Flugtaxis: Mobile Transport-Innovation mit vielen Hindernissen

Dienstag den 30.07.2024 - Abgelegt unter: Aktien, Brokernews, International, Trends

Wie kann den Transport der Zukunft so effizient wie möglich gestaltet werden? Das ist eine Frage, die seit Jahren zahlreiche Köpfe beschäftigt und in der Idee sogenannter „Flug-Taxis“ oder eben fachsprachlich bezeichneter eVTOL (Electric Vertical Take-Off and Landing Aircraft), also senkrecht startender und landender Fluggeräte mit Elektroantrieb mit Stand heute endet. Zahlreiche Unternehmen weltweit arbeiten an entsprechenden Geräten, wobei einige wenige bereits Serien-Reife haben und auch eingesetzt werden könnten. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht, denn zahlreiche Hindernisse erschweren den breiten Einsatz dieser Flug-Taxis. Werfen wir einen Blick auf die aktuelle Marktsituation.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Allein 15 Milliarden Dollar wurden im Jahr 2022 in den Markt investiert
  • Breite Markteinführung von Flug-Taxis verschiebt sich immer weiter nach hinten
  • Vielversprechendste Anbieter sind Lilium und Volocopter
  • Zulassung autonomer Flug-Taxis problematisch

Flug-Taxis – Was mit Euphorie und enormen Investitions-Summen begann

Die eVTOL-Technologie hat eine beispiellose Faszination unter Gründern und Investoren entfacht. Laut der Investorendatenbank Tracxn gibt es weltweit 288 Projekte in diesem Bereich. Das Risikokapital, das in eVTOL geflossen ist, übertrifft Innovationen wie Wasserstofftechnologie und Sustainable Aviation Fuels (SAF) bei weitem. McKinsey berichtet, dass allein in den ersten zehn Monaten des Jahres 2022 über 15 Milliarden US-Dollar in die Advanced Air Mobility (AAM) investiert wurden.

Ursprünglich war eine Einführung im Jahr 2024 geplant, doch inzwischen wird dieser Zeitpunkt immer weiter nach hinten verschoben. Dies verdeutlicht die erheblichen Herausforderungen, die eine Markteinführung mit sich bringt. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Hype-Investments: Chancen-, aber auch risikoreich!

Größte Hürde stellt die Zulassung für den kommerziellen Betrieb dar

Die Zulassung für den kommerziellen Betrieb stellt für Flugtaxihersteller die größte Hürde dar. Sowohl Hersteller als auch Investoren sind besorgt, dass die komplexe Regulierungslandschaft die ambitionierten Zeitpläne über den Haufen werfen könnte. Für den Passagierbetrieb von Luftfahrzeugen ist eine Musterzulassung erforderlich, was insbesondere für Flugtaxis gilt. Da elektrisch betriebene Senkrechtstarter jedoch eine neue Flugzeugkategorie darstellen, fehlen bisher genaue Vorgaben.

Zwar arbeitet die Europäische Union an entsprechenden Regelungen, doch wann diese in der Praxis umgesetzt werden, bleibt unklar. Der neue Rechtsrahmen soll den Betrieb von Flugtaxis und Drohnen EU-weit sicherer gestalten. Ziel ist es, die Vorschriften in den Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen, die Aufsicht zu stärken und die Sicherheitsstandards zu verbessern.

Zu den Maßnahmen gehören neue EU-weite Anforderungen an die Bescheinigung der Flugtüchtigkeit sowie Verfahren für bemannte und unbemannte VTOL-Drohnen, die sowohl physische als auch digitale Sicherheitsrisiken abdecken. Spezielle Anforderungen an Pilotenlizenzen für Lufttaxis, Vorschriften zur Integration in den Luftraum und Regelungen für medizinische Notdienste und Rettungseinsätze sind ebenfalls vorgesehen. Doch bislang existieren diese Regelungen nur auf dem Papier und sind noch nicht praktisch umgesetzt. Bis dahin bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten.

Volocopter kämpft mit finanziellen Problemen und dem geplanten Testbetrieb während Olympia in Paris

Die Zulassungsthematik führt zu erheblichen Herausforderungen, wie das Beispiel des deutschen Start-ups Volocopter zeigt. Trotz eines vielversprechenden Modells steht das Unternehmen vor bürokratischen Hürden. Kürzlich hat das Luftfahrtbundesamt Volocopter eine erweiterte Genehmigung als Herstellungsbetrieb (POA) erteilt, was den Weg für die Serienproduktion des Flugtaxis Volocity freimacht. Im April konnte das Unternehmen zudem nach der Ankündigung einer drohenden Insolvenz eine neue Finanzierungsrunde mit Investoren sichern. Zu diesen gehören namhafte Partner wie Mercedes, Geely, die Deutsche Bahn-Tochter Schenker und die Investmentgesellschaft Blackrock.

Die Olympischen Spiele 2024 in Paris gelten dabei für das Unternehmen als großer Hoffnungsträger für den Einsatz des Volocity-Flugtaxis. Das französische Verkehrsministerium hat dem Einsatz der Lufttaxis zwar grundsätzlich zugestimmt. Doch die Pariser Stadtverwaltung stellt sich gegen die Pläne. Obwohl die Regierung eine schwimmende Start- und Landeplattform auf der Seine genehmigt hat, hat die Stadtverwaltung von Paris rechtliche Schritte angekündigt – allerdings ohne Erfolg.

