Steuerfreie Dividenden – für Anleger nicht frei von „steuerlichen“ Überraschungen

Montag den 13.05.2024 - Abgelegt unter: Aktien, Börse, Brokernews, Dividenden

Es ist für Anleger wohl der wichtigste Moment des Jahres, und zwar dann, wenn an der Börse die Dividenden-Saison eingeleitet wird. Dabei stehen für Anleger vor allem zwei Fragen im Raum. Wird die Dividenden ausgeschüttet und wenn ja, in welcher Höhe? Und bei dem einen oder anderen vielleicht noch die Frage, wie hoch wohl die Steuern auf diese Kapitalerträge letztendlich ausfallen wird?

Und genau an diesem Punkt kommt es etwas zum Vorschein, dass viele Anleger zwar nicht in Ekstase versetzt aber zumindest das Thema Steuern in den Hintergrund rückt. Denn das eine oder andere Unternehmen aus dem eigenen Portfolio hat angekündigt, seine Dividenden steuerfrei auszuzahlen. Steuerfreie Kapitalerträge? In Deutschland? Kann das sein?

Das Wichtigste im Überblick:

  • Zahlreiche deutsche Unternehmen zahlen Dividenden steuerfrei aus
  • Anleger müssen sich auf etwaige Steuernachzahlungen einstellen
  • Auch bei steuerfreien Dividenden aus dem Ausland drohen Nachzahlungen

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Warum es möglich ist, Dividenden steuerfrei auszuzahlen

Grundsätzlich ist es so, dass auf Kapitalerträge, zu denen Dividenden gehören, die sogenannte Abgeltungssteuer bezahlt werden muss. Abgeführt werden muss diese Steuer in Höhe von derzeit 26,375 Prozent plus Kirchensteuer dann, wenn man seinen jährlichen Steuerfreibetrag in Höhe von 1.000 Euro (Verheiratete oder Verpartnerte: 2.000 Euro) ausgeschöpft hat.

So die allgemeine Regel. Was steckt also hinter der Ankündigung von Unternehmen Dividenden-Ausschüttungen anzukündigen, für die eben jene Abgeltungssteuer nicht anfällt? Vor allem vor dem Hintergrund, dass dies scheinbar bei einigen Unternehmen machbar scheint bei anderen offensichtlich nicht? Der vermeintliche „Trick“ hinter diesen steuerfreien Dividenden liegt in der Quelle des Geldes. Die Unternehmen, die ihre Dividenden steuerfrei auszahlen, schöpfen das Geld nicht aus den „unternehmerisch erwirtschafteten Gewinnen“ ab, sondern aus den Rücklagen. Das liest sich dann in den Einladungen für Aktionäre zu den Hauptversammlungen wie folgt:

„Die Auszahlung der Dividenden erfolgt aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des Paragrafen 27 Körperschaftsteuergesetz“

Das heißt im Klartext Folgendes: Werden Dividenden aus dem steuerlichen Einlagekonto bezahlt, handelt es sich um eine Rückzahlung von Kapital, das die Aktionäre einmal bei der Emission der Aktien der Gesellschaft zur Verfügung gestellt hatten.

Die vermeintlich steuerfreien Dividenden haben in der Regel einen Haken

Doch wer nun als Anleger dies zum Anlass zu nimmt, um sich über die vermeintliche Befreiung der Abgeltungssteuer zu freuen, freut sich leider zu früh und im schlimmsten Fall auch zu Unrecht. Denn ganz so einfach ist das dann doch nicht. Das wird spätestens mit einem Blick auf den Depot-Auszug deutlich, wenn man sich den Wert jener Dividenden-Papiere genauer anschaut. So wird deutlich, dass parallel zur Ausschüttung der steuerfreien Dividende der Anschaffungspreis der Aktien exakt um den Dividendenbetrag gesunken ist.

Was dazu führt, dass die Bemessungsgrundlage für die Abgeltungsteuer, die ebenfalls auf Gewinne aus Aktienverkäufen anfällt, steigt. Werden die Aktien also zu einem späteren Zeitpunkt zu einem höheren Preis veräußert, fallen also hier die Steuern zur Nachzahlung an. Die Steuerlast wird hier also lediglich auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Das gilt vor allem für Aktien, die nach dem Jahr 2009 erworben wurden. Für Aktien, die vor dem Jahr 2009 ins Depot eingebucht werden, gilt diese „verschobene“ Steuernachzahlung nicht, denn da gab es die Abgeltungssteuer noch nicht.

Stellt sich an dem Punkt die Frage, wie es sich mit steuerfreien Dividenden von, im Ausland sitzenden Unternehmen verhält.

