Droht den DAX-Unternehmen der Zinsschock bei laufenden Anleihen und Krediten?
Es ist eine goldene Regel: Sind die Zinsen im Keller, ist die beste Zeit für die Aufnahme von Krediten gegeben. Was passiert aber mit diesen Krediten, wenn die Zinsen wieder steigen und somit die Kredite deutlich teurer werden? Genau diese Frage oder zumindest so ähnlich dürften sich die Vorstände der deutschen DAX Konzerne in letzter Zeit öfter gestellt haben, denn sie sehen sich aktuell mit den Folgen der Zinswende als auch auslaufenden Krediten und Anleihen konfrontiert. Und es sieht hier bei einigen Unternehmen nicht wirklich gut aus. Doch was steckt im Detail dahinter?
Das Wichtigste im Überblick:
- Zinswende trifft zahlreiche DAX-Unternehmen finanziell schwer
- Rund 70 Milliarden Euro müssen 2024 refinanziert werden
- Neue Kredite kosten Unternehmen bis 5 % Zinsen
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Zinswende dürfte für Unruhe in den Vorstandsetagen sorgen
Es steht außer Frage, dass die in den letzten Monaten zu beobachtenden Zinssteigerungen bei zahlreichen Unternehmen des DAX beziehungsweise deren Vorstandsetagen beträchtliche Unruhe verursacht haben dürften. Wohl allein resultierend aus der Tatsache, dass diese Unternehmen während der Nullzinspolitik umfassende Schulden in Höhe von circa einer halben Billion Euro aufgehäuft haben.
Nun gut -solange die Zinsen im Keller sind, ist das mal nicht wirklich dramatisch, aber Niedrigzinsphasen sie nie von Dauer. Und mit der veränderten Zinspolitik seitens FED in den USA und EZB in Europa war klar, dass die Zeit günstiger Kredite erstmal vorbei ist. Mit Folgen, denn diese Zinswende macht sich nun schmerzhaft in einigen DAX-Unternehmen bemerkbar. Und so manch einem Unternehmen droht Ungemach. Was das bedeutet?
Im Jahr 2024 müssen die DAX-40-Unternehmen allein 69 Milliarden Euro an Schulden tilgen oder zu wesentlich höheren Zinssätzen refinanzieren. Insbesondere im Bereich der Refinanzierung von Anleihen könnten einige Unternehmen erheblichen Schwierigkeiten begegnen. Doch wie konnte es so weit kommen? Die Frage nach den Ursachen für diese Situation ist durchaus berechtigt.
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Nullzins-Politik hat Unternehmen zur Aufnahme enormer Kreditsumme veranlasst – mit Folgen
Es ist ein Faktum, dass zahlreiche Unternehmen in den Jahren der Nullzinspolitik selbst in eine Zinsfalle geraten sind, indem sie Rekordschulden in Höhe von insgesamt rund 650 Milliarden Euro aufgenommen haben. Über die Hälfte dieser Schulden entfallen auf Anleihen im Wert von 522 Milliarden Euro. Dies allein wäre möglicherweise kein Problem, würden nicht zeitnahe Fälligkeiten dahinterstehen.
Bis zum Jahr 2026 laufen Anleihen im Volumen von 231 Milliarden Euro aus, was 44 Prozent der gesamten Anleihen-Schuld entspricht. Die in den letzten Monaten gestiegenen Zinsen werden somit betroffene Unternehmen mit unerwartet hohen Zinszahlungen belasten.
Der renommierte Ökonom Mohamed El-Erian schlägt angesichts der aktuellen Situation Alarm. Nach seiner Einschätzung wird das Kreditrisiko im Jahr 2024 das Zinsrisiko als „große Angst des Marktes“ ablösen. Mit dem Ende des aggressivsten Zinserhöhungszyklus seit einer Generation werden die Zentralbanken im kommenden Jahr nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses stehen. Schulden und Kredite werden stattdessen in den Fokus rücken, insbesondere wenn sich Unternehmen zu deutlich höheren Zinsen neu verschulden oder ihre alten, niedrig verzinsten Schulden teurer refinanzieren müssen.
