Wirecard-Urteil: Aktionäre gehen wohl leer aus
Rund 22.000 Aktionäre warten im Rahmen der Wirecard-Insolvenz auf Schadenersatz. Allerdings dürfte ihnen das erste Gerichtsurteil (Aktenzeichen 29 O 7754/21) nicht besonders gefallen. Laut der 29. Zivilkammer des Landgerichts München I gehen die Aktionäre nämlich leer aus, da sie nicht als Gläubiger gelten. Dementsprechend haben sie auch nicht die Möglichkeit Schadensersatzansprüche als Forderung beim Insolvenzverwalter Michael Jaffé geltend zu machen. Die Richterin wies darauf hin, dass der Umstand, dass die Aktionäre gegebenenfalls vom Unternehmen getäuscht worden sind, nicht von Belang ist.
Das Wichtigste in Kürze:
- Ansprüche der Aktionäre nicht mit den Grundwerten des Insolvenzrechts vereinbar
- Union Investment prüft weitere Rechtsmittel – Gang bis zum Bundesgerichtshof erwartet
- Aktionäre verloren bereits im Mai am Landgericht München
Kapitalmarktrechtliche Schadenersatzforderungen könnten generell nicht als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden, erklärte Richterin Susanne Lukauer. Jene sagte zudem. Dass eine Einordnung der Ansprüche von Aktionären als Insolvenzforderung nicht „mit den Grundwerten des Insolvenzrechts […] vereinbar“ sei.
Klage von Union Investment abgewiesen
Die Klage ging von der Fondsgesellschaft Union Investment aus. Insgesamt fordern die betroffenen Aktionäre rund sieben Milliarden Euro. Darüber hinaus bestehen Forderungen von Banken, Sozialkassen und weiteren Gläubigern in Höhe von ca. 3,1 Milliarden Euro. Insolvenzverwalter Michael Jaffé hatte durch den Verkauf von Unternehmensanteilen einen Erlös von etwa einer Milliarden Euro erzielt. Bleibt das Urteil bestehen, entfällt der größte Teil der Ansprüche gegen Wirecard.
Mit der Grundsatzfrage, wie Aktionäre zu Gläubigern werden können, wird sich gegebenenfalls der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigen müssen.
Ein Sprecher von Union Investment sagte im Anschluss an das Urteil, dass es für Aktionäre enttäuschend sei. Da es sich aber um einen Präzedenzfall handele, war das Urteil so erwartet worden. Union Investment prüft derzeit, welche Rechtsmittel eingelegt werden.
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Zweiter Rückschlag für Aktionäre
Es ist schon der zweite Rückschlag für die Aktionäre. Im Mai 2022 urteilte ebenfalls das Landgericht München I zu Ungunsten der Anteilseigner. Damals erklärte das Gericht die Wirecard-Bilanzen der Jahre 2017 und 2018 für nichtig. Die zugehörigen Dividendenbeschlüsse wurden damit hinfällig und der Insolvenzverwalter könnte die Dividenden zurückfordern. Dabei dreht es sich um 47 Millionen Euro.
Im Dezember beginnt in München überdies der Prozess gegen den früheren Wirecard-Chef Markus Braun sowie zwei weitere Angeklagte.
Weiterführende Informationen:
- Wirecard-Aktionäre bleiben vorerst Gläubiger zweiter Klasse – LVZ (23.11.2022)
- Kapitalmarktrechtliche Schadenersatzforderungen der Aktionäre von Wirecard können nicht als Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet werden Pressemitteilung 30/2022 vom 23.11.2022 – Landgericht München