Deutschlands Wirtschaft 2025: Zwischen Strukturwandel und globalen Herausforderungen

Donnerstag den 9.01.2025 - Abgelegt unter: Börse, Brokernews, Konjunkturindikatoren, Trends

Die deutsche Wirtschaft steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Nach einem von Unsicherheiten geprägten Jahr 2024, in dem das Wirtschaftswachstum bei etwa 0,3 Prozent lag, prognostiziert die Deutsche Bank Research für 2025 ein nur leicht verbessertes Wachstum von 0,5 Prozent. Diese verhaltene Entwicklung spiegelt sowohl die abgeschwächte globale Nachfrage als auch die tiefgreifenden strukturellen Herausforderungen wider, denen sich Europas größte Volkswirtschaft gegenübersieht.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Das prognostizierte Wirtschaftswachstum von 0,5% für 2025 und 1,00 Prozent für 2026 deutet auf eine langsame, aber stetige Erholung der deutschen Wirtschaft hin.
  • Während der private Konsum und staatliche Investitionen als Wachstumsmotoren fungieren, kämpfen produzierende Industrie und Bausektor mit anhaltenden Schwierigkeiten.
  • Die Transformation hin zu nachhaltigen Technologien und Digitalisierung prägt die wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich, während geopolitische Spannungen zusätzliche Herausforderungen schaffen.

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Wirtschaftswachstum und BIP-Komponenten

Die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands zeigt sich derzeit in einem komplexen Spannungsfeld verschiedener Einflussfaktoren. Die Prognose für 2025 mit einem Wachstum von lediglich 0,5 Prozent verdeutlicht die anhaltenden Herausforderungen. Dabei zeichnet sich für 2026 mit einem erwarteten Wachstum von 1,0 Prozent zumindest eine leichte Verbesserung ab.

Besonders auffällig ist die unterschiedliche Entwicklung der BIP-Komponenten: Während der Dienstleistungssektor und die Exportwirtschaft nur schwaches Wachstum verzeichnen, stehen die Produktionsindustrie und die Bauwirtschaft vor noch größeren strukturellen Anpassungen. Nach einem Rückgang der Bauinvestitionen um 2,1 Prozent im Jahr 2024 wird auch für 2025 mit einer verhaltenen Entwicklung gerechnet.

Konsum und Investitionen als Wirtschaftsmotoren

Der private Konsum erweist sich weiterhin als wichtige Stütze der wirtschaftlichen Entwicklung. Gestärkt durch stabile Reallohnzuwächse von durchschnittlich 2,7 Prozent im Jahr 2024 und eine weiterhin robuste Arbeitsmarktentwicklung mit einer prognostizierten Arbeitslosenquote von 5,2 Prozent für 2025, bleibt der private Verbrauch ein verlässlicher Wachstumstreiber. Parallel dazu hält der Staat sein hohes Investitionsniveau aufrecht, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, wo die Ausgaben 2024 um 4,2 Prozent stiegen, sowie bei Infrastruktur und Sicherheit. Die Unternehmensinvestitionen zeigen sich dagegen zurückhaltend: Die Investitionen in Maschinen und Anlagen sowie in Forschung und Entwicklung werden durch die unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gebremst, wobei die Investitionsquote 2024 bei 21,3 Prozent des BIP lag.

Entwicklungen im Kreditsektor

Im Kreditsektor zeichnet sich eine bemerkenswerte Entwicklung ab. Das Kreditgeschäft mit Unternehmenskunden und Selbstständigen stagniert, was die zunehmende Zurückhaltung gegenüber traditionellen Finanzierungsformen widerspiegelt. Als Reaktion darauf gewinnen alternative Finanzierungsmodelle an Bedeutung. Das Volumen des Crowdfunding-Marktes in Deutschland erreichte 2024 bereits 3,8 Milliarden Euro, ein Wachstum von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dieses Wachstum dürfte sich auch im Jahr 2025 fortsetzen.

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Globale Einflussfaktoren und Automobilindustrie

Die globalen Einflussfaktoren prägen die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands maßgeblich. China vollzieht einen tiefgreifenden strukturellen Wandel, der die traditionellen Handelsmuster fundamental verändert. Der bilaterale Handel zwischen Deutschland und China, der 2024 ein Volumen von 253 Milliarden Euro erreichte, wird zunehmend von neuen Rahmenbedingungen bestimmt. Besonders deutlich zeigt sich dies im Technologiesektor, wo chinesische Investitionen in Deutschland 2024 um 45 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro zurückgingen. Gleichzeitig verlagerte China strategische Produktionskapazitäten verstärkt ins eigene Land, was zu einem Rückgang deutscher Maschinenexporte um 8,3 Prozent führte.

