Das Beben an der chinesischen Börse – die Ursachen und Folgen
Die chinesische Börse bebte zu Beginn des Jahres und die Ausläufer waren weltweit zu spüren. Wer hätte vor einigen Jahren noch gedacht, dass Kursrutsche an der Börse in Shanghai die gleichen Auswirkungen auf den weltweiten Aktienhandel haben würden, wie Volatilitäten an der New York Stock Exchange?
China hat sich schon lange als Wirtschaftsmacht etabliert, die nicht nur auf einer Binnenwirtschaft basiert, sondern als Im- und Exportnation die Märkte der Welt beeinflusst. Das Wachstum der letzten Jahre schien unbegrenzt, bis auch das Reich der Mitte plötzlich merkte, dass es auch für einen „Newcomer“ Grenzen gibt. Die Binnennachfrage sank, das Wirtschaftswachstum liegt plötzlich nur noch bei 6,8 Prozent im abgelaufenen Jahr und hat sich damit gegenüber dem Jahr 2007 halbiert. 1970 schufen die Chinesen noch ein Wirtschaftswachstum von 20 Prozent, Zahlen, von denen die westlichen Staaten nur träumten. Was führte aber zur Krise in China?
Die drei grundlegenden Faktoren für den chinesischen Einbruch
Zunächst einmal sind es drei Faktoren, welche den Kurseinbrüchen in Shanghai vorausgingen. China ist ein extrem auf Export ausgerichteter Markt. Der Import beschränkte sich auf in China für das gigantische Wachstum nicht ausreichend vorhandene Rohstoffe wie Erz und Holz sowie – Autos ….
Der Export dagegen basiert auf Konsumgütern und Textilien. Diese Nachfrage aus dem Ausland war jedoch in den letzten Jahren rückläufig. Daraus resultierte als zweite Ursache eine Überkapazität in der Produktion. Nicht zuletzt entwickelte sich der Immobilienmarkt nicht mehr so, wie es die Führung in Peking aus den vorangegangenen Jahren gewohnt war.
Das stetige Wachstum der Wirtschaft und die damit einhergehenden steigenden Gewinne führten zu einem Anstieg des Lohnniveaus. Die Konsequenz daraus war, dass sich andere Billiglohnländer gegen China am Weltmarkt durchsetzen konnten, ein Grund für den stagnierenden Export. Der erste Schritt, im Export wieder die Oberhoheit über die Mitbewerber aus Südostasien zu gewinnen, war eine Abwertung des Yuans. Damit sollten chinesische Produkte wieder preiswerter für das Ausland werden.
„Auf die eigene Kraft vertrauen“
Diese Worte des ehemaligen großen Mannes Mao Dse Dong scheinen für die Machthaber in China wieder aktuell zu sein. Als Konsequenz auf die schwache Außenwirtschaft ging China neben der Abwertung des Yuans aber noch einen anderen Weg. Die Staatsführung begann, als Alternative zum Export die Binnennachfrage zu stärken. Dieser Umschwung, darauf aufbauend, dass der private Konsum zunächst einmal stärker in Fahrt gebracht werden muss, zieht zu Beginn ein schwächeres Wirtschaftswachstum nach sich. Um den Umbau von einer Exportwirtschaft in einen Markt der Binnennachfrage zu vollziehen, nehmen die Chinesen allerdings das schwächere Wachstum in Kauf.
Und was hat das mit den Kurseinbrüchen zu tun?
Der chinesische Aktienmarkt ist, was die Aktionäre angeht, überwiegend in der Hand privater Anleger. Private Anleger tendieren im Gegensatz zu institutionellen Investoren stärker dazu, emotional zu agieren. Ein volatiler Aktienmarkt und eine Abwertung der eigenen Währung stellen Momente dar, in denen private (Klein)Anleger dazu tendieren, ihre Aktien abzustoßen. Dies geschieht völlig losgelöst von den Fundamentaldaten der Wirtschaft. Vor dem Hintergrund der Größe der Bevölkerung und damit der Anzahl der privaten Anleger werden somit Volumina bewegt, welche in der Summe dazu führen, dass der Aktienmarkt kollabiert. Die jüngsten Daten zeigen, dass es in Shanghai wieder langsam aufwärtsgeht (Stand 20.1.2016). Warum sollten Anleger, auch aus Deutschland, jetzt eigentlich nicht in den chinesischen Markt einsteigen. Voraussetzung ist natürlich ein langfristiger Anlagehorizont. Der Volkswirt Louis Kuijs vom Analysehaus Oxford Economics sieht keine Indizien für eine Wirtschaftskrise in China (Zeit online, 19.01.2016).
Shanghai Composite Chart 3 Monate
So vermeidet China den totalen Kurseinbruch
Die chinesische Börse hat ein Sicherungsinstrument im Computerhandel integriert. Geben die Kurse um mehr als sieben Prozent nach, wird der Handel automatisch unterbrochen. Geschieht dies jedoch drei Tage hintereinander, stehen dennoch 21 Prozent Verlust in den Büchern.
Das psychologische Moment eines vorzeitigen Handelsschlusses darf ebenfalls nicht unterschätzt werden. Viele Anleger sehen zu, dass sie bei nächster Gelegenheit ihre Papiere verkaufen, aus Furcht, dass die Kurse weiter abrutschen. Die Angstverkäufe der privaten Investoren hatten aber noch eine andere Ursache.
Die chinesische Regierung hatte als Konsequenz aus den chaotischen Märkten Mitte des Jahres 2015 eine Regelung in Kraft gesetzt, der zufolge Großaktionäre keine Aktien der Unternehmen verkaufen dürften, die sie kontrollierten. Diese Regelung endete am 8. Januar 2016. Die Befürchtung der Anleger lief darauf hinaus, dass für rund 190 Milliarden Aktien auf den Markt kommen würden, die bis dahin eingefroren waren.
Fazit
An der chinesischen Börse hat es gebebt. Es gibt durchaus rationale Gründe dafür, dass die Kurse chinesischer Aktien nachgegeben haben. Den überwiegenden Einfluss darauf hatten jedoch die privaten Anleger, die eher aus Panik als auf der Grundlage von fundamentalen Wirtschaftsdaten hektisch verkauften. Dass die chinesische Wirtschaft jetzt erneut in eine Krise rutscht, ist nicht anzunehmen. Für Investoren könnte sich ein Einstieg in China mit langfristigem Horizont wieder lohnen.
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