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Steuerfreie Dividenden von, im Ausland ansässigen Unternehmen

Wissenswertes für Aktionäre ausländischer Unternehmen, die Dividenden erhalten: Nicht selten profitieren sie davon, dass die Ausschüttungen steuerbefreit sind. Auf den Bankauszügen findet man dazu verschiedene Bezeichnungen, darunter „Return of Capital“, „Kapitalherabsetzung“ oder „Kapitaleinlagereserven“.

Das Besondere an diesen Auslandsdividenden ist, dass weder die Eidgenössische Steuerverwaltung in der Schweiz noch die Steuerbehörden in den USA oder Norwegen eine Quellensteuer auf solche Zahlungen erheben. Allerdings erhebt die deutsche Depotbank Steuern wie Abgeltungssteuer, Solidaritätszuschlag und möglicherweise auch Kirchensteuer auf die Dividenden ausländischer Unternehmen.

Der Grund für diese Diskrepanz bei der Besteuerung von in- und ausländischen Dividenden liegt im § 27 Absatz 8 des deutschen Körperschaftsteuergesetzes. Demnach können inländische oder sogar EU-ansässige Unternehmen ihr Eigenkapital an die Aktionäre ausschütten, ohne dass darauf eine Steuer anfällt. Für Firmen aus Drittstaaten wie den USA, der Schweiz oder Norwegen galt diese Regelung jedoch bisher nicht (BMF-Schreiben vom 4. April 2016, Az. IV C 2 – S 2836/08/10002).

Für deutsche Investoren, die in internationale Fonds investieren, ist dies von Bedeutung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in mehreren Fällen entschieden, dass Aktionäre von Unternehmen aus Drittstaaten steuerfreie Kapitalrückzahlungen erhalten können (beispielsweise in BFH-Urteilen vom 13. Juli 2016 – VIII R 47/13 und vom 10. April 2019 – I R 15/16). Das Finanzgericht Düsseldorf bestätigte dies in seinem Urteil vom 24. August 2018 (Az. 14 K 564/16 E), wonach Kapitalrückzahlungen von Schweizer Unternehmen steuerfrei bleiben.

Mit einem Schreiben vom 21. April 2022 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zu Kapitalrückzahlungen aus Drittstaaten-Kapitalgesellschaften Stellung genommen und sich der inzwischen ständigen Rechtsprechung des BFH angeschlossen. Das gilt jedoch nur noch für die Steuerjahre bis einschließlich 2022.

Was jedoch für Anleger zu beachten ist:

Ab 2023 hat das Bundesfinanzministerium jedoch eine Gesetzesänderung verabschiedet, die im Wesentlichen die steuerlichen Vorteile der BFH-Urteile aufhebt und Auslandsdividenden aus Kapitalreserven wieder steuerpflichtig macht.

Wie Anleger einer nachträglichen Besteuerung entgehen können

Stellt sich abschließend die Frage, ob und falls ja, wie man als Anleger der „Gefahr“ einer nachträglichen Besteuerung ausgezahlter steuerfreier Dividenden auf legalem Weg begegnen kann.

Die erste Möglichkeit besteht darin, Aktien dann zu verkaufen, wenn gleichzeitig Verluste aus anderen Aktienverkäufen realisiert werden. Dadurch können Anleger Gewinne und Verluste bei der Steuer verrechnen, was die Steuerlast senkt.

Eine andere Strategie ist, den Verkauf der Aktien mit steuerfreien Dividenden auf einen Zeitpunkt zu verschieben, an dem der persönliche Steuersatz niedriger ist, wie beispielsweise im Rentenalter. In solchen Fällen ist es ratsam, in der Steuererklärung die sogenannte „Günstigerprüfung“ zu beantragen, um von einem möglicherweise niedrigeren Steuersatz zu profitieren.

Die dritte Möglichkeit besteht darin, die steuerfreien Dividenden direkt zu reinvestieren. Dadurch kann die nicht gezahlte Abgeltungsteuer wieder in den Markt fließen, was durch den Zinseszinseffekt die Rendite erhöhen kann. Besonders im langfristigen Anlagehorizont kann dieser Effekt erheblich sein.

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Weiterführende Quellen und Links

Brokervergleich.de: Sind Dividenden die neuen Zinsen

Brokervergleich.de: Besteuerung von Zinsen und Dividenden

Handelsblatt: Steuerfreie Dividenden können später teuer werden

Focus: Steuerfreie Dividenden? Wie Anleger hier eine böse Überraschung vermeiden