Wirecard: Kursrutsch und neue Vorwürfe
Das nennt sich Absturz: Der Kurs des Bezahldienstleisters Wirecard sackte in dieser Woche um bis zu 23 Prozent abwärts. Grund für den Kursrutsch waren erneute Betrugsvorwürfe. Ein sich wiederholendes Muster, wie ein Blick auf die Kursentwicklung der letzten Monate zeigt. Die aktuelle Frage für Anleger: Halten oder verkaufen?
Das Wichtigste auf einen Blick
- Betrugsvorwürfe gegen Wirecard ziehen Kurssturz um bis zu 23 Prozent nach sich
- Wirecard zum wiederholten Mal im Fokus der Berichterstattung der Financial Times
- Aktienkurs: Vertrauensverlust bei Anlegern, aber der Trend bleibt (noch) positiv
Auch diesmal war es ein Artikel in der Financial Times, der die Anleger von Wirecard ins Schwitzen brachte. Die britische Wirtschaftszeitung berichtete über Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen des Konzerns und verwies auf interne Dokumente sowie vorliegende Korrespondenz aus der Finanzabteilung von Wirecard. Demnach wurden Umsätze und Gewinne aus Dubai und Irland absichtlich zu hoch ausgewiesen. Im Fokus lag speziell der Wirecard-Partner Al Alam Solutions. Laut Financial Times kam 2016 rund die Hälfte des Wirecard-Gewinns aus diesem Unternehmen in Dubai. Al Alam Solutions verzeichnete zwischen 2016 und 2017 wohl Zahlungseingänge von 34 Hauptkunden mit einem Volumen von rund 350 Millionen Euro. 15 dieser Kunden gaben gegenüber Financial Times indes an, nie von Al Alam gehört zu haben. Weitere Anfragen bei Kunden verliefen buchstäblich im Sand. Nur vier der Kunden bestätigten eine Zusammenarbeit mit Al Alam Solutions. [1]
Wirecard dementierte zwischenzeitlich die Berichterstattung der Financial Times per Pressemitteilung und wies die „Anschuldigungen von Fehlverhalten kategorisch zurück“. Es sei bedauerlich, dass die Zeitung „immer noch die Veröffentlichung eines derartig unverantwortlichen Artikels unterstützt.“
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Zum dritten mal in den Schlagzeilen
Wird das Jahr 2019 betrachtet, sieht sich Wirecard bereits zum wiederholten Mal entsprechenden Anschuldigungen ausgesetzt. Im Februar 2019 verlor der Konzern innerhalb von etwas mehr als einer Woche knapp 8,6 Milliarden Euro an Börsenwert. [2] Damals warf ebenfalls die Financial Times dem Unternehmen Bilanzschummeleien mittels „roundtripping“ (Karussellgeschäften) vor. Über eine Tochterfirma in Hongkong sollten Gelder aus München auf ein Wirecard-Konto in Indien transferiert worden sein. Die Financial Times berichtete davon, dass es ähnliche Instruktionen für Mitarbeiter in Indonesien im Rahmen eines Meetings im Januar 2018 gegeben habe. [3] Eine Untersuchung der Kanzlei Rajah & Tann führte zwar ein paar fragwürdige Zahlungsflüsse und Vertragsentwürfe zutage, allerdings final keine Anhaltspunkte für Straftaten. [4]
Im Mai bzw. Juni 2019 wurde Wirecard vorgeworfen, dass das Unternehmen als Zahlungsabwickler für betrügerische Trading-Angebote und Geldwäsche benutzt worden sei. Diesmal standen die Verbindungen zu Allied Wallet im Mittelpunkt der Recherche. [5]
Vertrauensverlust wiegt schwer
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Berichterstattung – insbesondere der Financial Times – deutliche Spuren bei Wirecard hinterlassen hat. Ein Blick auf den Kursverlauf 2019 zeigt die massiven Einbrüche.
Wie erwähnt hat Wirecard bereits eine Erwiderung zu den jüngsten Anschuldigungen gegeben. Der Verlust des Anlegervertrauens dürfte indes kaum nachhaltig mit ein paar Worten zu beheben sein. Dafür braucht es konkretere Maßnahmen – eventuell eine weitere Untersuchung. Zudem gilt: An einer Dauerfehde zwischen FT-Autor Dan McCrum und Wirecard kann niemand ein Interesse haben.
Wie geht es weiter? An einem spontanen Ausstieg inklusive Verlusten kann ebenfalls keinem Anleger gelegen sein. Da der allgemeine Kurstrend bei Wirecard prinzipiell 2019 nach oben ging, dürfte eher das Halten der Papiere sinnvoll sein. Es liegt nun an Wirecard, die Vorwürfe mittelfristig zu entkräften. Leider dauert dies in der Regel länger, als sie in den Raum zu stellen.
Weiterführende Links
[1] FT – Wirecard’s suspect accounting practices revealed
[2] Focus online – Der Wirecard-Skandal: Wer ruiniert gerade Deutschlands Shootingstar?
[3] FT – Wirecard: inside an accounting scanda