Aktivistische Investoren: Deutschen Konzernen droht Kontrollverlust

Mittwoch den 14.06.2023 - Abgelegt unter: Aktien, Brokernews

Es herrscht Unruhe an den deutschen Börsen und diese Unruhe ist nicht darauf zurückzuführen, dass hierfür Konjunkturdaten etc. verantwortlich zeichnen, sondern vielmehr etwas, dass man wohl als „massive externe Einflussnahme von außen“ bezeichnen kann. Das Stichwort in diesem Zusammenhang lautet „aktivistische Investoren“. Das Bestreben und die Vorgehensweise jener Investoren zeigte sich in den letzten Wochen nirgendwo deutlicher als bei dem deutschen DAX Unternehmen Brenntag.

Denn das Management des deutschen Chemikalien-Händlers sieht sich in den letzten Monaten einem massiven Machtkampf mit dem britischen Investor PrimeStone ausgesetzt, der zwischenzeitlich angekündigt hatte, auf der Hauptversammlung von Brenntag, zwei seitens des Unternehmens vorgeschlagene neue Kandidaten zur Wahl des Aufsichtsrates abzulehnen und stattdessen zwei eigene Kandidaten vorzuschlagen. Update: Das scheiterte jetzt. Die Frage, die sich trotzdem stellt: Was bezweckte PrimeStone mit dieser Vorgehensweise und was steckt im Detail dahinter?

Das Wichtigste auf einen Blick

  • DAX-Konzern Brenntag droht Machtkampf bei anstehender Hauptversammlung.
  • Investor PrimeStone forderte eine Aufspaltung und stellte (erfolglos) zwei eigene Kandidaten für den Aufsichtsrat.
  • Brenntag erfährt im Machtkampf mit britischem Investor Unterstützung von der DWS, Klaus-Michael Kühne und weiteren.
  • Ausgang des Machtkampfes könnte Signalwirkung für andere aktivistische Investoren haben.

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Machtkampf zwischen Brenntag und PrimeStone – die Hintergründe

PrimeStone, die als Investoren lediglich zwei Prozent der Brenntag Aktien besitzen, strebte an, durch die Nominierung ihrer eigenen zwei Kandidaten, den ehemaligen Manager Geoff Wild und der Ex-Goldman Sachs-Mitarbeiterin Joanna Dziubak, eine schnelle Aufspaltung der Brenntag-Gruppe in ihre beiden Geschäftsbereiche für Spezial- und Basischemikalien zu erzwingen. Dieser Schritt war darauf ausgerichtet, die Margen zu verbessern und den Aktienwert zu steigern. Die Brenntag-Aktionäre stimmten allerdings für die vom Unternehmen vorgeschlagenen Aufsichtsräte, was den Streit aber nicht zwangsläufig beendet.

Das PrimeStone ein aktivistischer und damit durchaus unangenehmer, vor allem aber in vielerlei Hinsicht „gefährlicher Aktionär“ ist, ist dem Unternehmen nicht neu. Denn der Konflikt mit dem aktivistischen Investor zieht sich bereits über einen Zeitraum von sechs Monaten hin.

So hat der britische Investor bereits im Dezember 2022 erstmalig interveniert und sich gegen die geplante Übernahme des US-amerikanischen Konkurrenten Univar durch Brenntag gestellt. Aufgrund der öffentlichen Kritik zu Jahresbeginn hat Brenntag dann das Übernahmeangebot für Univar zurückgezogen.

Zahlreiche Analysten zeigten sich zu dem Zeitpunkt von dem Rückzug überrascht, denn eine Übernahme von Univar hätte für das deutsche Chemikalienunternehmen eine bedeutende Veränderung dargestellt, da bisher nur kleinere Akquisitionen getätigt wurden.

Welche Chancen auf Erfolg hat PrimeStone mit seiner aktivistischen Vorgehensweise?

Allein die Tatsache, dass es PrimeStone gelungen ist, Brenntag von der Univar Übernahme abzubringen, dürfte den verantwortlichen Managern beim britischen Investor erheblichen Auftrieb für das aktuelle Vorhaben beschert haben. Doch sie bekommen auch von anderer Stelle durchaus bedeutende Unterstützung für ihr Vorhaben den Aufsichtsrat von Brenntag mit 2 eigenen Leuten zu besetzen.

