Börse auf Talfahrt: Crash oder Korrektur?
Panik, Börsencrash, Angstverkäufe – medial war der 5. August 2024 ein aufregender Montag. Was passierte? Der Wochenstart begann mit einem massiven Kursrutsch an der japanischen Börse, bevor sich DAX, Dow Jones und der Rest der Börsenwelt der Abwärtsbewegung anschlossen. Ein Blick auf den Nikkei-225-Index zeigte zwischenzeitlich ein Minus von 12,4 Prozent – der größte Tagesverlust in der Geschichte. Der deutsche Leitindex fiel auf knapp 17.042 Punkte und lag fast 1.400 Punkte unterhalb des Stands vom 31. Juli 2024. Der Dow Jones sank gleichzeitig deutlich auf 38.608 Punkte. Überall Verluste. Aber war es wirklich ein „schwarzer Montag“? Zwischen Kurskorrektur, Verschnaufpause und den Unwägbarkeiten der Geldanlage.
Das Wichtigste im Überblick:
- Massive Kursabstürze zum Wochenbeginn
- Viele globale Verwerfungen und US-Konjunkturdaten lösten ein Börsenbeben aus
- Nach abwärts folgt aufwärts
Was waren die Gründe für den Kursrutsch?
Wie schön einfach wäre die Welt, wenn es lediglich einen Grund für die Kursstütze an den Börsen gäbe. Allerdings ist es eher die Gemengelage, die Anleger derzeit verzweifeln lässt – zumindest bisweilen. Den größten Einfluss auf die Börse und eine der Hauptursachen des Einbruchs: Schwache Arbeitsmarktdaten und generell Rezessionsängste in den USA. Im Juli 2024 kletterte die Arbeitslosenquote laut Federal Reserve (Fed) auf 4,3 Prozent. Eigentlich kein exzessiv schlechter Wert, aber der Wert liegt damit mehr als einen halben Prozentpunkt (Dreimonatsdurchschnitt) über dem Tiefststand der letzten zwölf Monate. Ein einfacher Indikator für den Schritt in eine Rezession, was bei Anlegern die Alarmsignale auslöst. Das es sich hierbei nicht um einen Automatismus handelt? Schwamm drüber.
Weil viele Anleger die Stabilität der US-Konjunktur generell als schwächelnd einstufen und niemand Risiken mag, reichte der kleine Funken bereits, um einen veritablen Kursrutsch einzuleiten. Selbst der Ausblick auf Zinssenkungen der Fed hielt hier nichts mehr auf.
US-Wahlkampf-Kapriolen
Nicht zuletzt stecken die Vereinigten Staaten gerade tief im Präsidentschaftswahlkampf. Zwar sind die Aussagen, die Präsidentschaftskandidat Donald Trump in die Welt setzte, nachweislich ziemlicher Unsinn (er erklärte, dass der Marktrückgang sich einzig (!) auf die Ernennung von Kamala Harris als Kandidatin der Demokraten zurückführen lasse – eine Art „Kamala-Crash“), doch gewisse Unwägbarkeiten des US-Wahlkampfs tragen sicherlich zur gegenwärtig schwer einschätzbaren Stimmung bei amerikanischen Anlegern bei.
Ein Faktor, der Anleger an der Börse ebenfalls umtreibt: Kriege bzw. latente Kriegsgefahr. Während in Europa der Ukraine-Krieg tobt, eskaliert ein weiterer Krisenherd: Der Nahost-Konflikt rund um Israel, den Iran, den Jemen und den Libanon – weitere Staaten im Hintergrund nicht mitgezählt. Eine Region, die sowohl für Lieferketten (Stichwort: Meerenge Bab al-Mandab) als auch die Ölproduktion globale Bedeutung hat.
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Die Liste der unangenehmen Risiken für Anleger lässt sich um argwöhnische Blicke auf die Konjunkturdaten in Europa und China erweitern. Ach ja: Wir hätten zudem eine geplatzte Spekulationsblasen im Bereich der US-Tech-Aktien. Auch gerne in dieser Woche erwähnt: Carry-Trades, d. h. eine Trading-Strategie, bei der Kapital zu niedrigen Zinsen aufgenommen und danach in höherverzinsliche Anlagen an anderer Stelle investiert wird (in anderer Währung). Das aktuelle Beispiel zum Dilemma beim Carry Trade des Yen findet sich im Business Insider (siehe unten).
Kein Crash, aber es bebt weiterhin
Unterm Strich bleibt eine Reihe von Gründen, die zusammen dafür sorgen, dass Anleger sich momentan nicht besonders entspannen. Kommt ein weiteres Element dazu, wie in dieser Woche die eher mäßigen US-Konjunkturdaten, kann dies zu Entladungen führen. Selbst Nachbeben lassen sich nicht ausschließen. Die Leitzinsen der Zentralbanken sind nämlich immer noch hoch und Boom-Branchen (Tech) und Trends (KI) stagnieren aus verschiedenen Gründen.
In der Analyse halten die meisten seriösen Stimmen das jüngste Börsenbeben indes nicht für einen Crash. Im Rahmen einer langfristigen Anlagestrategie deutet vieles auf eine Korrektur bzw. ein kurzes Durchrütteln hin. Nichtsdestotrotz brauchen Anleger jetzt starke Nerven. Panikverkäufe sind keine Lösung, sondern eben…Panikreaktionen. Wer einen Schritt zurücktritt, erkennt z. B., dass der DAX seit Jahresbeginn noch mehr als drei Prozent im Plus liegt. Auch der drastisch gefallene NASDAQ 100 landet bei +17 Prozent, wenn die 12-Monatsbetrachtung herangezogen wird. Das gilt für viele Indizes, wie sich an unserem Index-Überblick ablesen lässt.
In den Folgetagen nach dem „trüben“ Montag ging es teilweise wieder sichtlich aufwärts.
Idealerweise setzen Anleger überdies nicht nur auf Einzelwerte und streuen ein paar Stabilitätsanker in ihr Portfolio ein – u. a. Anleihen sind derzeit sicher und entsprechend attraktiv.
Quellen und weiterführende Links
Business Insider: Carry Trade des Yen
Focus: Das Börsenbeben macht Pause