Meme-Rally der Tupperware Aktie: Deckel drauf
Seit einigen Tagen dreht der Kurs der Aktie des US-Unternehmens Tupperware völlig frei – vorwiegend geht es aufwärts. Innerhalb eines Monats kletterte der Kurs des Wertpapiers um mehr als 576 Prozent (Stand: 8. August 2023). Allerdings hat der Anstieg bei Tupperware wenig bis nichts mit der eigentlichen Geschäftsentwicklung zu tun. Im Gegenteil. Hier handelt es sich um einen künstlichen Internet-Hype, eine „Meme“-Rally, die u. a. Hedge Fonds und Spekulanten ärgern soll.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Meme-Rally rund um den Haushaltsartikel-Hersteller hält an
- Umsatz von Tupperware sinkt seit Jahren
- Blase kann jederzeit platzen
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Der nächste Meme-Rally-Kandidat
Ein „Meme“ ist eigentlich eine (meist lustige) Kombination aus einem Bild und einem kurzem Text, welche in sozialen Medien geteilt wird. Genau jene Bildchen verwenden Kleinanleger (vor allem in den USA), um Aktien zu pushen und sich gegenseitig zum Kauf der Wertpapiere zu animieren. Daher der Begriff der „Meme“-Aktie. Bevorzugter Spielplatz für entsprechende Aktionen ist u. a. die Plattform Reddit mit ihrem Unterforum r/WallStreetBets. In den vergangenen Monaten wurde dieses Konzept bereits für Wertpapiere von Gamestop, Bed Bath & Beyond sowie AMC Entertainment genutzt. All diese Aktien – und hier bildet Tupperware keine Ausnahme – haben eines gemeinsam: Sie sind günstig und die Unternehmen dahinter finanziell angeschlagen. Letzteres macht sie zu einem guten Ziel für Shortseller, die auf sinkende Kurse wetten. Eine riskante Wette, wenn der Kurs anders als erwartet verläuft. Auf diesen Effekt setzen die Kleinanleger in den Foren.
Das Prinzip von Shortsellern („Leerverkäufern“) ist vergleichsweise einfach: Es wird eine Art Wette eingegangen, dass der Kurs in nächster Zeit sinkt. Gleichzeitig wird vorab eine Vereinbarung getroffen, das entsprechende Wertpapiere zu einem aktuellen (höheren) Preis in der Zukunft zu verkaufen. Sinkt der Kurs, deckt sich der Shortseller am Tag des Verkaufs mit den günstigeren Aktien ein und veräußert jene dann zum höheren Kurs. Haken: Steigt der Kurs, sind Verluste einzukalkulieren. Steigt der Kurs massiv, muss der Verkäufer gegebenenfalls die Aktien zurückkaufen (was den Kurs weiter anhebt) – ein Short Squeeze. Die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis wird in solchen Fällen geringer.
Laufen viele Wetten auf sinkende Kurse, kann das System selbst große Hedgefonds zum Wanken bringen. Für die Privatanleger, die als Masse in „Meme“-Aktien investieren, ist das Risiko hingegen überschaubar und im Zweifel steigen sie mit Gewinn wieder aus.
Tupperware: Eine endlose Liste an Problemen
Ein Blick auf Tupperware als Unternehmen erklärt, weshalb sich hier eine Chance für Spekulanten bzw. Shortseller eröffnete: Der Hersteller von Küchenutensilien, gegründet 1946, stand zuletzt kurz vor der Insolvenz. Im April 2023 sackte der Aktienkurs aufgrund einer „Going concern“-Warnung um rund 49 Prozent nach unten auf ca. 1,20 Euro. Danach ging es bis Juli weiter abwärts (Tiefststand: 0,55 Euro; 19. Juli 2023). Parallel wurden vorgeschriebene Jahresberichte an der New Yorker Börse nicht eingereicht und Liquiditätsengpässe bedrohten den Geschäftsbetrieb existenziell.
Die Liste der Probleme von Tupperware war (und ist) praktisch endlos: Es fehlt dem Unternehmen an Innovationskraft, einem modernen Geschäfts- bzw. Vertriebsmodell und nicht zuletzt einem frischen Image. Erst spät hat sich Tupperware z. B. zu einer Omnichannel-Strategie entschlossen und sich in den Einzelhandel bewegt.
Noch einmal zu den Umsätzen: 2013 lag der Umsatz bei rund 2,671 Milliarden US-Dollar. Bis 2020 sackte der Umsatz der Tupperware Brands Corporation auf 1,557 Milliarden US-Dollar und 2022 blieben 1,368 Milliarden US-Dollar. Tendenz: Absehbar sinkend. Die letzten Quartalszahlen im Detail: Allein im Schlussquartal 2022 brach der Tupperware-Umsatz um 20 Prozent ein und der Verlust betrug 35,2 Millionen Dollar.
Prognosen nicht möglich
Aus einer existenzbedrohenden Situation in Richtung Börsenüberflieger? Wie sich momentan an den Kursen von Tupperware erkennen lässt, ist das möglich, wenngleich weiterhin substanzlos. Am allgemeinen Zustand des Unternehmens hat die „Meme“-Rally nämlich bisher nichts geändert. Ob und wie aus einer solchen Dynamik eine stabile Basis für einen Umschwung werden kann, ist fraglich. Insofern: Für alle Anleger, die nicht spekulieren wollen, empfiehlt sich: Einfach Deckel drauf.
Index für Meme-Rally-Kandidaten
Interessant für Anleger dürfte der Solactive Roundhill Meme Stock Index sein. Dieser Index umfasst 25 börsennotierte US-Unternehmen mit einem hohen Short-Interest-Anteil und entsprechendem „Meme“-Score. Letztgenanntes berechnet sich daraus, wie häufig eine Aktie im bekannten Reddit-Forum WallStreetBets genannt wurde.
Weiterführende Links und Quellen: