Robo-Advisor 2024: Marktkonsolidierung und neue Chancen
Starker Wettbewerb, hohe Zinsen, zurückhaltende Anleger – speziell für Robo-Advisor sind die Zeiten schwierig. Eine aktuelle Studie von Fonds Consult zeigt, mit welchen Schwierigkeiten die Branche zu kämpfen hat und welche Chancen bestehen. Wir legen unsere Zahlen daneben.
Das Wichtigste in Kürze:
- Neue Robo-Advisor-Studie von Fonds Consult vs. Zahlen von Brokervergleich.de
- Konsolidierungsphase bei Online-Vermögensverwaltungen erwartet
Studie: Geldvermögen der Robo-Advisor übersichtlich
Zwölf Milliarden Euro – diesen Betrag verwalteten Robo-Advisor laut einer Studie des Analysehauses Fonds Consult im Jahr 2022. Es dürfte sich um eine gute Schätzung handeln, da die Anbieter nicht unbedingt dafür bekannt sind, mit diesen Zahlen hausieren zu gehen. Und sie sagt einiges über diesen Markt aus. In einer jüngeren Erhebung von Brokervergleich.de für 2024 liegt der Wert (inklusive geschätzter Daten) immerhin bei ca. 24 Milliarden Euro. Die Robo-Advisor verdoppelten das verwaltete Vermögen also innerhalb von zwei Jahren, weshalb die Entwicklung auf den ersten Blick solide aussieht.
Mit ein wenig Abstand relativiert sich das Ergebnis allerdings. Im Vergleich handelt es sich bei den von „Robotern“ betreuten Anlagen um die sprichwörtlichen „Peanuts“. Wird z. B. das von Fondsgesellschaften für Anleger in Deutschland verwaltete Vermögen herangezogen, lag jenes nach Angaben des BVI im 1. Quartal 2024 bei 4,289 Billionen Euro. Der Anteil davon aus öffentlichen Publikumsfonds wird mit 1,459 Billionen Euro beziffert, wovon 680 Milliarden Euro auf Aktienfonds entfallen.
Zudem sitzen die Deutschen auf über drei Billionen Euro, die als Sichteinlagen auf Giro- bzw. Sparkonten parken. Ein immenses Vermögen, wobei Sparer hierzulande nur bedingt geneigt sind, es in eine Wertpapieranlage zu stecken – und speziell Online-Vermögensverwaltungen stehen nicht in der ersten Reihe der Alternativen.
Steigende Kosten, hohe Zinsen
Ein Grund für die Zurückhaltung sind sicherlich die derzeit hohen Sparzinsen. Laut Daten, die Brokervergleich.de vorliegen, sind die durchschnittlichen Tagesgeldzinsen weiterhin bei 2,06 Prozent angesiedelt (Stand: Juni 2024). Für ein 12-monatiges Festgeld erhalten Sparer sogar 2,93 Prozent im Schnitt. Insofern haben die Deutschen wenig Grund, sich umzusehen, auch wenn es für eine positive Realrendite nicht reicht. Das stört hierzulande immer noch die wenigsten. Bemerkenswert: Einige Robo-Advisor gewähren mittlerweile seltst (werbewirksam) Zinsen auf Einlagen des Verrechnungskontos. Der Bedarf an Neukunden verlangt es.
Zurück zur Studie von Fonds Consult, die – so eine Auswertung des Handelsblatts – den Robo-Advisorn insgesamt ein ausgereiftes Angebot bestätigt. Praktisch alle Bedürfnisse von Kunden werden abgedeckt. Der Zugang erweist sich als einfach, die Auswahl an Strategien ist breit. Wer nachhaltig anlegen will, kann dies bei den meisten Anbietern. Qualitätsunterschiede stellt die Studie hingegen bei den Renditen fest. Jene lägen für Depots mit einer mittleren Risikobereitschaft in den vergangenen drei Jahren zwischen -2,6 und plus 5,0 Prozent. Der Echtgeld-Test von Brokervergleich.de kommt gar auf eine größere Spanne von -6,9 bis maximal +8,0 Prozent – ebenfalls für ein mittleres Portfolio. Im Schnitt reichte es für +2,8 Prozent im Zeitraum Mai 2021 bis Mai 2024.
Problemfelder: Es mangelt an Kunden und Anlagen
Woran die Anlage-Roboter indes wirklich zu knabbern haben: Steigende Kosten. Marketing, Aufwand zur Kundengewinnung sowie Investitionen sind insbesondere für kleinere Fintechs schwer zu stemmen. Das Handelsblatt zitiert an dieser Stelle Philipp Bulis, Partner von Oliver Wyman in München, der für das Erreichen der Gewinnschwelle ein verwaltetes Vermögen von ca. einer Milliarde Euro angibt.
Wie die Liste bei Brokervergleich.de zeigt, sind aktuell sieben von 30 Anbietern über diese Hürde gesprungen. Die meisten Online-Vermögensverwaltungen verwalten dagegen eher zwei- bis dreistellige Millionenbeträge. Gleichsam übersichtlich: Die Anzahl der Kunden. Von knapp unter 1.000 bis maximal 600.000 reichen die Zahlen – die meisten geben erst gar keine bekannt. Ein Indiz, dass es mehr werden müssten.
Sicher an der Spitze der Robo-Advisor rangiert Branchenprimus Scalable Capital, der zuletzt ein verwaltetes Vermögen von rund zehn Milliarden Euro (inkl. des eigenen Online-Brokers) angab. Ebenfalls „safe“ dürften VisualVest, Raisin Invest (Weltsparen), Gerd Kommer Kapital sowie quirion und LIQID sein.
Bei den übrigen Online-Vermögensverwaltungen besteht teilweise dringender Bedarf nach neuen Kunden und vor allem mehr Anlagen. „Wirtschaftliche Zwänge“ nennt Bulis dies und denkt, dass jene zu einer Konsolidierungsphase führen wird. Weniger Anbieter, die sich dafür stabiler halten. Wer sich unter Experten umhört, dürfte sicher sein: Die Phase der Konsolidierung läuft bereits.
Konsolidierungsphase
2020 strich bereits Moneyfarm aus Großbritannien die Segel, 2023 stiegen Vanguard und die DKB aus und in den kommenden Monaten könnten weitere Anbieter aussteigen. Ganz oben auf der Kandidatenliste: Robo-Advisor, die im Hinterzimmer der großen Banken bzw. Finanzdienstleister entstanden sind – hier sind die Ansprüche besonders hoch und die Ergebnisse bisweilen enttäuschend.
Potential bei der eigentlichen Zielgruppe
Auf der anderen Seite besitzen Robo-Advisor natürlich weiterhin ein großes Potential. Sie müssen sich aber vielleicht umorientieren. Laut der Studie von Fonds Consult sind die Kunden nämlich in der Regel rund 50 Jahre alt, männlich und verfügt über mittlere bis größere Einkommen. Das war nicht unbedingt die Zielgruppe, mit der in den Anfangsjahren gerechnet wurde. Statt sehr stark den digitalen Aspekt in den Fokus zu rücken, geht der Trend dazu, digitale Angebote mit „menschlichen Komponenten“ zu kombinieren. Digital interagieren und individueller Service – ein Drahtseitakt, den nicht alle schaffen werden. Vielleicht kann KI an dieser Stelle noch eine Rolle spielen.
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Weiterführende Links und Quellen:
Handelsblatt: Für automatische Geldmanager wird es schwerer
Fonds Consult: Robo-Advisor-Studie 2022
Springer professional: Robo Advisory kämpft mit Gegenwind