Die USA sorgen mit ihrer unberechenbaren Handelspolitik für zusätzliche Unsicherheiten in den globalen Lieferketten. Die 2024 eingeführten verschärften Exportkontrollen für Hochtechnologie betrafen deutsche Unternehmen mit einem Handelsvolumen von etwa 4,8 Milliarden Euro. Zudem führten neue Subventionsprogramme für die US-Industrie zu Wettbewerbsverzerrungen, die deutsche Exporte in Höhe von schätzungsweise 7,2 Milliarden Euro beeinträchtigten. Die Diversifizierung der Lieferketten als Reaktion auf diese Entwicklungen verursachte bei deutschen Unternehmen Mehrkosten von durchschnittlich 12 Prozent.

Die Automobilindustrie steht vor besonders großen Herausforderungen: Der Anteil der Elektrofahrzeuge an den Neuzulassungen stieg 2024 auf 18,4 Prozent, während traditionelle Antriebstechnologien zunehmend unter Druck geraten. Deutsche Automobilhersteller investierten 2024 rund 28 Milliarden Euro in die Elektromobilität, mussten aber gleichzeitig einen Rückgang ihrer globalen Marktanteile um 2,3 Prozentpunkte hinnehmen. Besonders der chinesische Markt erwies sich als schwierig, wo der Marktanteil deutscher Hersteller bei Elektrofahrzeugen nur noch bei 12 Prozent lag.

Für 2025 prognostiziert die Deutsche Bank Research eine weitere Verschärfung dieser globalen Herausforderungen. Der Handel mit China dürfte sich weiter in Richtung Hochtechnologie und spezialisierte Industriegüter verschieben, wobei das Handelsvolumen 2025 voraussichtlich um weitere 5-7 Prozent zurückgehen wird. Im US-Handel werden anhaltende Unsicherheiten erwartet, insbesondere im Kontext der Präsidentschaftswahlen 2024 und möglicher neuer handelspolitischer Maßnahmen. Für die Automobilindustrie wird ein beschleunigter Transformationsprozess prognostiziert, mit einem erwarteten Anstieg des Elektrofahrzeug-Anteils auf 25 Prozent bis Ende 2025. Deutsche Hersteller planen dafür zusätzliche Investitionen von 35 Milliarden Euro, um ihre Wettbewerbsposition insbesondere gegenüber der wachsenden asiatischen Konkurrenz zu behaupten.

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Preisentwicklung und europäischer Kontext

Für die Preisentwicklung wird eine moderate Inflationsrate von 1,8 Prozent prognostiziert. Diese Stabilisierung wird durch die Entspannung bei den globalen Energiepreisen und die Verbesserung der Lieferkettensituation in einigen Wirtschaftsbereichen begünstigt. Die Entwicklung der Verbraucherpreise wird dabei besonders durch die Dynamik in Schlüsselsektoren wie der Landwirtschaft beeinflusst, wo die Erzeugerpreise 2024 um 1,2 Prozent stiegen.

Im europäischen Kontext zeigt sich ein differenziertes Bild. Während Frankreich und Italien mit Wachstumsraten von 0,8 bzw. 0,6 Prozent für 2025 eine verhaltene Entwicklung erwarten, verzeichnen die Niederlande mit prognostizierten 1,5 Prozent ein robusteres Wachstum. Diese unterschiedlichen Entwicklungen innerhalb der EU beeinflussen direkt die deutschen Exportmöglichkeiten, die 2024 einen Anteil von 58,7 Prozent am BIP ausmachten.

Klimapolitik und technologische Innovation

Die Klimapolitik entwickelt sich zunehmend zu einem zentralen Treiber der wirtschaftlichen Transformation in Deutschland. Die Investitionen in erneuerbare Energien erreichten 2024 ein Rekord-Volumen von 32,4 Milliarden Euro, wobei besonders die Bereiche Windkraft (12,8 Milliarden Euro) und Photovoltaik (9,6 Milliarden Euro) hervorstechen. Die Integration von CO2-Reduktionsmaßnahmen in industrielle Prozesse wird durch ein umfangreiches Förderprogramm des Bundes unterstützt, das für den Zeitraum 2024-2026 ein Volumen von 45 Milliarden Euro vorsieht. Besonders die energieintensive Industrie investiert massiv in neue Technologien zur CO2-Reduktion, wobei allein die Stahlindustrie Investitionen von 3,2 Milliarden Euro für die Umstellung auf Wasserstofftechnologie plant.

Die Förderung nachhaltiger urbaner und industrieller Entwicklung manifestiert sich in zahlreichen Großprojekten. Allein für die energetische Gebäudesanierung wurden 2024 Fördermittel in Höhe von 14,5 Milliarden Euro bereitgestellt. Parallel dazu entwickelt sich der Markt für grüne Technologien dynamisch: Deutsche Unternehmen investierten 2024 rund 8,7 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung im Bereich Umwelttechnologie, was einem Anstieg von 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.

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Die technologische Innovation wird zusätzlich durch massive Investitionen in die Digitalisierung vorangetrieben. Mit einem Gesamtvolumen von 47,2 Milliarden Euro erreichten die Digitalisierungsinvestitionen 2024 einen neuen Höchststand. Davon entfielen 18,3 Milliarden Euro auf den Ausbau digitaler Infrastruktur, während 15,4 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer digitaler Geschäftsmodelle und 13,5 Milliarden Euro in die Automatisierung von Produktionsprozessen flossen. Die staatliche Förderung von Forschung und Entwicklung im Digitalbereich wurde 2024 um 35 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro aufgestockt, wobei besonders die Bereiche Künstliche Intelligenz und Quanten-Computing profitieren.