Denn kurz vor Beginn der Olympischen Spiele hat der französische Staatsrat den Betrieb der elektrischen Fluggeräte nun endgültig genehmigt. Dies markiert somit das erste Mal, dass elektrische Mini-Hubschrauber mitten in einer Großstadt starten – wenn auch zunächst nur für Demonstrationsflüge ohne Passagiere.

Lilium – trotz zahlreicher Absichtserklärungen auch hier das Zulassungs- und Finanzierungs-Problem

Ein bedeutender Mitbewerber von Volocopter ist das deutsche Unternehmen Lilium, das bislang etwa 1,5 Milliarden Euro in die Entwicklung seines Lilium Jets investiert hat. Im Vergleich zu Volocopter hat Lilium einen wesentlichen Vorteil, insbesondere was das Kundeninteresse betrifft. So kann das Unternehmen zahlreiche Absichtserklärungen für den Kauf vorweisen.

Zu den prominentesten Interessenten zählt NetJets, das 150 Exemplare erwerben möchte. Auch die brasilianische Fluggesellschaft Azul hat 220 Lilium Jets geordert. Zudem besteht eine Kooperation mit Lufthansa, obwohl aktuell keine Kaufabsicht besteht. Vor Kurzem unterzeichnete Saudia einen Kaufvertrag über 50 Jets, mit der Option auf weitere 50.

Trotz dieser Fortschritte sieht sich Lilium mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. So wird die Musterzulassung für Ende 2025 angestrebt, wobei Lilium als einziger eVTOL-Entwickler eine parallele Zertifizierung sowohl in Europa als auch in den USA erlangen möchte.

Wobei die zu erwartenden Problem nicht zwingend beim Thema Technik etc. liegen, sondern vielmehr in finanziellen Bereich, denn ohne zusätzliche Finanzierungsquellen wird dieses Ziel nur schwer zu erreichen sein. Das Unternehmen, das am Flugplatz Oberpfaffenhofen rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt, plant für dieses Jahr Ausgaben von 350 Millionen Euro. Zum Jahresende 2023 waren jedoch lediglich 198 Millionen Euro verfügbar.

Die Finanzierungslücke bleibt somit ein bedeutendes Risiko. Die Frage wird hier also sein, ob sich weitere Investoren, ob der zahlreichen vorzeigbaren Absichtserklärungen, zu weiteren Finanzspritzen werden bewegen lassen und ob, dann die angestrebten Zulassungen dann auch wirklich erfolgen. Bis dahin muss der Start der neuen mobilen Transport-Ära wohl noch warten (müssen).

Anlagechancen im Markt für Flug-Taxis fast ausschliesslich in den USA gegeben

Dennoch bleibt zum Abschluss die Frage, ob Anleger bereits heute von einem möglichen Boom beziehungsweise Durchbruch der Branche profitieren können? Fakt ist, dass es sich bei den meisten Anbietern um nicht-börsennotierte Unternehmen handelt, was ein direktes Investment unmöglich macht.

JOBI Aviation

Dennoch gibt es einige wenige Ausnahmen wozu beispielsweise das US-amerikanische Unternehmen JOBI Aviation (ISIN KYG651631007) zählt, dass sich eine Zulassung für sein erstes Serien-Fluggeräts Joby S4 vor Ende 2024 erhofft. Kommt diese Zulassung wird die US-Army einer der ersten Abnehmer des Fluggerätes sein.

Archer Aviation

Ein weiterer Kandidat für ein Investment stellt das US-amerikanische Unternehmen Archer Aviation (ISIN US03945R1023) dar. Hier verspricht vor allem geplante Kooperationen mit Airlines wie Southwest in den USA und Interglobe Enterprises, das Unternehmen hinter der indischen Fluggesellschaft Indigo, eine gewisse Kurs-Fantasie. Auch das neuerliche finanzielle Engagement des Konzerns Stellantis sollte hier aufhorchen lassen.

Vertical Aerospace

Zu guter Letzt wäre dann noh das britische Unternehmen Vertical Aerospace (ISIN KYG9471C1078) zu benennen. Das Unternehmen hat Mitte letzten Jahres erfolgreich einen Jungfern-Flug mit dem von Ihm entwickelten Modell VX4 durchgeführt. Derzeit befindet man sich hier nach eigenen Angaben in der Testphase eines VX4 Prototypen.

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Abschließendes

Keine Frage, dass der Markt für Flug-Taxis ein enormes Potenzial bietet, vor allem auch für Anleger, die früh in den Markt bei vielversprechenden Anbietern einsteigen. Doch ist bei aller Euphorie auch zu beachten, dass es sich um einen Hoch-Risiko Markt handelt. Solange die Finanzierung der Unternehmen auf wackligen Beinen (siehe Volocopter und Lilium) steht und das Thema Zulassungen und rechtliche Rahmenbedingungen nicht oder nur unzureichend definiert sind, bleibt das Risiko eines Totalverlustes bestehen.


Quellen und weiterführende Links