Nachhaltigkeit bei traditionellen Banken – mehr Schein als Sein
Seit Jahren wird darüber diskutiert, wie die Finanzwelt den notwendigen Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit auf der Welt unterstützen kann. Hier sollen vor allem die Banken eine Vorreiter-Rolle übernehmen. So wundert es nicht, dass seit geraumer Zeit Banken mit einem neuen, nachhaltig ausgerichteten Image auftreten, sich selbst also als „grüne Bank“ darstellen. Damit wird den Kunden vermittelt, dass Nachhaltigkeit bei der Bank eine zentrale Rolle spielt und Kunden sich so sicher sein können, hier den eigenen, nachhaltigen Interessen entsprechenden Finanz-Partner zu finden.
Allerdings hat das Ganze einen Haken, denn nur weil die Banken ein vermeintlich grünes Image in den Markt kommunizieren, heisst dies noch lange nicht, dass sie in ihren täglichen Geschäften auch konsequent nachhaltig agieren.
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Deutsche Bank fördert durch Anleihen-Exmittierung fossile Energieträger
- Verhalten der Banken im Anleihe-Geschäft steht im Widerspruch zum Pariser Klima-Abkommen
- Klima-Experten fordern von Banken auch ein operatives Bekenntnis zum Klima-Abkommen 2016
Belegt wird dies durch eine aktuelle, international organisierte Recherche, die zum Ziel hatte, herauszufinden, wie nachhaltig Banken agieren. Und woran kann man dies momentan besser festmachen als mit einem Blick auf die Energiewirtschaft? Und um es vorwegzunehmen: Banken sind nach wie vor die stärksten Partner von Unternehmen, die im Bereich der fossilen Energiewirtschaft tätig sind – also Öl-, Gas-, und Kohle-Unternehmen. Also Sektoren, die vor allem für eins NICHT stehen, und zwar Nachhaltigkeit. Interessant ist hier, dass sich mit dem Pariser Klima-Abkommen 2016 in Paris auch die Finanzbranche zu den damals vereinbarten Klima-Zielen bekannt hat.
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Banken emittierten in 7 Jahren mehr als 1 Billion Euro in Anleihen für fossile Energie-Projekte
Könnte man allerdings auch als reines Lippenbekenntnis werten, was vor allem mit einem Blick auf das Anleihe-Geschäft der Banken deutlich wird. Banken wie Deutsche Bank, JP Morgan, Citi, Bank of Amerika etc. haben Unternehmen wie Shell, BP und andere bedeutende Akteure im Bereich der Öl- und Kohleindustrie seit der Ratifizierung des Pariser Klimaabkommens im Jahr 2016 bis zum Juni 2023 weltweit insgesamt 1666 Anleihen emittiert, deren Gesamtvolumen sich auf 1,01 Billionen Euro beläuft.
Diese Zahlen weisen auf die signifikante finanzielle Aktivität dieser Unternehmen hin, die trotz globaler Bemühungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen weiterhin beträchtliche Investitionen in fossile Brennstoffe tätigen. Das Ausmaß dieser Kapitalbeschaffung ist also erheblich und verdeutlicht die finanzielle Unterstützung, die diese Konzerne nach wie vor von Banken und Finanzinstitutionen erhalten.
Allein im Jahr 2016 wurden Anleihen im Wert von 96 Milliarden Euro platziert, und bis zum Jahr 2020 hat sich dieser Betrag auf bereits 248 Milliarden Euro erhöht, wie aus der Recherche hervorgeht. Trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2022 verzeichnet das Geschäft nun wieder einen Aufschwung.
Dies bedeutet, dass Bankinstitute den Energiekonzernen aktiv dabei helfen, vermehrt Kapital für die Förderung fossiler Brennstoffe zu akquirieren – eine Entwicklung, die den politischen Bemühungen im Bereich des Klimaschutzes diametral entgegensteht. Dieser Trend wirft ernsthafte Fragen hinsichtlich der Ausrichtung von Finanzströmen und des Ziels der Dekarbonisierung auf, da er den langfristigen Bestrebungen zur Eindämmung des Klimawandels zuwiderläuft.
