Droht ein Einbruch an den Aktienmärkten? Die 1 Billion Dollar Wette der Short-Seller
Wer einen etwas genaueren Blick auf die globale Wirtschaft und die mit ihr verbundenen Kapitalmärkte wirft, dem dürfte angesichts der zahlreichen Pleiten und Übernahmen in den letzten Monaten eigentlich angst und bange werden. Vor allem die Milliarden-Dollar schweren Pleiten einiger Kryptobörse als auch Banken und Übernahmen sorgten und sorgen bis heute für massive Unruhe an den Märkten, vor allem auch am US-amerikansichen Markt.
Das Wichtigste auf einen Blick
- In den USA haben auffallend viele Investment-Manager Short-Positionen aufgebaut.
- Unter anderem gibt es milliardenschwere Short-Positionen gegen die US-amerikanische IT-, Finanz- und Gesundheits-Branche.
- Die unklare Marktlage verunsichert Privatanleger.
Von sinkenden Kursen mit Short-ETFs profitieren »
USA droht erneut Insolvenz und Konjunkturdaten sind eher durchwachsen
Die Frage, die sich wohl so ziemlich Jeder, der sich für die Wirtschaft und die Aktienmärkte interessiert, beschäftigt, ist momentan wohl jene, ob wir erneut vor einem Zusammenbruch oder aber zumindest vor einem massiven Abschwung stehen? Oder vielmehr die Frage, wie stark die Wirtschaft wirklich ist und ob man in eine vermeintliche Stärke eben jener vertrauen kann?
Eine Frage, die man vielleicht mit Bezug auf die USA vielleicht noch am ehesten mit einem „Nein“ beantworten kann. Und dieses Nein lässt sich durchaus begründen. Zum einen mal damit, dass niemand Geringeres als Janet Yellen, Finanzministerin der USA, erst kürzlich davor gewarnt hat, dass der USA mal wieder, diesmal zum Stichtag 1. Juni, die Zahlungs-Unfähigkeit droht. Und damit mal wieder die Diskussion um eine Erhöhung der Schuldenobergrenze, die derzeit bei 31,38 Milliarden Dollar liegt, deutlich an Fahrt aufnimmt.
Kommt im Ergebnis dieser Diskussionen heraus, dass die USA Sparprogramme initiieren, um Schulden abzubauen, hätte dies massive Auswirkungen auf die US-amerikanische Wirtschaft. Doch auch eine erneute Erhöhung der Schuldenobergrenze würde die Effekte der Staatsverschuldung nur zeitlich verschieben. Aus dieser Position heraus wird deutlich, dass es in den USA zwangsläufig irgendwann zu einer massiven Korrektur an den Märkten kommen muss.
Dass es dazu kommen wird, ist auch die Auffassung vieler Investment-Experten und den von Ihnen vertretenen Investment-Firmen wie Blackrock, Morgan Stanley und der großen Hedge-Funds in den USA. Denn sie wetten momentan vielmehr gegen eine positive Entwicklung an den Aktienmärkten, in dem sie zunehmend sogenannte Short-Positionen aufbauen und sich demnach weniger in Aktien engagieren.
Ex-Kurs: Was bedeutet es „short“ zu gehen?
„Short gehen“ ist eine Börsenstrategie, bei der ein Investor auf fallende Kurse eines bestimmten Wertpapiers spekuliert. Der Investor verkauft dabei das betreffende Wertpapier, ohne es zu besitzen, in der Hoffnung, es später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen und somit einen Gewinn zu erzielen.
Der Begriff „Short“ kommt aus dem Englischen und bedeutet übersetzt „kurz“. Das bedeutet, dass der Investor eine Position einnimmt, die auf eine kurzfristige Kursentwicklung abzielt. Im Gegensatz dazu steht das „Long gehen“, bei dem ein Investor auf steigende Kurse eines Wertpapiers setzt und es kauft, um es später zu einem höheren Preis zu verkaufen und somit einen Gewinn zu erzielen.
Der Hintergrund? Die Berichtssaison der Unternehmen in den USA für das erste Quartal 2023 hat einen eher durchwachsenen Start hingelegt. Trotz der Rallye der US-Aktienmärkte und des seit Anfang Oktober um mehr als 15 Prozent gestiegenen S&P 500 Index gelten viele Unternehmen und ihre Aktien bereits als deutlich überbewertet. Professionelle Anleger sehen insbesondere Kursrisiken in Technologie, zyklischen Konsumgütern und Finanzwerten. Es ist daher nicht überraschend, dass viele Aktienstrategen der Wall-Street-Banken bereits vor möglichen Kursrisiken warnen.
Schwache Inflationsdaten kein Anzeichen einer wiedererstarkenden Wirtschaft
Zudem glauben viele Experten, dass die Kurse, die in den letzten Wochen nach einer kurzen Schwächephase wieder gestiegen sind, nur kurzfristige Folgen unerwartet schwacher Inflationsdaten und einer daraus resultierenden Verlangsamung der Leitzinserhöhungen in den USA sind.
„Eine sinkende Inflation, insbesondere bei Gütern, ist ein deutliches Zeichen für eine nachlassende Nachfrage, aber die Inflation ist der einzige Faktor, der das Umsatzwachstum vieler Unternehmen aufrechterhält“, sagte Mike Wilson von Morgan Stanley.
Dahinter steht so etwas wie eine geltende Regel: Wenn es der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) gelingen würde, die immer noch zu hohe Inflation von 5,0 Prozent auf das Ziel von 2,0 Prozent zu senken, würde dies nur auf Kosten von Gewinnrückgängen geschehen.
Und genau hierfür gibt es bereits Belege mit den ersten Kennzahlen aus der aktuellen Berichtssaison in den USA, die sich bis dato eher durchwachsen präsentiert.
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Beispiel Technologie-Branche: Zwar konnte Apple die Analysten überzeugen, doch Amazon verzeichnete bspw. einen deutlichen Umsatzrückgang bei seiner Cash-Cow Webservices und warnte zugleich vor einer Verlangsamung des Umsatzwachstums. Auch das Unternehmen Pinterest verfehlte die Umsatzerwartungen deutlich.
Auch in zahlreichen anderen Branchen dürften die Unternehmensgewinne im 1. Quartal 2023 deutlich zurückgegangen sein und die Erwartung der Analysten als auch Anleger nicht erfüllen. Die Gründe sind naheliegend, wenn man einzelne Branchen betrachtet. Allein die Sanktionen aufgrund des Ukraine Krieges haben zahlreiche Unternehmen vor allem aus dem Bereichen Technologie getroffen.
Hier mussten teilweise Milliarden von Dollar abgeschrieben werden, die den Unternehmensgewinn dementsprechend belasten. Auch der Umsatz-Hype, den die Biotech und Pharma-Branche während der Corona-Pandemie erlebte, ist mittlerweile weitestgehend verpufft. Doch auch der Anstieg bei den Rohstoffpreisen im Nahrungsmittel-Sektor zeigt seine Wirkung bei den Unternehmensgewinnen im 1. Quartal 2023.
Allein dies deutet darauf hin, dass der Gewinn von Unternehmen (auch in anderen Branchen) in mindestens zwei Quartalen abnehmen könnte, was automatisch Auswirkungen auf den Aktienkurs als auch den gesamten Markt haben würde. Und genau darauf setzen nun Shortseller mit einer rund 1 Billion Dollar schweren Wette gegen US-amerikanische Unternehmen aus 10 verschiedenen Branchen.
Branchen | Summe der Short-Positionen in Dollar | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
IT / Technologie | 174 Milliarden | ||||||
Consumer Goods zyklisch | 154 Milliarden | ||||||
Finance | 131 Milliarden | ||||||
Health | 123 Milliarden | ||||||
Industry | 109 Milliarden | ||||||
Energy | 70 Milliarden | ||||||
Communications | 68 Milliarden | ||||||
Consumer Goods | 47 Milliarden | ||||||
Raw Materials | 41 Milliarden | ||||||
Real Estate | 37 Milliarden | ||||||
Stand: 05.2023 |
Frage: Sollten Anleger die aufgebauten Short-Positionen als Warnung sehen?
Stellt sich abschließend die Frage, ob diese 1 Billion Dollar Wette von Shortsellern als Warnung für private Anleger verstanden werden sollte? Gute Frage.
Fakt ist, dass sich die Aktienmärkte momentan hoch-volatil zeigen und dementsprechende Kurs-Risiken deutlich gestiegen sind. Es ist allerdings auch zu beachten, dass Shortseller sehr stark mit dem psychologischen Element der Panik-Mache arbeiten, denn sie setzen auf sinkende Kurse. Sie haben also ein hohes Maß an finanziellem Eigen-Interesse, dass Anleger ihre eigenen Positionen auflösen und so zu sinkenden Kursen beitragen. Allein auf die Aktivitäten und Äußerungen von Shortsellern hinsichtlich möglicher Entwicklungen am Aktienmarkt beziehungsweise der Wirtschaft zu setzen, ist also keinesfalls anzuraten.
Fakt ist, dass man seine eigenen Aktien-Positionen hinsichtlich der Fundamental-Daten regelmäßig bewerten sollte. Wenn ein Unternehmen deutlich überbewertet ist, kann es also durchaus sinnvoll sein, erzielte Gewinne mitzunehmen und dann einen Neu-Einstieg bei besserer Bewertung abzuwarten.
Wer jedoch die Auffassung der Shortseller über die Marktentwicklung in den nächsten Monaten teilt und daran partizipieren möchte, kann hierzu entsprechende Short-Zertifikate erwerben.
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Weiterführende Links und Quellen:
Handelsblatt: Shortseller bauen ihre Positionen in den USA deutlich aus
Süddeutsche: Finanzministerin warnt vor Zahlungsausfall schon am 1. Juni