Für 2025 prognostiziert die Deutsche Bank Research eine weitere Beschleunigung dieser Entwicklungen. Die Gesamtinvestitionen in Klimaschutz und Digitalisierung sollen um weitere 18 Prozent auf dann knapp 95 Milliarden Euro steigen. Besonders stark dürfte dabei das Segment der industriellen Transformation wachsen, wo allein für CO2-Reduktionsmaßnahmen Investitionen von 22 Milliarden Euro erwartet werden. Im Bereich der erneuerbaren Energien wird mit einem Investitionsvolumen von 38,5 Milliarden Euro gerechnet, getrieben durch den forcierten Ausbau der Windenergie und neue Solar-Großprojekte. Die Digitalisierungsinvestitionen sollen 2025 die 50-Milliarden-Euro-Marke übersteigen, wobei vor allem die Bereiche Industrial Internet of Things (IIoT) und Smart Manufacturing im Fokus stehen werden.

Finanzsektor im Wandel

Der Finanzsektor durchläuft einen tiefgreifenden Transformationsprozess, der von Digitalisierung und innovativen Geschäftsmodellen geprägt ist. Banken und Finanzdienstleister investierten 2024 insgesamt 15,3 Milliarden Euro in ihre digitale Transformation, was einem Anstieg von 15,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dabei entfielen 6,2 Milliarden Euro auf die Modernisierung der IT-Infrastruktur, während 4,8 Milliarden Euro in die Entwicklung neuer digitaler Bankprodukte und 4,3 Milliarden Euro in Cybersecurity-Maßnahmen flossen.

Besonders dynamisch entwickelt sich der Bereich der digitalen Zahlungssysteme, wo deutsche Banken 2024 ihre Investitionen um 42 Prozent auf 2,7 Milliarden Euro steigerten. Die Etablierung neuer Dienstleistungen konzentriert sich dabei verstärkt auf mobile Banking-Lösungen und Blockchain-basierte Anwendungen. Gleichzeitig passen Finanzinstitute ihre Geschäftsmodelle an die veränderten Marktbedingungen an. Die Zahl der Bankfilialen ging 2024 um weitere 12 Prozent zurück, während die Investitionen in Online-Beratungsangebote um 28 Prozent stiegen.

Im Bereich der nachhaltigen Finanzierung (Green Finance) verzeichneten deutsche Banken 2024 einen Zuwachs von 45 Prozent bei der Emission grüner Anleihen, deren Volumen 34,2 Milliarden Euro erreichte. Die Integration von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) in Anlageentscheidungen wird dabei zunehmend zum Standard: 72 Prozent der deutschen Finanzinstitute haben 2024 entsprechende Richtlinien implementiert.

Für das Jahr 2025 erwartet die Deutsche Bank Research eine weitere Intensivierung des digitalen Transformationsprozesses im Finanzsektor. Die Gesamtinvestitionen in digitale Technologien und neue Geschäftsmodelle sollen auf über 18 Milliarden Euro steigen. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf der Integration von KI-gestützten Beratungssystemen liegen, für die Investitionen von 3,5 Milliarden Euro prognostiziert werden. Der Markt für digitale Vermögensverwaltung soll um weitere 55 Prozent auf dann 28,5 Milliarden Euro verwaltetes Vermögen wachsen.

Im Bereich Green Finance wird für 2025 ein Anstieg des Emissionsvolumens grüner Anleihen auf über 45 Milliarden Euro erwartet, was die wachsende Bedeutung nachhaltiger Finanzprodukte unterstreicht. Zudem dürfte sich der Trend zur Filialkonsolidierung bei gleichzeitigem Ausbau digitaler Serviceangebote weiter fortsetzen – Analysten rechnen mit einem weiteren Rückgang der Filialnetz-Dichte um etwa 15 Prozent bei gleichzeitiger Verdoppelung der Investitionen in virtuelle Beratungsformate.

Was bleibt als Erkenntnis?

Die deutsche Wirtschaft durchläuft einen tiefgreifenden Transformationsprozess, der von moderatem Wachstum und bedeutenden strukturellen Veränderungen geprägt ist. Die Prognosen für 2025 und 2026 deuten auf eine langsame, aber stetige Erholung hin. Dabei wird der Erfolg maßgeblich von der Bewältigung der klimapolitischen und digitalen Transformation sowie der Anpassung an veränderte globale Handelsstrukturen abhängen. Die robusten Konsumausgaben und staatlichen Investitionen bilden eine wichtige Basis für die weitere Entwicklung, während die Innovationskraft der Unternehmen und die Flexibilität des Finanzsektors entscheidende Faktoren für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit darstellen.

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Weiterführende Links und Quellen