Nach Kurssprüngen – Stehen Asiens Börsen vor einer Neubewertung?
Die beiden größten asiatischen Finanzmärkten Japan und China befinden sich in turbulenten Zeiten. Während in Japan die Kurse in den Keller rauschen, erleben die chinesischen Börsen einen regelrechten Boom. Diese gegensätzlichen Entwicklungen werfen ein Schlaglicht auf die komplexen wirtschaftlichen und politischen Dynamiken der Region. Womit sich durchaus die berechtige Frage ergibt, ob Asiens Börsen vor einer grundsätzlichen Neubewertung stehen. Werfen wir einen Blick auf die aktuellen Ereignisse.
Das Wichtigste in Kürze
- Börse in Tokio bricht nach Verkündung einer neuen Geldpolitik durch Premierminister Ishiba ein
- Japans Export aufgrund steigender Preise unter Druck
- Börsen in Hong-Kong und Shanghai verzeichnen hohe Kurssprünge
- Chinas Regierung kündigt wirtschaftliches Maßnahmen-Paket an
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Japans Börse im Sturzflug: Politischer Wechsel sorgt für Turbulenzen
In Tokio herrscht Katerstimmung. Der Nikkei-Index, das Aushängeschild der japanischen Börse, stürzte Anfang der Woche um beachtliche 4,70 Prozent auf 37.962 Punkte ab. Dieser Einbruch steht in direktem Zusammenhang mit einem politischen Erdbeben: Shigeru Ishiba, der neue Vorsitzende der Liberaldemokratischen Partei (LDP) Japans und designierte Premierminister, hat die Finanzwelt mit seinen geldpolitischen Visionen aufgeschreckt.
Ishibas Vision: Abschied von „Abenomics“?
Anders als seine Vorgänger, die auf die sogenannte „Abenomics“-Strategie mit ihrer lockeren Geldpolitik setzten, plädiert Ishiba für eine Abkehr von der langjährigen Niedrigzinspolitik. Diese Ankündigung löste an den Devisenmärkten unmittelbare Reaktionen aus. Der japanische Yen wertete innerhalb kürzester Zeit von etwa 146 Yen pro Dollar auf rund 142 Yen auf – ein Sprung von fast 3,00 Prozent.
Exportwirtschaft unter Druck: Die Folgen des starken Yen
Für die exportorientierte japanische Wirtschaft bedeutet dieser Kursanstieg des Yen eine ernsthafte Herausforderung. Japanische Produkte werden auf dem Weltmarkt schlagartig teurer, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. Gleichzeitig schmälert der stärkere Yen die Gewinne, die japanische Unternehmen im Ausland erzielen. Bei der Umrechnung in die Heimatwährung verlieren diese Erträge an Wert, was direkten Druck auf die Gewinnmargen ausübt.
Expertenanalyse: Zinserhöhung in Sicht?
Experten diskutieren nun hitzig, ob Ishibas Kurs das Ende der jahrelangen ultra-lockeren Geldpolitik der Bank of Japan einläuten könnte. Eine Zinserhöhung, so die Befürchtung vieler Analysten, könnte zwar den Yen weiter stärken, würde aber gleichzeitig die Kreditkosten für Unternehmen und Verbraucher in die Höhe treiben. Dies könnte das ohnehin fragile Wirtschaftswachstum Japans empfindlich bremsen.
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China im Höhenrausch: Börsen trotzen wirtschaftlichen Herausforderungen
Im krassen Gegensatz zu den Turbulenzen in Japan verzeichnen die chinesischen Börsen beeindruckende Zuwächse. Der Shanghai Composite-Index schoss um 5,70 Prozent nach oben, während der Hang Seng Index in Hongkong um 3,30 Prozent zulegte. Diese Rally erfolgt paradoxerweise trotz – oder vielleicht gerade wegen – der anhaltenden wirtschaftlichen Herausforderungen, mit denen China zu kämpfen hat.
Gemischte Signale: Chinas Wirtschaft im Spagat
Die jüngsten Konjunkturdaten zeichnen ein gemischtes Bild der chinesischen Wirtschaft. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) für das verarbeitende Gewerbe kratzt mit 49,8 Punkten weiterhin an der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, ohne sie zu überschreiten. Auch der Dienstleistungssektor schwächelt, mit einem PMI-Rückgang auf 49,9 Punkte. Einzig das Baugewerbe hält mit einem leichten Anstieg des PMI auf 50,7 Punkte die Fahne des Wachstums hoch.
Angesichts dieser durchwachsenen Zahlen hat die chinesische Führung ein umfangreiches Maßnahmenpaket geschnürt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Peoples Bank of China (PBOC) hat mehrfach die Leitzinsen gesenkt, um die Kreditvergabe zu erleichtern. Gleichzeitig wurden Reformen im Immobilienmarkt auf den Weg gebracht, die es Hauskäufern ermöglichen, ihre Hypotheken zu günstigeren Konditionen zu refinanzieren. Massive Investitionen in Infrastrukturprojekte sollen die Binnennachfrage stärken, während Steuererleichterungen und ein vereinfachter Kreditzugang kleinen und mittleren Unternehmen unter die Arme greifen sollen.
Marktreaktion: Zwischen Euphorie und Skepsis
Die Reaktion der Märkte auf diese Stimulus Maßnahmen fällt euphorisch aus, wird aber von Analysten unterschiedlich bewertet. Optimisten sehen darin eine gerechtfertigte Neubewertung chinesischer Assets und loben die proaktive Haltung der Regierung. Skeptiker hingegen warnen vor einer möglichen Blasenbildung und betonen, dass die strukturellen Probleme der chinesischen Wirtschaft, insbesondere im krisengeschüttelten Immobiliensektor, nicht über Nacht verschwinden werden.
Das Phillip Securities Research Team fasst die Stimmung so zusammen: „Die Rally kann sich kurzfristig fortsetzen, da eine Neubewertung Chinas im Gange ist. Das Risiko eines stärkeren wirtschaftlichen Abschwungs scheint geringer, während die Bewertungen bei sinkenden Zinssätzen attraktiver werden.“
Risiken und Herausforderungen: Chinas Weg in die Zukunft
Trotz der derzeitigen Euphorie an den chinesischen Börsen bleiben einige Risikofaktoren bestehen. Die anhaltende Krise großer Immobilienentwickler wie Evergrande könnte weiterhin wie ein Damoklesschwert über der Wirtschaft schweben. Geopolitische Spannungen, insbesondere in den Beziehungen zu den USA und in der Taiwan-Frage, sorgen für zusätzliche Unsicherheit. Nicht zuletzt steht China vor der Herausforderung, sein Wirtschaftsmodell nachhaltig umzustellen – weg von der Export- und Investitionsorientierung, hin zu einem stärker konsumgetriebenen Wachstum.
Fazit: Ostasien im Fokus der globalen Finanzmärkte
Die aktuellen Entwicklungen in Ostasien zeigen eindrucksvoll, wie unterschiedlich Aktienmärkte auf politische und wirtschaftliche Veränderungen reagieren können. Während Japan vor einer möglichen geldpolitischen Wende zittert, setzt China alles auf die Karte der staatlichen Stimuli. Für Anleger bedeutet diese Gemengelage sowohl Chancen als auch Risiken. Eines ist sicher: Die Dynamik in dieser Region wird auch in den kommenden Monaten für Spannung an den globalen Finanzmärkten sorgen.
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Quellen und weiterführende Links
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