulierung einen deutlichen Schritt voraus, denn seit Anfang des Jahres steht mit MiCA und TOFR eine umfassende Regulierung des europäischen Kryptomarktes bevor.

Durch die Einführung dieser aufsichtsrechtlichen Regelungen für das digitalisierte, vor allem auf Kryptowerte fokussierte Finanzwesen, soll künftig ein einheitlicher Rechtsrahmen in der gesamten EU geschaffen werden. Gleichzeitig sollen Anleger geschützt werden, indem die Marktintegrität und Finanzstabilität unter behördliche Aufsicht gestellt werden.

Im Klartext: Im Europäischen Wirtschaftsraum ansässige und wirtschaftlich aktive Krypto-Unternehmen müssen sich einer behördlichen Prüfung unterziehen und sich letztendlich lizenzieren lassen.

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