EU-Lieferkettengesetz verabschiedet – Finanzbranche (vorerst) ausgenommen

Freitag den 5.01.2024 - Abgelegt unter: Brokernews, Nachhaltig, Politik

Geschafft: In der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember wurde eine Vereinbarung zum EU-Lieferkettengesetz zwischen dem EU-Parlament und den Mitgliedstaaten erzielt. Diese, nun erreichte Übereinkunft stellt insgesamt betrachtet einen durchaus bedeutsamen Fortschritt in Bezug auf den verbesserten Schutz von Menschenrechten und Umweltstandards in globalen Lieferketten dar, hat aber auch seine Schönheitsfehler.

Während des Trilogs drängte das EU-Parlament auf das ehrgeizige Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD). Dieses Gesetz verpflichtet Unternehmen, ihre Lieferketten umfassend auf Menschenrechtsverletzungen und Umweltauswirkungen zu prüfen, und geht über das deutsche Lieferkettengesetz hinaus. Die CSDDD setzt einen neuen Standard für unternehmerische Verantwortung in der EU, fördert nachhaltige Geschäftspraktiken und stärkt den Schutz von Menschenrechten und der Umwelt.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Einigung im EU-Trilog zum Lieferkettengesetz wurde erreicht
  • Große Unternehmen müssen entlang ihrer gesamten Lieferketten Umweltstandards und Menschenrechte einhalten
  • Die Finanzindustrie ist vorerst ausgeschlossen

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Up-Date: EU-Lieferkettengesetz auf der Kippe? Deutschland will sich bei Abstimmung enthalten

Die aktuelle Lage des EU-Lieferkettengesetzes steht vor einer entscheidenden Herausforderung im EU-Parlament, da die geplante Enthaltung Deutschlands das Scheitern der Neuregelung bedeuten könnte. Diese Haltung wird maßgeblich von der Blockade der FDP beeinflusst, die den vorliegenden Entwurf der Lieferketten-Richtlinie nicht mittragen kann. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai begründet diese Entscheidung deutlich: „Die Richtlinie ist ein bürokratisches Monster, schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland und trägt nicht dazu bei, dass sich die menschenrechtliche und ökologische Situation verbessert.“

Die Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist zweifellos notwendig, jedoch argumentiert Djir-Sarai, dass die überarbeitete Richtlinie diesem Ziel entgegenwirken würde. Diese Ansicht teilt Katharina Dröge, Co-Fraktionschefin der Grünen, jedoch nicht und kritisiert die Haltung der FDP scharf. Ihrer Meinung nach wäre ein Scheitern des EU-Lieferkettengesetzes ein großer Fehler, da die Richtlinie gleiche Wettbewerbsbedingungen für die deutsche Wirtschaft geschaffen hätte.

Auch Umwelt- und Sozialverbände äußern scharfe Kritik an der angekündigten Enthaltung der Bundesregierung und teilen damit, die Aussage der Vize-Chefin der Grünen. /p>

Unternehmenspflichten in Bezug auf Sorgfaltspflichten: Überprüfung von Risiken in Lieferketten

Unternehmen stehen nun vor der Verpflichtung, ihre Lieferketten auf potenzielle Risiken bezüglich Menschenrechtsverletzungen und Umweltauswirkungen zu durchleuchten. Bei identifizierten Risiken müssen sie gezielte Maßnahmen ergreifen, um mögliche Schäden zu verhindern oder zu minimieren. Diese rechtliche Verpflichtung betrifft Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einem Nettoumsatz von über 150 Millionen Euro. Sogar Nicht-EU-Unternehmen fallen darunter, wenn sie innerhalb von drei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Nettoumsatz von 300 Millionen Euro in der EU erzielen. Kleinere und mittlere Unternehmen sind größtenteils ausgenommen, es sei denn, sie sind in die Wertschöpfungskette größerer Unternehmen eingebunden oder operieren in, als risikobehaftet definierten Sektoren wie dem Handel mit Edelsteinen.