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Banken verdienen gut im Anleihen-Geschäft
Und warum dies so ist, wird deutlich, wenn man sich ansieht, was Banken mit dem Anleihe-Geschäft verdienen. Auch wenn die Banken selbst sich hier mit entsprechenden Werten eher bedeckt halten, so ist es doch ein offenes Geheimnis, dass 0,2 bis 0,3 Prozent des Emissionsvolumens als Provision an die Bank fließen. Gemessen an einem Volumen von etwas mehr als einer Billion Euro also mehr als einträglich.
Was in Folge zu der berechtigten Frage führt, was die folgende Aussage des Chefs der Deutschen Bank, Christian Sewing dann mit der Realität zu tun hat:
„„Aus tiefster Überzeugung wollen wir den globalen Wandel zu einer nachhaltigen, klimaneutralen und sozialen Wirtschaft mitgestalten“.
Oder eben jener Aussage, die auf der Webseite der Deutschen Bank zu finden ist:
„Wir wollen unseren Beitrag zu einer umweltverträglicheren, sozialeren und besser geführten Wirtschaft leisten. Unsere Produkte und Lösungen richten wir darauf aus und möchten so unsere Kunden bei ihrer Transformation unterstützen.“
Wenig sollte man nun meinen. Nun so hart ist es dann doch nicht. Es wird hier halt nur verschwiegen, dass diese „Überzeugung“ nicht zwingend für jeden Geschäftsbereich gilt. Am ehesten wohl – zumindest bei der Deutschen Bank – noch für den Kreditbereich, für den im Herbst letzten Jahres Pläne vorgestellt wurden, wie bis zum Jahr 2050 die Kreditvergabe auf klimaneutrale Investitionen Schritt für Schritt umgestellt werden soll. Dies soll dann insbesondere für emissionsintensive Sektoren, darunter Öl, Gas und Kohle gelten.
Von entsprechenden Plänen in dem Bereich Debt Origination, unter den die Platzierung von Anleihen fällt, ist bis dato jedoch nicht die Rede. Für den Bereich, der im 1. Halbjahr 2023 Einnahmen von rund 425 Millionen Euro in die Kassen der Deutschen Bank spülte, gelte lediglich, dass „Anleihen schon heute dem üblichen Prüfungsprozess für Umwelt unterlägen“. Was auch immer das im Detail bedeuten mag.
Klima-Experten kritisieren Geschäftsgebaren der Bank
Der angesehene Klimaexperte Pieter Pauw von der Universität Eindhoven äußert klare Bedenken gegenüber dem derzeitigen Verhalten der Finanzindustrie. Seine entschiedene Aussage lautet: „Es ist inakzeptabel, dass Banken in diesem Zusammenhang weiterhin agieren.“ Pauw fordert eine dringende Anpassung der Finanzströme und des Anleihegeschäfts, um sie mit den Zielen des Pariser Klimaabkommens in Einklang zu bringen. Sein Appell betont die Notwendigkeit einer grundlegenden Transformation in der Finanzindustrie, um die globale Bemühung zur Bekämpfung des Klimawandels zu unterstützen. Es wird immer deutlicher, dass die bisherigen Praktiken nicht ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen.
Was heißt das nun für Anleger?
Stellt sich abschließend die Frage, welche Schlüsse Anleger, die ihr Kapital unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit in den Finanzsektor investieren möchten, hieraus ziehen sollten? Eine Frage, die hier nicht mit einer pauschalen Empfehlung beantworten werden kann und auch nicht soll.
Fakt ist aber, dass es Banken gibt, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben, es aber bei genauerer Betrachtung nicht oder aber nur in einem geringen Maße bspw. nur in einzelnen Geschäftsbereichen sind. Hier also – gemessen an ihren Marketing-Aussagen – durchaus eine Art Greenwashing betreiben. Wer als Anleger damit leben kann – in Ordnung.
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Weiterführende Links und Quellen: