Wahlergebnis in Frankreich lässt Anleger im Unklaren
Die Wahl in Frankreich ist gelaufen und es ist nicht, wie befürchtet, zu einem Rechtsruck gekommen – im Gegenteil, die Linken haben gewonnen. Doch trotz aller Erleichterung, ob dieses etwas unerwarteten Wahlausgangs, zeigt sich nun vor allem eins: Die Regierungsbildung wird damit keinesfalls einfacher. Was droht Frankreich jetzt, vor allem auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung im eigenen Land als auch den möglichen Auswirkungen auf die Kapitalmärkte an sich? Und was bedeutet das für Anleger?
Das Wichtigste in Kürze:
- Wahlergebnis bringt keine Mehrheit für ein politisches Lager
- Aktien- und Anleihemärkte reagieren verhalten auf das Wahlergebnis
- Linke Regierung würde massiv erhöhte Staatsverschulung mit sich bringen
- Technokraten-Regierung aktuell am wahrscheinlichsten
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Wahlergebnis in Frankreich lässt Anleger im Unklaren
Wenn nach der Wahl in Frankreich eins klar ist, dann die Erkenntnis, dass nichts klar ist – außer, dass es nicht zu einem rechtspopulistischen Ministerpräsidenten kommen wird. Ebenso unklar ist aber auch, ob und wer denn aus dem linken Lager der Wahlsieger als Kandidat für den Posten vorgeschlagen wird. Das Sprachrohr der Linken, Jean-Luc Mélenchon, lehnt Präsident Macron kategorisch ab, ebenso wie das Rücktrittsgesuch des bisherigen Ministerpräsidenten Gabriel Attal. Eine Situation, die sich in Summe auch als Reaktion an den Kapitalmärkten darstellt. Es sind halt sehr viele Fragen offen.
So ist unklar, welche Ausgabenpolitik die neue, noch zu bildende Regierung verfolgen wird, ob die Staatsverschuldung weiter steigt und ob die Europäische Zentralbank intervenieren muss, um eventuelle Spekulationen gegen den französischen Markt zu verhindern.
Auswirkungen der Wahl auf französische Staatsanleihen
Wie von Analysten erwartet, schlägt sich der Zickzack-Kurs der französischen Wählerinnen und Wähler vor allem in den Risikoaufschlägen bei Staatsanleihen nieder. Gegenüber seiner Benchmark, den 10-jährigen deutschen Staatsanleihen, stiegen französische Papiere von 0,68 auf 0,71 Prozentpunkte. Anleger sehen also ein minimal höheres Ausfallrisiko für Frankreich gegenüber Deutschland. Der Zins auf französische Anleihen stieg ebenfalls leicht um 0,04 Prozentpunkte.
Problematisch kann es hier jedoch werden, wenn die neue Regierung, sofern sie, denn aus dem linken Lager kommt, gemäß Ihrem Programm eine deutlich höhere Staatsverschuldung in Kauf nehmen wird, um ihre wirtschaftlichen Ziele umzusetzen. Denn laut einer Schätzung des Instituts Montaigne erfordern die Wahlkampfversprechen der Neuen Volksfront zusätzliche Mittel in Höhe von fast 179 Milliarden Euro pro Jahr. Eine Summe, die sich Frankreich im Grunde nicht leisten kann und nur über neue Schulden finanziert werden könnte.
Was dann möglicherweise auch die EZB auf den Plan rufen könnte, hier mit Blick auf mögliche Auswirkungen beim Thema Inflation, einzugreifen. Notfalls könnte die Europäische Zentralbank mit einem speziellen Werkzeug, dem sogenannten Transmission Protection Instrument (TPI), in den Markt eingreifen. Ein Werkzeug, das Turbulenzen um französische Anleihen beruhigen könnte, denn es ermöglicht der EZB unbegrenzt Anleihen eines jeden Euro-Landes zu kaufen, und zwar bevor der Staatsanleihen-Stress zur Gefahr für den Euro-Raum wird. Doch solange es unklar ist, wer letztendlich die Regierung stellt, ist das reine Spekulation.
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Thema Aktien – Wahl hat Kurse fallen lassen, bieten aber auch Einstiegschancen
Fakt ist, dass das Wahlergebnis gerade an der französischen Börse für Turbulenzen gesorgt hat und sich hieraus die Frage ergibt, ob sich mit dem Wahlergebnis neue Chancen für Anleger ergeben. Eine erste entsprechende Orientierungshilfe bietet hier der Blick auf das Verhalten institutioneller Investoren. So ergab eine Umfrage und Analyse von State Street Global Markets, dass gerade institutionelle Investoren mit Hinblick auf französische Aktien eher den Rückzug gewählt und verstärkt Cash-Positionen aufgebaut haben.
Demnach ist bei französischen Aktien die Nachfrage der institutionellen Investoren auf den niedrigsten Stand seit der Pandemie gesunken, was vor allem auf die „wachsende politische Unsicherheit“ auch nach dem aktuellen Wahlergebnis zurückzuführen sei. Denn mit den undeutlichen Machtverhältnissen im französischen Parlament, bleibe ungewiss, inwieweit die Nachfrage im Juli und August zurückkehre.
Etwas anders, und somit deutlich entgegen der allgemeinen Markteinschätzung zahlreicher Analysten äußert sich hingegen die Investmentbank Morgan Stanley, die klar zum Kauf französischer Aktien rät. Denn die Analysten rechnen hier in naher Zukunft mit einer deutlichen Erholung am französischen Aktienmarkt. Allerdings verweisen sie auch darauf, dass der Sieg der Linken und einer anschließenden linksgerichteten Regierung unter allen Optionen die „Schlechteste“ wäre. Wobei Morgan Stanley davon ausgeht, dass Frankreich in Zukunft von einer Technokraten-Regierung geführt werden wird.
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Was bleibt also nun als Fazit?
Berücksichtigt man jedoch all die zahlreichen Marktkommentare und Einschätzungen von Analysten, so wird deutlich, dass, solange der politische Weg mit der Bildung einer neuen Regierung und deren Programm unklar ist, auch die Entwicklung der französischen Wirtschaft unklar. Das große Fragezeichen besteht hier vor allem darin, ob und in welcher Höhe sich die französische Staatsverschuldung mit der Arbeitsaufnahme einer neuen Regierung bewegen wird. Insofern gilt es hier abzuwarten.
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Weiterführende Links und Quellen
Capital: Politische Unsicherheiten: Anlageprofis werden vorsichtiger
Finanzmarktwelt: Warum Euro, Anleihen und Aktien schwach auf die Frankreich-Wahl reagieren
Wallstreet-Online: Morgan Stanley empfiehlt vor den Frankreich-Wahlen diese Aktien