EZB und FED bleiben bei ihrer Zinspolitik, Japan hingegen nicht
Die Zentralbanken schraubten in den letzten Tagen jeweils deutlich an den Leitzinsen, darunter die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England. Bei der FED sowie der Bank of Japan gab es dagegen keine Veränderung zu vermelden. Unser Überblick über die letzten Anpassungen bei den wichtigsten Zentralbanken.
Das Wichtigste auf einen Blick
- EZB erhöhte Leizinssatz erneut um 0,25 Basispunkte
- FED erhöht Leitzins nicht, deutet aber mögliche weitere Zinserhöhungen an
- Japan bleibt bei lockerer Geldpolitik
- Weitere Zinsanpassungen, u. a. in China, der Türkei, in der Schweiz und Großbritannien
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EZB erhöht trotz sinkender Inflation den Leitzins auf 4,00 Prozent
Wie erwartet hat die EZB in ihrer letzten Sitzung abermals die Erhöhung des Leitzinses um 0,25 Basispunkte auf nunmehr 4,00 Prozent beschlossen. Begründet wurde die Entscheidung einer erneuten Erhöhung vor allem damit, dass die Inflation sich zwar in den letzten Monaten sukzessive verringert habe, aber dennoch auch auf einem zu hohen Niveau verharre. Man sei von dem mittelfristigen Ziel von rund 2,00 Prozent Inflationsrate noch weit entfernt, was die Entscheidung einer erneuten Zinserhöhung notwendig mache.
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Gemäß den umfangreichen makroökonomischen Projektionen, die von Fachleuten des Eurosystems im Juni erstellt wurden, wird die durchschnittliche Gesamtinflation voraussichtlich im Jahr 2023 bei 5,4 Prozent liegen, im Jahr 2024 bei 3,0 Prozent und im Jahr 2025 bei 2,2 Prozent. Die zugrunde liegenden Indikatoren für den Preisdruck bleiben nach wie vor auf einem hohen Niveau, obwohl erste Anzeichen einer möglichen Abschwächung erkennbar sind. Es ist erwähnenswert, dass die Experten ihre Inflationsprojektionen für die Berechnungen ohne Berücksichtigung von Energie- und Nahrungsmittelpreisen nach oben korrigiert haben, insbesondere für die laufenden und kommenden Jahre. Dieser Anpassung liegt die überraschend hohe Inflation der Vergangenheit zugrunde, sowie die Auswirkungen des robusten Arbeitsmarktes auf die Geschwindigkeit des Inflationsrückgangs. Die aktuellen Prognosen für 2023 betragen nun 5,1 Prozent, für 2024 werden 3,0 Prozent erwartet und für 2025 wird eine Inflation von 2,3 Prozent prognostiziert.
Darüber hinaus haben die Fachleute ihre Prognosen für das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren leicht nach unten korrigiert. Die Erwartungen für das laufende und das nächste Jahr zeigen ein geringfügig reduziertes Wachstum. Die aktuellen Schätzungen deuten auf ein Wachstum von 0,9 Prozent im Jahr 2023, 1,5 Prozent im Jahr 2024 und 1,6 Prozent im Jahr 2025 hin.
FED erhöht Zinsen nicht und legt unerwartet eine Zinspause ein
Etwas unerwartet hat die FED in den USA in ihrer letzten Sitzung agiert: Sie hat, nach zuletzt zehn Erhöhungen, eine Zinspause eingelegt und den Zinssatz nicht angerührt. Jedoch kann in Anbetracht dessen nicht von einer Entspannung der amerikanischen Wirtschaft gesprochen werden, auch wenn hier die, ähnlich wie im Euro-Raum geltende Inflationsrate rückläufig ist.
So hat sich die Inflation in den USA im Vergleich zum Höchststand des letzten Jahres um mehr als die Hälfte verringert, liegt jedoch immer noch deutlich über dem Ziel der Federal Reserve von 2 Prozent.
Was wiederum erklärt, warum Zinsprojektion für das Jahr 2023 von 5,1 auf 5,6 Prozent angehoben wurde. Dies bedeutet, dass die Mitglieder der Federal Reserve im Durchschnitt zwei weitere Zinserhöhungen in diesem Jahr erwarten. Zusätzlich wurden auch die Zinsprojektionen für die Jahre 2024 und 2025 nach oben angepasst.
China senkt Leitzins und Japan bleibt bei lockerer Geldpolitik
Konträr zeigt sich hingegen der Blick auf die Leitzinspolitik der beiden stärksten Wirtschaften in Asien – und zwar China und Japan.
So hat China in ihrer letzten Sitzung der Zentralbank den Zinssatz nach unten korrigiert. Vielen Experten hatten diese Entscheidung jedoch im Vorfeld bereits vermutet beziehungsweise erwartet. So senkte die People’s Bank of China (PBoc) in den letzten Woche bereits mehrere Referenzzinssätze für verschiedene Kreditarten, um so dem Bankensystem einen erweiterten Spielraum bei der Kreditvergabe zu ermöglichen. Womit deutlich wird, dass die politische Führung in Peking offensichtlich versucht, angesichts der sich eintrübenden Wachstumsaussichten die Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft zu verstärken.
Und was macht Japan? Dort sieht sich die Zentralbank nach Aussagen von Kazuo Ueda, Gouverneur der Bank of Japan (BoJ), in einer durchaus komfortablen Situation, was die eigene Wirtschaft betrifft. So sei das Risiko einer verfrühten Zinserhöhung in Japan deutlich grösser als eine Verzögerung der geldpolitischen Straffung. Zudem sei zu erwarten das die Inflation im weiteren Verlauf des Jahres mit hoher Wahrscheinlichkeit unter das 2-Prozent-Ziel der Bank falle. Insofern seien korrigierende Maßnahmen eben derzeit wenig sinnvoll.
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Weitere Länder ziehen die Leitzinsen teils kräftig an
In der aktuellen Woche setzten einige weitere Staaten ihren Kampf gegen die Inflation mit teils bemerkenswert hohen Anstiegen der Leitzinsen fort. Die britische Notenbank hob den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf 5,00 Prozent an. Der Schritt lag deutlich über dem Wert, den Analysten vorhergesagt hatten. Es handelte sich um die 13. Anhebung seit Ende 2021. In Großbritannien ist die Inflationsrate im Mai mit +8,7 Prozent weiter enorm hoch. Ebenfalls um 0,50 Prozentpunkte aufwärts ging es in Norwegen, wo die Norges Bank den Leitzins auf 3,75 Prozent erhöhte. Für den Herbst sehen Prognosen sogar 4,25 Prozent voraus. Grund: Die Inflation lag höher als erwartet. Etwas auf die Bremse trat hingegen die Schweiz, wenngleich auch hier der Leitzins stieg – und zwar auf 1,75 Prozent (+0,25 Prozentpunkte). Zusätzliche Zinserhöhungen wollte die Schweizerische Nationalbank (SNB) indes nicht ausschließen. Den massivsten Anstieg der Woche vermeldete die Türkei, deren Zentralbank den Leitzins nahezu verdoppelte. Eine Zinsanhebung von 8,5 auf 15,0 Prozent wurde beschlossen.
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Weiterführende Links und Quellen:
Handelsblatt: Asien-Anleger enttäuscht über vorsichtige Zinssenkung in China