Shein, Temu & Co. – Deutsche kaufen gerne bei Billiganbietern

Mittwoch den 15.01.2025 - Abgelegt unter: Aktien, Brokernews, Trends

Sie sind nicht zu übersehen und die Preise der angebotenen Produkte teils aberwitzig niedrig – Shein, Temu, Action und Pepco überschwemmen mit ihren billigen Waren den Markt. Bemerkenswert: Den Deutschen scheinen diese Anbieter zu gefallen. Laut einer repräsentative Studie der Strategieberatung Oliver Wyman haben fast neun von zehn der befragten Verbraucher in Deutschland bereits mindestens einmal bei einem der Billigdiscounter bestellt bzw. dort eingekauft. Wir gehen außerdem der Frage nach, ob Anleger hier gut aufgehoben sind oder ob auf den Hype der Katzenjammer folgt.

Das Wichtigste im Überblick:

  • Aktuelle Umfrage-Ergebnisse zur Nutzung von Shein, Temu, Action ind Pepco durch Oliver Wyman
  • 87 Prozent der Deutschen haben mindestens 1 x bei einem der genannten Anbieter eingekauft
  • Die Aktien von Temu und Pepco sind eher für Spekulationen geeignet

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Hauptsache billig, dann ist auch die Qualität egal

Insgesamt 1.000 Verbraucher in Deutschland wurden für die Studie von Oliver Wyman befragt, die exklusiv der WirtschaftsWoche vorliegt. Rund 87 Prozent haben demnach einen oder mehrere der Billiganbieter bereits genutzt. 79 Prozent planen zudem, dort erneut einzukaufen. Hauptgrund: Die angebotenen Waren sind mehr als günstig.

Interessanterweise sind die Käufer nicht unbedingt unkritisch, was die Produkte angeht. 61 Prozent kritisierten die „mangelnde Qualität“, eine „mangelnde Berücksichtigung von Nachhaltigkeit“ und „zu lange Lieferfristen.“ Das betrifft vor allem die beiden großen Online-Plattformen Shein und Temu. Shein, gegründet 2008, agiert seit 2015 in Deutschland und veräußert in erster Linie Mode (Fast Fashion) und Sportartikel. Der Online-Marktplatz Temu besteht seit 2022 und ist eine Tochter der PDD Holdings Inc. aus Shanghai. Über das Internet verkauft Temu vorwiegend Elektronik, Haushaltswaren, Spielzeug sowie Nonfood-Haustierbedarf.

Díe Geschäftsmodelle ähneln sich: Beide Anbieter bieten die Waren ab Werk (ohne Lagerhaltung) an und unterbieten den Wettbewerb mit Kampfpreisen. Aufgrund des Verdachts, Zölle in Europa zu umgehen und mit Massenlieferungen klimaschädlich zu sein, stehen sie zudem in der Kritik.

Bei Action und Pepco handelt es sich indes um Filial-Discounter. Action betreibt derzeit in Deutschland rund 300 Geschäfte, Pepco immerhin 50. Auch hier werden Kleidung, Haushaltswaren und mehr zu niedrigsten Preisen vertrieben.

Action vor Temu und Shein

Befragt, wo die meisten Verbraucher bereits gekauft haben, landete Action mit 70 Prozent auf dem ersten Platz. Dahinter folgten Temu (59 Prozent), Shein (47 Prozent) sowie Pepco (18 Prozent). Die Studie unterteilt die Käufer überdies in fünf Altersklassen, gestaffelt zwischen 16 und 65 Jahren.

Hinsichtlich der Konkurrenz für den bestehenden Handel erklärte Rainer Münch, Leiter der europäischen Praxisgruppe Handel und Konsumgüter: : „Keiner der etablierten Händler wird durch die neuen Non-Food-Discounter den Kernumsatz verlieren, aber viele doch schmerzhaft viel Marge.“

Am meisten wird Kleidung geshoppt

Befragt danach, was die Kunden bei den Anbietern erwerben, nannten 66 Prozent Kleidung & Accessoires, 64 Prozent landeten in der Warengruppe Hobby & Spielzeug während 55 Prozent mit Handwerk & Garten antworteten.

Für den Einzelhandel bedenklich: Fast jeder zweite Befragte, der Kleidung & Accessoires shoppte, gab an, dass diese Einkäufe die Häufigkeit und den Umfang bei anderen Bekleidungseinzelhändlern reduziert.

Ein Ergebnis der Studie: Sehr niedrige Preise sorgen dafür, dass Verbraucher schlechtere Qualität und Umweltbilanzen ebenso wie längere Lieferzeiten akzeptieren. Wenn Anbieter so günstig sind, überwiege das Preisargument massiv – vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

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Zwei Aktien und ein IPO

Für Anleger sind die neuen E-Commerce-Anbieter sicherlich nicht uninteressant – wenngleich jene dann über die kritischen Aspekte des Geschäftsmodells hinwegsehen müssen. Primär sind Shein, Temu & Co. zunächst einmal an Wachstum interessiert. Hinter Temu steht, wie erwähnt, die PDD Holdings Inc., deren Aktie die WKN A2JRK6 besitzt. Der Kurs lag zuletzt bei 97,40 Euro (Stand: 14. Januar 2025). Der Wert liegt damit mehr als 28 Prozent unter dem Höchststand aus dem Mai des Vorjahres (ca. 142 Euro). Der tiefste Punkt wurde im August 2024 mit knapp 80 Euro erreicht. Das Papier erweist sich insofern als recht volatil und recht abhängig von globalen Einflussfaktoren. Kurzum: Es eignet sich eher für eine Spekulation.

Ebenfalls möglich ist ein Investment bei der Pepco Group N.V. mit Sitz im Vereinigten Königreich. Die Aktie (WKN A3CQ3M) pendelt um 3,57 Euro (Stand: 14. Januar 2025) und liegt damit weit unter dem 52 Wochen-Hoch (5,73 Euro). In der langfristigen Betrachtung hat Pepco mehr als 65 Prozent zum Höchststand verloren. Der Blick in die Jahresbilanzen zeigt darüber hinaus, dass das eher mäßige Jahr 2023 zwar aufgearbeitet wurde, aber die Ergebnisse 2024 immer noch Luft nach oben haben. Zwar kletterten die Einnahmen auf rekordverdächtige 6,1 Milliarden Euro und der EBITDA auf 944 Millionen Euro (+25 Prozent), der ausgewiesene Nettoverlust (nach Steuern) umfasste aber gleichzeitig -662 Millionen Euro (2023: +108 Mio. Euro Gewinn).

SHEIN will 2025 in London an die Börse, muss aber dafür noch ein paar Hürden überspringen.

Fazit

Je billiger, desto beliebter – das dürfte das Credo vieler deutscher Verbraucher sein. Interessanterweise schlägt „billig“ sogar gewisse Ansprüche an Qualität oder Liefermodalitäten. Insofern treffem die Anbieter auf einen zeitlichen Nerv. Inwiefern das Geschäftsmodell der Ultra-Kampfpreise langfristig funktioniert, muss sich indes zeigen. Auch bei den Aktien sind wir eher vorsichtig. Die Kurse sind schwankend und die Tendenz schwierig zu prognostizieren. Es ist ein Spiel mit hohem Risiko.

Quellen und weiterführende Links