Chinesische Billig-Mode Marke Shein bereitet IPO vor
Der umstrittene chinesische Billigmode-Anbieter Shein mit Hauptsitz in Singapur will offensichtlich in London an die Börse gehen und hierzu kommende Woche seine Unterlagen bei der zuständigen Aufsicht einreichen. Ursprünglich hat der chinesische Fast-Fashion-Händler Shein geplant, in New York an die Börse zu gehen. Die US-Börsenaufsicht ist wegen der geopolitischen Spannungen zwischen den USA und China jedoch wenig entgegenkommend. Wobei man an der London Stock Exchange (LSE) hier weniger Problem mit der Fast-Fashion Marke zu haben scheint.
Das Wichtigste in Kürze
- Shein strebt bei einem Börsengang an der LSE eine Bewertung von 60 Milliarden Euro an
- SEC bekundete Bedenken bei der Ankündigung eines Börsengangs des Unternehmens an der New Yorker Börse aufgrund der Nähe von Shein zur chinesischen Regierung
- Zahlreiche Analysten und Markt-Experten zweifeln die Rentabilität des Unternehmens an, dass bis dato lediglich Umsatzberichte veröffentlicht
Zu den aktuellen Online-Broker-Aktionen
Das 2008 in Nanjing, China, gegründete Online-Modeimperium begann als kleines Unternehmen, das sich auf Damenbekleidung spezialisierte. Doch schon bald verzeichnete Shein ein beeindruckendes Wachstum und expandierte ab 2014 aggressiv auf internationale Märkte. Heute ist das Unternehmen ein globaler Erfolg und bietet ein umfangreiches Sortiment an preiswert produzierten Modetrends, Kosmetik, Dekorationsartikeln und mehr an. Shein beschäftigt nach eigenen Angaben fast 10.000 Mitarbeiter und ist in über 150 Ländern aktiv. Mit einer gezielten Marketingstrategie erreicht Shein seine vorwiegend junge Kundschaft über mobile Geräte, das Internet und soziale Medien.
London als Börsenplatz für Shein „nur“ zweite Wahl?
Shein plant nun doch den Gang an die Börse, allerdings anders als ursprünglich vorgesehen. Statt an der New Yorker Börse sollen die Aktien des Fast-Fashion-Giganten in London notiert werden. Diese Entscheidung resultiert aus dem Widerstand der US-Börsenaufsicht SEC, die gegen einen Börsengang in den USA Einspruch erhoben hat.
Insidern zufolge hatte Shein Ende 2023 vertraulich einen Börsengang in den USA beantragt. Doch das in China gegründete und mittlerweile in Singapur ansässige Unternehmen steht unter Verdacht, Zwangsarbeit für die Produktion seiner Modeartikel zu nutzen. Darüber hinaus wird Shein kritisiert, weil es seine Waren direkt aus China an internationale Kunden versendet und so Importzölle umgeht. Auch hinsichtlich der Geschäftszahlen herrscht Intransparenz, da es keine verlässlichen Informationen zur Rentabilität des Unternehmens gibt.
Die Londoner Aufsichtsbehörden scheinen diese Bedenken weniger zu stören. Dies ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, denn mit einer geplanten Bewertung von rund 60 Milliarden US-Dollar, in manchen Schätzungen sogar bis zu 90 Milliarden US-Dollar, wäre Shein nach den jüngsten Rückschlägen ein bedeutendes Schwergewicht für die Londoner Börse.
Zum Vergleich: Der Chiphersteller ARM aus Cambridge entschied sich für die New Yorker Börse, ebenso wie der irische Baukonzern CRH, der seine Notierung aus London dorthin verlegte. Auch der Reisekonzern TUI zog die Frankfurter Börse der Londoner vor.
Die entscheidende Frage bleibt, ob sich ein Investment in Shein lohnen könnte, sollte der Börsengang in London tatsächlich stattfinden.
Surftipp: Was versteht man unter IPO
Analysten äußern Zweifel am Erfolg eines Shein-Börsengangs
Fakt ist, dass die jüngsten IPOs meist enttäuschten und daher in der Investment-Welt gelten IPOs weiterhin als ein lukratives Geschäft für Investmentbanken, Juristen und Kommunikationsagenturen, aber für Privatanleger eher als riskante Investition. Dies trifft auch in Deutschland zu, wo die Mehrheit der realisierten IPOs schlecht abschneiden; ein Drittel hat sogar mehr als 50 Prozent an Wert verloren.
Auch bei Shein ist Vorsicht geboten. Die Geschäftsdaten des Unternehmens sind bisher recht intransparent. Bekannt ist lediglich, dass der Umsatz im Jahr 2022 rund 23 Milliarden Dollar betragen haben soll. In Deutschland erzielt Shein wenig Umsatz, gibt jedoch Marktkennern zufolge erhebliche Summen für Lobbyarbeit im Bundestag aus.
Die Bank of America warnt ebenfalls vor einem Investment in Shein und bezeichnet es als wirtschaftlich wenig sinnvoll. Sie argumentiert, dass die Niedrigpreisstrategie zwar Schnäppchenjäger anzieht, aber auch die Gewinnspannen der Händler auf diesen Plattformen erheblich drückt. Zudem haben Ende des vergangenen Jahres Aktionäre des Konzerns ihre Aktien zu einer Bewertung von nur knapp 45 Milliarden Dollar angeboten – etwa halb so hoch wie Shein selbst. Trotzdem fanden sich kaum Käufer, und bei einer Transaktion wechselten Shein-Aktien zu einer Bewertung von lediglich 30 Milliarden Dollar den Besitzer.
Obwohl diese privaten Angebote nur eingeschränkt aussagekräftig für die Bewertung an den Wertpapiermärkten sind, zeigen sie doch eine gedämpfte Stimmung. Die Liquidität für Shein-Aktien sei zuletzt weiter ausgetrocknet, was das Potenzial für den Börsengang erheblich trübt.
Quellen und weiterführende Links
Shein-IPO: Masse statt Klasse?
Sheins Milliardenpläne mit London