Klagen wegen Menschenrechtsverletzungen werden für Betroffene erleichtert

Die erzielte Einigung eröffnet Personen, deren Rechte verletzt wurden, die Möglichkeit zur Beschwerde sowohl in verwaltungsrechtlichen Verfahren als auch vor Zivilgerichten wegen Verstößen gegen unternehmerische Sorgfaltspflichten. Dabei wurden Beweiserleichterungen, reduzierte Verfahrenskosten und eine Frist von fünf Jahren zur Geltendmachung von Ansprüchen eingeführt, um Betroffenen die Durchsetzung ihrer Rechte zu erleichtern.

Klimaschutzpläne werden für Unternehmen verpflichtend

Zusätzlich dazu sind Unternehmen verpflichtet, Klimaschutzpläne zu entwickeln und umzusetzen, um sicherzustellen, dass ihre Geschäftsaktivitäten mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens in Einklang stehen. Bisher fehlen jedoch konkrete Kontroll- oder Sanktionsmechanismen für die Umsetzung dieser Verpflichtung.

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Bei Verstößen drohen umsatzbezogene Strafen

Im Falle von Verstößen gegen diese Richtlinie drohen erhebliche Sanktionen, darunter Strafen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Umsatzes. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Unternehmen ihre neuen Verpflichtungen ernsthaft wahrnehmen und bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten äußerst gewissenhaft vorgehen.

Finanzdienstleistungen vom Gesetzt ausgenommen – vorerst

Die Sorgfaltspflichten gemäß der Richtlinie erstrecken sich vorerst nicht unmittelbar auf Finanzdienstleistungen wie Anlage- und Kreditgeschäfte. Es ist jedoch eine Überprüfung und Analyse der Auswirkungen auf den Finanzsektor vorgesehen, mit der Möglichkeit, diesen zu einem späteren Zeitpunkt einzubeziehen. Trotz dieser vorläufigen Ausnahme sollen Finanzunternehmen dennoch verpflichtet werden, Klimapläne zu erstellen und umzusetzen.

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Resonanz auf das EU-Lieferkettengesetz eher gemischt

Die kürzlich erzielte Einigung stößt bisher auf unterschiedliche Resonanz. Germanwatch, eine Entwicklungs- und Umweltorganisation, sieht das Gesetz als entscheidenden Schritt hin zur notwendigen Transformation der europäischen Wirtschaft. Gleichzeitig betrachtet die Initiative Lieferkettengesetz die Richtlinie als einen europaweiten Paradigmenwechsel. Industrieverbände äußern hingegen Bedenken und sehen das Gesetz als Belastung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie. Unternehmen, die ihre Pflichten gemäß dem deutschen Lieferkettengesetz gewissenhaft erfüllen, sollten jedoch keine erheblichen Wettbewerbsnachteile befürchten müssen.

NGOs kritisieren Ausklammerung des Finanzsektors mit deutlichen Worten

Trotz des erreichten Erfolgs weisen Nichtregierungsorganisationen weiterhin auf bestehende Lücken im Gesetz hin. Insbesondere wird die vorübergehende Ausnahme von Finanzdienstleistungen aus den Sorgfaltspflichten kritisiert, da der erhebliche Einfluss des Finanzsektors betont wird. Finn Schufft, Referent für Unternehmensverantwortung bei Germanwatch, betont, dass europäische Finanzinstitute durch ihre Investitionen und Kredite nachweislich erheblich zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden beitragen. Die Entscheidung, den Finanzsektor vorerst auszunehmen, erfolgte insbesondere auf Drängen der französischen Regierung.

Die erzielte Einigung muss noch von dem Europäischen Rat und dem EU-Parlament bestätigt werden, was in Brüssel weitgehend als Formalität betrachtet wird. Nach Bestätigung haben die Mitgliedstaaten etwa zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland müssen das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und weitere Gesetze an die neuen EU-Vorgaben angepasst werden.

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Weiterführende Links und Quellen:

EU-Lieferkettengesetz: Parlament und Mitgliedstaaten erzielen Einigung

EU-Sorgfaltspflichtengesetz: Für Unternehmen werden transparente Lieferketten zum Strategiethema