Wie bereits eingangs erwähnt, wird bei einigen Unternehmen ein erheblicher Anteil der Verbindlichkeiten sehr zeitnah fällig. Zu diesen Unternehmen gehören beispielsweise der Chemie-Konzern Bayer, die Deutsche Telekom, der Autozulieferer Continental, der Ableger des Siemens Konzerns, Siemens Energy, sowie der Halbleiterhersteller Infineon. All diese Unternehmen dürften die Sorge teilen, dass für die Refinanzierung ausgegebener Anleihen zukünftig Zinssätze von vier bis mehr als fünf Prozent zu entrichten sein werden. Und dass, nachdem es in den vergangenen Jahren problemlos möglich war, Kredite zu einem Zinssatz von null bis ein Prozent Jahreszins aufzunehmen.
Die finanzielle Belastung, die auf betroffene Unternehmen zukommt, lässt sich exemplarisch anhand von zwei Unternehmen sehr gut veranschaulichen: Siemens Energy und dem Chemie-Unternehmen Bayer.
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Siemens Energy – 4,8 Milliarden Euro an Fälligkeiten für 2024
Der angeschlagene Kraftwerksbauer sieht sich bereits im nächsten Jahr mit auslaufenden Krediten in Höhe von 4,8 Milliarden Euro konfrontiert, in den Jahren 2025 und 2026 stehen weitere Anleihen über 1,7 Milliarden Euro zur Tilgung an. Dies entspricht zusammen mehr als der Hälfte der Gesamtschuld von 7,7 Milliarden Euro. Eine Neufinanzierung dürfte kostspielig werden und nur zu Zinssätzen von deutlich über fünf Prozent erhältlich sein.
Bayer – allein 2024 müssen 4 Milliarden Euro an Fälligkeiten bedient werden
Der Chemie-Konzern Bayer hat Anleihen im Wert von 40 Milliarden Euro ausstehen. In den Jahren 2024 und 2025 müssen jeweils rund vier Milliarden Euro neu finanziert oder getilgt werden. Der Konzern ist seit der 60 Milliarden Euro teuren Übernahme von Monsanto, die 2018 abgeschlossen wurde, hochverschuldet. Im Jahr 2021 konnte Bayer noch Anleihen im Volumen von vier Milliarden zu sehr niedrigen Zinssätzen zwischen 0,05 und einem Prozent verkaufen. Diese Option steht jetzt nicht mehr zur Verfügung. Im Laufe dieses Jahres hat Bayer neue Schuldscheine für 2,25 Milliarden Euro mit deutlich höheren Zinssätzen zwischen 4,25 und 4,625 Prozent platziert. Demzufolge werden die Zinsbelastungen in Zukunft ansteigen.
Was bedeutet dies nun für Anleger?
In Bezug auf die Verschuldung von Unternehmen ist es für Anleger entscheidend, diese angemessen einzuordnen. Schulden sind grundsätzlich nicht negativ, sondern stellen ein Element der Kapitalstruktur dar. Unternehmen, die Kapital horten, anstatt es einzusetzen, generieren keine Werte für Aktionäre. Es ist jedoch bei der Bewertung eines möglichen Investments von immenser Bedeutung, dass das betrachtete Unternehmen nicht Gefahr läuft von den Schulden erdrückt zu werden. Daher müssen Schulden stets in Relation gesetzt werden, entweder zu bilanziellen Größen, wie dem Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital, oder zum Gewinn, beispielsweise zum operativen Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA).
Eine Faustregel besagt, dass eine Nettoverschuldung in dreifacher Höhe des EBITDA noch tolerabel ist. Das bedeutet, dass das Unternehmen theoretisch in der Lage wäre, seine Nettoschulden komplett mit den Gewinnen der nächsten drei Jahre zu tilgen. Wer diese Formel anwendet, um damit Unternehmen zu bewerten, in die möglicherweise 2024 investiert werden soll, bekommt zumindest mal eine bessere Ausgangsposition – Stichwort: Bayer, Infineon, Siemens Energy und weitere
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Weiterführende Links und Quellen:
Diese Dax-Unternehmen sitzen in der Zinsfalle
Welche Konzerne am höchsten verschuldet sind
Viele Unternehmen sitzen auf schwindelerregenden Schuldenbergen