StaRUG: Besserer Schutz von Aktionären geplant

Freitag den 26.01.2024 - Abgelegt unter: Aktien, Börse, Brokernews, Politik

Wer sein Geld in ein Unternehmen investiert, möchte damit vor allem eins: Sein Vermögen vermehren. Und das geschieht genau dann, wenn das Unternehmen erfolgreich ist und stetig den Unternehmenswert steigert. Doch es kann auch in die andere Richtung gehen, und zwar bis zu dem Punkt, an dem das Unternehmen eine Restrukturierung vornehmen muss. Was wohl für so manch einen Anleger auch kein Problem darstellen würde, gebe es das nicht ein Gesetz, das nicht unbedingt dem Schutz der Anleger in solch einer Situation dient.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Restrukturierungsmaßnahmen finden immer öfter zulasten der Anleger statt
  • Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen, kurz StaRUG, soll überarbeitet werden
  • Das Gesetz bietet nach Auffassung von Experten zu wenig Anlegeschutz

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Restrukturierungsfälle Leoni und Spark Networks: Anleger gingen leer aus

Als eines der besten Beispiele dafür, wie das Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung (StaRUG) zu Ungunsten der Anleger genutzt werden kann, ist das Unternehmen Leoni. Der Autozulieferer hatte eine Restrukturierung nach StaRUG beantragt, Minderheitsaktionäre wurden durch einen radikalen Kapitalschnitt enteignet. Der österreichische Unternehmer und Leoni-Großaktionär Stefan Pierer zeichnete als Einziger eine Kapitalerhöhung, sicherte sich so alle neuen Aktien und nahm das Unternehmen dann von der Börse. Die bisherigen Anleger gingen so komplett leer aus. Doch wie konnte dies passieren? Die Antwort hierauf liegt in der Informationspflicht beziehungsweise deren Verfügbarkeit.

Der umfassende Plan zur Restrukturierung des Unternehmens, der beeindruckende 1000 Seiten umfasst, war zwar einsehbar – jedoch ausschließlich vor dem zuständigen Gericht. Auf der Unternehmenswebsite konnten Anleger lediglich eine 35-seitige Zusammenfassung finden, die offenbar entscheidende Punkte ausklammerte und zudem den Hinweis auf die Verfügbarkeit des vollständigen Restrukturierungsplans vermissen ließ. Ob dies bewusst oder unbewusst geschah, sei einmal dahingestellt.

Ein weiteres Beispiel ist ein aktueller Fall, wo das Online-Dating Portal Spark Networks ebenfalls das Gesetz zur Restrukturierung anwendete. Hier sah die Restrukturierung letztendlich so aus, dass ein US-Hedgefonds das Unternehmen übernahm und damit einhergehend gleich mal alle Aktionäre quasi enteignete. Und wieder einmal gingen private Anleger hier leer aus.

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Kritik: Das StaRUG findet zu oft missbräuchliche Anwendung

Die grundsätzliche Idee des Gesetzes ist, dass Pleitekandidaten die Möglichkeit erhalten sollen, sich noch vor einer Insolvenz neu aufzustellen. So sollen vor allem bestehende Arbeitsplätze in bestmöglichem Umfang erhalten bleiben.

Doch aufgrund der bisherigen Erkenntnisse im Umgang mit dem Gesetz will das Bundesjustizministerium (BMJ) nun überprüfen, ob das StaRUG auch wirklich das leistet, was sich der Gesetzgeber davon verspricht.

Gleichzeitig vertritt das Ministerium die grundsätzliche Auffassung, dass sich das StaRUG in der Praxis bewährt habe – so auch bei größeren und börsennotierten Unternehmen. Dennoch will man nun Im Rahmen der anstehenden Evaluierung auf die Besonderheiten solcher Unternehmen eingehen.

Die Evaluierung soll bis Ende Juli dieses Jahres abgeschlossen sein. Das Ministerium will dabei ausdrücklich „anlegerschutzrechtliche Aspekte in die Betrachtung einbeziehen“, teilt eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage mit. Und fügt dem hinzu, dass man unabhängig davon punktuell Verbesserungen wie etwa Erleichterungen beim Zugang von Aktionären auf die Restrukturierungsdokumentation in Betracht ziehe.

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Minderheitsaktionäre klagen gegen Unternehmen und erfahren Unterstützung von Aktionärsschützern

Und angesichts der beiden genannten Fälle ist es offensichtlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) fordert nachdrücklich, dass das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJ) umgehend Verbesserungen am StaRUG vornimmt.

„Der Leoni-Fall hat eindeutig gezeigt, dass das Gesetz bei Unternehmen mit umfangreichem Gesellschafterkreis nicht effektiv funktioniert“, betont DSW-Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Die Aktionärsschutzvereinigung hat darüber hinaus ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Schluss kommt, dass das StaRUG in Bezug auf Leoni nicht ordnungsgemäß angewendet wurde.

Dieses Gutachten hat dazu geführt, dass ehemalige Minderheitsaktionäre mit Unterstützung von Aktionärsschützern sämtliche Instanzen durchlaufen haben, um gegen das Vorgehen des Autozulieferers und seines Großaktionärs Pierer vorzugehen, bis hin zum Bundesverfassungsgericht. Marc Tüngler unterstreicht dabei, dass dies keineswegs ein Einzelfall bleiben wird: „Wir werden notfalls bei jedem Fall gerichtlich klären lassen, ob Schadenersatzansprüche für Aktionäre bestehen.“

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Weiterführende Quellen:

Warum Gründern dieses umstrittene Gesetz nützt – und Aktionäre es fürchten

Streit um StaRUG-Verfahren beim Datingportal Spark

Die Causa Leoni: Anatomie eines juristischen Präzedenzfalls