Wer unterstützte PrimeStone?

So haben sich die bedeutende Aktionärsberater ISS und GlassLewis auf die Seite der Briten gestellt und diese Positionierung vor allem damit begründet, dass der britische Investor die überzeugenderen Argumente vorgelegt und somit die Aufmerksamkeit deutlich stärker Angelegenheiten der Unternehmensentwicklung und -führung geführt hätte. Und diese Positionierung hat durchaus Gewicht, denn sehr viele angelsächsische Fonds richten sich in Ihren Entscheidungen oftmals nach den Empfehlungen der US-Stimmrechtsberater. Dass dem so ist, zeigte sich darin, dass mehrere Pensionsfonds aus den USA angekündigt hatten, auf der Hauptversammlung gemäß der Empfehlung von ISS und Glass Lewis abzustimmen.

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Brenntag erfährt Unterstützung der DWS, dem DSW, Flossbach&Storch sowie von Klaus-Michael Kühne

Allerdings stand auch Brenntag mit seinen Vorschlägen für den Aufsichtsrat vor der nun anstehenden Hauptversammlung nicht ohne Unterstützung dar. Sowohl die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS als auch der renommierte Großinvestor Klaus-Michael Kühne haben sich öffentlich für Brenntags Vorschläge und Pläne ausgesprochen.

So hat die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS zuvor in einer Stellungnahme gegenüber Bloomberg ihre Unterstützung der Brenntag-Vorschläge für das Kontrollgremium bekundet. Die DWS ist demnach überzeugt, dass Brenntag gut positioniert ist, um seine Marktposition weiter auszubauen und nachhaltiges Wachstum zu erzielen. Eine Überzeugung, die auch Investor Klaus-Michael Kühne, der mit seiner Holding immerhin sechs Prozent und damit dreimal so viel Anteile wie PrimeStone an Brenntag-Anteilen hält, teilte und sich damit ebenfalls auf die Seite des Managements stellte.

Unterstützung erhält der DAX-Konzern ebenfalls vom fünf Prozent Anteilseigner Flossbach&Storch sowie von der Aktionärsvereinigung DSW.

Das Vorgehen aktivistischer Investoren: Welche Signalwirkung geht vom Fall PrimeStone-Brenntag aus?

Die Frage ist, wie dieser Konflikt zwischen PrimeStone und Brenntag langfristig ausgeht. Zwar hat Brenntag zunächst gewonnen, indem es seine Kandidaten in den Aufsichtsrat brachte, jedoch ist PrimeStone wohl nur temporär der „Wind aus den Segeln“ genommen. Die Gefahr dürfte damit keinesfalls gebannt sein, sondern man wird aufseiten der Briten jedwede Aktivität des Managements genauestens beobachten und jede erkannte Schwäche nutzen, um einen erneuten Angriff mit dem Ziel einer entsprechenden Einflussnahme initiieren.

Wäre es den Briten auf der HV gelungen, ihre Kandidaten und das mit einem Anteil von lediglich zwei Prozent an Brenntag in den Aufsichtsrat zu bringen, hätte dies das aktuelle Management des deutschen Chemie-Händlers in erhebliche Bedrängnis gebracht. Zudem wäre eine entsprechende Signalwirkung auf andere institutionelle, aktivistisch ausgerichtete Investoren ausgegangen.

Hier ist es dann nur eine Frage der Zeit, wann insbesondere Hedgefonds vor anstehenden Hauptversammlungen Neubesetzungen in Aufsichtsräten zur Durchsetzung ihre Auffassung von Unternehmensstrategie als auch Unternehmensführung in einer bis dato eher unbekannten Vehemenz einfordern werden. Insofern kann der aktuelle Machtkampf zwischen PrimeStone und Brenntag und sein Ergebnis als „wegweisend“ betrachtet werden.

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Weiterführende Links und Quellen:

Finanzen.net: QIX Deutschland: Großaktionäre stellen sich beim PrimeStone-Kandidatenstreit hinter Brenntag und Symrise legt nach Überschreiten der 30-%-Schwelle Pflichtofferte für Swedencare vor

Handelsblatt: Deutsche Konzerne werden bevorzugtes Ziel aktivistischer Aktionäre

Reuters: Germany’s Brenntag predicts resilient 2023, reiterates plan to double M&A spend