Insolvenz: Der Fall (von) Evergrande
Ein Beben erschüttert die globale Immobilienbranche und das Epizentrum befindet sich in China: Der Immobilienriese Evergrande, mit Schulden von rund 300 Milliarden Dollar, kämpft ums Überleben. Trotz wiederholter Bemühungen, eine Insolvenz abzuwenden, scheint das Schicksal des Unternehmens besiegelt. Vor allem in den USA hat das Unternehmen nun Gläubigerschutz nach Kapitel 15 beantragt. Mit diesem Antrag können sich nach US-amerikanischem Insolvenzrecht ausländische Unternehmen vor drohenden Klagen von US-Gläubigern schützen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Aktie von Evergrande auf Talfahrt
- 300 Milliarden US-Dollar Schulden: Unternehmen beantragt Gläubigerschutz in den USA
- Immobilienbranche zwischen Renditeversprechen und Totalverlusten
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Zieht die Insolvenz von Evergrande die globale Immobilienwirtschaft in den Abgrund?
Evergrande, einer der größten Immobilienentwickler Chinas, hat in den letzten Jahren einen beispiellosen Aufstieg erlebt. Doch nun steht der Konzern vor dem finanziellen Kollaps. Grund: Die Anfang dieser Woche erklärte Insolvenz der US-Gesellschaft von Evergrande in den USA und der damit verbundene Kursabsturz. Die Folgen könnten weitreichend sein, nicht nur für China, sondern für die gesamte globale Immobilienwirtschaft. Zumal mit Country Garden ein weiterer Immobilien-Konzern aus China wackelt. So verpasste Country Garden erst kürzlich die Zahlung anfallender Zinsen einer US-Dollar Anleihe, was zum Absturz der Aktie führte.
Die Auswirkungen einer möglichen Insolvenz von Evergrande, das den zweifelhaften Titel des höchstverschuldeten Immobilien-Konzerns der Welt trägt, auf die globale Immobilienwirtschaft sind indes schwer abzuschätzen.
Sicher ist, dass sie wahrscheinlich weitreichend sein werden. In China könnte eine Pleite von Evergrande einen Dominoeffekt auslösen, der andere Immobilienunternehmen wie beispielsweise Country Garden in Mitleidenschaft zieht. Die rasant steigenden Risiken und anhaltende kritische Situation auf dem chinesischen Immobilien-Markt könnten Investoren abschrecken und weitere Probleme für den Sektor bedeuten. Der Immobilien-Boom in China scheint mittel- bis langfristig vorbei zu sein.
Global betrachtet hat eine mögliche Insolvenz aufgrund geringer bis kaum existente Aktivitäten außerhalb Chinas seitens Evergrande für den Moment eher geringe Auswirkungen, doch der psychologische Effekt ist keinesfalls zu unterschätzen. Denn die Insolvenz von Chinas zweitgrößtem Immobilienkonzernen fügt sich in eine Reihe von Pleiten und Insolvenzen, gerade in Deutschland fast nahtlos ein und dürfte bei Anlegern alles andere als beruhigend wirken.
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Immobilienbranche: Mehrere Insolvenzen laufen
Denn Fakt ist, dass sich der Immobiliensektor für Anleger momentan alles andere als stabil darstellt. So haben allein in den letzten Wochen vier Immobilien-Projektentwickler Insolvenz angemeldet, und zwar Development Partner, Project, Euroboden und zuletzt die Düsseldorfer Gerch-Group und ihren vier Untergesellschaften.
Als Gründe für die Pleiten gelten:
- Zu geringes Eigenkapital bei den Entwicklern (Beispiel hierfür Development-Partner, denen schlicht und ergreifend das Geld zur Finanzierung ausgegangen ist
- Geplante Nettoerlöse durch Verkauf von Immobilien konnten nicht realisiert werden, womit Renditezusagen an Investoren nicht erfüllt werden konnten
- Liquiditätsprobleme durch Insolvenzen bei Dritt-Partner, mit deren Hilfe Projekte finanziert werden sollten
- Zu hohe Projektentwicklungskosten aufgrund steigender Kreditzinsen
- Verteuerung von Baumaterialien
Womit sich für Anleger aktuell die eindeutige Frage ergibt, ob man momentan in den Immobiliensektor investieren sollte.
Anleger sollten bei Immobilien-Investments genau hinsehen
Die Frage ist vor allem dahingehend berechtigt, wenn man beachtet, dass sich die Projektentwickler oftmals über Anleihen und nicht selten auch über das Crowd-Investing finanzieren und hierbei nicht selten mit überdurchschnittlichen Renditen potenzielle Investoren locken. Doch mit einem Blick auf die bereits zuvor genannten Insolvenzen wird auch deutlich, welches Risiko Anleger mit diesen Investments eingehen.
Wer beispielsweise eine bis zum Jahr 2025 laufende Anleihe von Euroboden mit einem 5,5 Prozent Kupon erworben hat, steht nun mit der Insolvenz von Euroboden vor einem möglichen Total-Verlust seines Investments.
Dennoch lohnt sich der Immobilienmarkt für Anleger, vor allem dann, wenn ein hohes Maß an Eigenkapital zur Verfügung steht und dieses für den direkten Erwerb einer Immobilie genutzt werden kann.
Was im Klartext bedeutet: Wer als Anleger sein Kapital nicht in die Entwicklung neuer Immobilienprojekte trotz hoher Renditeversprechen investiert und stattdessen in existente Immobilien anlegt, die in Vermietung sind und sich bestenfalls in attraktiven Lagen befinden, dürfte hier angesichts stetig steigender Mieten langfristig deutlich besser fahren.
Weiterführende Links und Quellen:
FAZ: Evergrande mit Rekord-Kurssturz
Manager Magazin: Immobilien kaufen – warum Immobilien jetzt zur Geldanlage locken und wo