Gemeinschaftsdepot

Analog zu klassischen Konten bieten Banken auch für Wertpapierdepots die Möglichkeit an, dass mehrere Konto-, in diesem Fall Depotinhaber, das Depot nutzen können. Allerdings sind bei einem Gemeinschaftsdepot einige Dinge, gerade im Bereich der Schenkung und Vererbung zu beachten. In diesem Ratgeber erläutern wir die Varianten von Gemeinschaftsdepots und zeigen auf, worauf Depotinhaber achten müssen.

Das Wichtigste in Kürze:

  1. Gemeinschaftsdepots werden von gleichberechtigten Depotinhabern geführt.
  2. Das Oder-Depot erlaubt eigenständige Entscheidungen der einzelnen Depotinhaber.
  3. Gemeinschaftsdepots bergen im Rahmen der Schenkungs- und Erbschaftssteuer steuerliche Fallen, die sich jedoch vertraglich umgehen lassen.
  4. Freistellungsaufträge sind bei Gemeinschaftsdepots nur für steuerlich zusammen veranlagte Depotinhaber möglich.

Gemeinschaftsdepot-Vergleich

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Was ist ein Gemeinschaftsdepot?

Im Rahmen eines Gemeinschaftsdepots gibt es zwei oder mehr Depotinhaber, die vollkommen gleichberechtigt sind. Damit unterscheidet sich das Gemeinschaftsdepot von einem Einzeldepot, in dessen Rahmen der Depotinhaber eine Vollmacht für eine dritte Person ausstellt. Die Vollmacht kann widerrufen werden, die Depotinhaberschaft eines Miteigentümers nicht.

Im Rahmen eines Gemeinschaftsdepots ist jeder Depotinhaber gleichermaßen berechtigt, Transaktionen vorzunehmen. Allerdings gibt es hier bezüglich der rechtlichen Ausgestaltung Unterschiede.

Vor- und Nachteile

Wir legen in diesem Beitrag viel Wert darauf, auf die steuerlichen Fallstricke bei einem Gemeinschaftsdepot transparent zu machen. Das heißt aber nicht, dass ein Gemeinschaftsdepot nur aus Risiken besteht, im Gegenteil.

Die Vorteile bei einem Gemeinschaftsdepot

  1. Oder-Depot: Depotinhaber sind gleichermaßen entscheidungsberechtigt, können autonom handeln und bleiben im Falle des Todes oder einer Erkrankung des Mitinhabers handlungsfähig.
  2. Es fallen keine Mehrfachkosten für verschiedene Depots an.
  3. Mit einem privatrechtlichen Depotvertrag werden die Eigentumsverhältnisse und das Vorgehen bei Scheidung oder Trennung geregelt.
  4. Gemeinsam veranlagte Depotbesitzer können einen Freistellungsauftrag beantragen.

Fassen wir aber auch kurz die Nachteile des Gemeinschaftsdepots zusammen:

  1. Im Vorfeld müssen die steuerlichen Aspekte zur Vermeidung von fiskalischen Nachteilen geklärt sein.
  2. Bei einem Und-Konto können die Inhaber und Inhaberinnen nur gemeinsam verfügen, eine Vertretung ist nicht möglich.
  3. Unterschiedliche Chancen-Risiko-Profile der Depotinhaber bergen Diskussionspotenzial.

Und-Depot oder Oder-Depot?

Für Gemeinschaftsdepots kommen zwei Varianten infrage, die darüber entscheiden, wer wie Transaktionen vornehmen kann. Zum einen besteht die Option des Und-Depots, zum anderen die des Oder-Depots.

Das Und-Depot

An dem kleinen Wort “und” lässt sich erkennen, dass es bei diesem Depot eine Verknüpfung geben muss. Diese Verknüpfung besteht darin, dass alle Depotinhaber gemeinsam eine Transaktion bestätigen müssen. Zu Zeiten papierhafter Orders musste die Order die Unterschrift aller Beteiligter tragen. Zu Zeiten des Onlinebankings muss die Transaktion von allen Depotinhabern mit der jeweiligen TAN bestätigt werden.

Das Und-Depot mag bei einem (Ehe)paar noch trag bar sein, bei einer Erbengemeinschaft mit drei, vier oder mehr Mitgliedern wird die Depotführung schwierig. Vor diesem Hintergrund kommt dem Und-Depot in der Praxis kaum Bedeutung zu. Das Und-Depot findet beispielsweise bei Erbengemeinschaften Anwendung, wenn die einzelnen Depotmitinhaber eine größtmögliche Sicherheit gegenüber den anderen Beteiligten wünschen.

Das Oder-Depot

Auch in diesem Fall lässt sich der Charakter des Depots an der Konjunktion ablesen. Bei einem Oder-Depot kann entweder der oder die eine Depotinhaber oder Depotinhaberin oder der oder die andere eine Transaktion ohne die Zustimmung der anderen Depotinhaber ausführen lassen. Die Depotinhaber können völlig autonom traden.

Ob eine nicht abgesprochene Transaktion im Nachgang die Zustimmung der anderen Beteiligten findet, hat keinerlei rechtliche Auswirkungen. Vor dem Hintergrund der vereinfachten Handhabung ist das Oder-Depot die weiter verbreitete Variante.

Was gibt es beim Freistellungsauftrag zu beachten?

Bleiben wir bei dem klassischen Konstrukt, dass ein Paar ein gemeinsames Depot eröffnet. Liegt eine gemeinsame Besteuerung vor, kann auch ein Freistellungsauftrag bis zu einer Höhe von 2.000 Euro für das Depot beantragt werden. Wird die Freistellung teilweise schon für andere Konten genutzt, mindert sich der für das Gemeinschaftsdepot infrage kommende Freistellungsauftrag.

Anders sieht es aus, wenn zwei oder mehr Personen, die nicht steuerlich gemeinsam veranlagt werden, ein Gemeinschaftsdepot eröffnen, beispielsweise Elternteil und Kind. In diesem Fall können sie für das Gemeinschaftsdepot keinen Freistellungsauftrag beantragen. Gleiches gilt auch bei einem Gemeinschaftsdepot für unverheiratete Paare.

Einzahlungen und Auszahlungen

Ein Gemeinschaftsdepot birgt in steuerlicher Hinsicht die eine oder andere Stolperfalle. Im Detail werden wir im Abschnitt “Steuerliche Aspekte” darauf eingehen. Hier wollen wir die Problematik bei Ein- und Auszahlungen beleuchten.

 Angenommen, ein Depotinhaber A überweist auf das Depotverrechnungskonto 20.000 Euro. Es handelt sich um zwei Depotinhaber. Da es sich um ein Gemeinschaftskonto handelt, stuft der Fiskus 50 Prozent der Gutschrift als Schenkung an den oder die zweiten Depotinhaber B ein. Häufen sich die Einzahlungen, muss der zweite Depotinhaber, sobald der entsprechende Freibetrag überschritten ist, Steuern auf seine 50 Prozent der Einzahlung entrichten.

Im Umkehrschluss werden Auszahlungen ebenfalls als Schenkung gewertet. Hebt Depotinhaber A nach einem Wertpapierverkauf vom Verrechnungskonto 20.000 Euro ab, unterstellt das Finanzamt, dass ihm B 10.000 Euro aus dem gemeinsamen Vermögen geschenkt hat.

Depotinhaber eines Gemeinschaftsdepots können diesen Vermutungen des Finanzamtes am besten dadurch begegnen, dass sie einen Depotvertrag aufsetzen. In diesem Vertrag werden die Eigentumsverhältnisse entsprechend der prozentualen Einlagenhöhe des jeweiligen Depotinhabers oder der Inhaberin geregelt.

Der Depotvertrag verhindert auch Erbschaftsstreitigkeiten, wenn einer der Depotinhaber verstirbt und als Erbe eine oder mehrere dritte Personen vorgesehen hat. Mit dem Depotvertrag wird klar geregelt, wie hoch der vererbbare Anteil des Depotbestandes ausfällt.

Was passiert bei Scheidung oder Trennung?

Der Depotvertrag hat noch einen anderen vorsorgenden Charakter. Die harmonischste Beziehung kann irgendwann einmal in die Brüche gehen. Grundsätzlich gilt dann, dass das Depot bei Trennung oder Scheidung hälftig aufgeteilt wird. Sind Eigentumsverhältnisse jedoch klar geregelt, wird das Portfolio entsprechend gesplittet.

Einzeldepot in Gemeinschaftsdepot wandeln: Ohne Depotvertrag wird es teuer

Angenommen, ein bislang als Einzeldepot geführtes Wertpapierdepot soll in eine Gemeinschaftsdepot gewandelt, respektive das Portfolio in ein Gemeinschaftsdepot übertragen werden. Das Finanzamt sieht in diesem Fall sofort eine Schenkung in Höhe von 50 Prozent des bisherigen Depotinhabers an den neuen “Depotpartner”. Die Gründe für die Notwendigkeit eines Depotvertrages schildern wir im Abschnitt “steuerliche Aspekte”.

Steuerliche Aspekte

Die Steuer kann aus einem hervorragend geführten Gemeinschaftsdepot in bestimmten Fällen kurzfristig eine Geldvernichtungsmaschine machen. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Freibeträge bei der Schenkungs- und Erbschaftssteuer (identische Steuersätze und Freibeträge):

Verwandschafts­grad Steuer­klasse Frei­betrag
Ehe­gatten, Lebens­partner I 500.000 EUR
Kinder, Enkel­kinder (wenn deren Eltern verstorben sind), Stief­kinder, Adoptiv­kinder I 400.000 EUR
Enkel­kinder I 200.000 EUR
Eltern, Groß­eltern, Nichten / Neffen, Geschwis­ter II 20.000 EUR
Alle anderen Personen III 20.000 EUR

Kommen wir noch einmal auf Ein- und Auszahlungen vom Gemeinschaftsdepot zurück. Handelt es sich bei den beiden Depotinhabern um unverheiratete, nicht miteinander verwandte Personen, läuft der Freibetrag bereits bei 20.000 Euro aus.

Wie hoch die Steuerlast am Ende ausfällt, richtet sich auch nach der Steuerklasse:

Erbe in EUR Steuer­satz Steuer­klasse I Steuer­satz Steuer­klasse II Steuer­satz Steuer­klasse III
bis 75.000 EUR 7% 15% 30%
bis 300.000 EUR 11% 20% 30%
bis 600.000 EUR 15% 25% 30%
bis 6 Mio. EUR 19% 30% 30%
bis 13 Mio. EUR 23% 35% 50%
bis 26 Mio. EUR 27% 40% 50%
über 26 Mio. EUR 30% 45% 50%

Angenommen, die Depotentnahme durch Inhaber A betrug bei dem unverheirateten Paar 50.000 Euro. 25.000 Euro werden als Schenkung eingestuft, 20.000 Euro gelten als Freibetrag, der steuerpflichtige Betrag lautet auf 5.000 Euro.

Der Steuersatz in der Steuerklasse III bis zu einer Höhe von 75.000 Euro beträgt 30 Prozent. Depotinhaber A muss folglich 1.500 Euro (30 Prozent aus 5.000 Euro) an Steuern entrichten.

In dieser Größenordnung fallen die Steuerschulden noch übersichtlich aus. Bleiben wir bei einem unverheirateten Paar, welches über die Jahre 400.000 Euro an Depotvolumen zusammengetragen hat. Einer der beiden Depotinhaber verstirbt. Da es keinen Depotvertrag gibt, wertet das Finanzamt die Hälfte, 50 Prozent, als Erbmasse. Abzüglich des Freibetrages von 20.000 Euro müssen jetzt vom hinterbliebenen Depotinhaber 180.000 Euro mit 30 Prozent versteuert werden. Es fallen satte 60.000 Euro Erbschaftssteuer an.

Angenommen, ein Einzeldepot mit einem Depotvolumen von 200.000 Euro wird in ein Gemeinschaftsdepot für ein unverheiratetes Paar gewandelt. Steuerrechtlich erfolgt in diesem Fall auch eine Schenkung in Höhe von 100.000 Euro. Abzüglich des Freibetrages von 20.000 Euro bleiben bei einem Steuersatz von 30 Prozent 80.000 Euro als steuerpflichtige Schenkung: 24.000 Euro Schenkungssteuer, die sich mit einem Depotvertrag vermeiden lassen.

Wie finde ich das passende Gemeinschaftsdepot?

An den bis hierhin vorgestellten Fakten, gesetzliche Rahmenbedingungen und steuerliche Aspekte, ändert kein Kontomodell etwas. In diesem Kontext sind alle Gemeinschaftsdepot gleich. Anders sieht es allerdings bei den vertraglichen Rahmenbedingungen der einzelnen Anbieter aus. Hier gibt es Unterschiede:

  1. Kostenlose Depotführung
  2. Breites Handelsangebot, beispielsweise auch Derivate, oder nur klassische Wertpapiere?
  3. Kosten je Order – Festpreis oder prozentual vom Orderwert abhängig?
  4. Anzahl Sparpläne für Fonds, ETFs und Aktien
  5. Kostenlose Sparpläne, ja oder nein?
  6. Klassische Investmentfonds mit oder ohne Ausgabeaufschlag?
  7. Konditionen des außerbörslichen Handels
  8. Anzahl der handelbaren Auslandsbörsen
  9. Stehen kostenlose Echtzeitkurse zur Verfügung?
  10. Welche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es?

Um bei dieser Vielzahl von Kriterien herauszufiltern, welches Depot individuell am besten geeignet ist, empfiehlt es sich, vor der Depoteröffnung die eigenen Anlagemerkmale zu hinterfragen.

  1. Wie viele Trades im Jahr möchte ich machen?
  2. Wie hoch fällt das durchschnittliche Ordervolumen aus?
  3. Möchte ich Einzeltitel erwerben oder nur in Fonds / ETFs investieren?
  4. Möchte ich über einen Sparplan den Vermögensaufbau starten?

Sind diese Fragen beantwortet, lassen sich die relevantesten Anbieter leicht eingrenzen.

Der Fokus bei der Depotauswahl wird am Ende auf der Höhe der Gesamtkosten pro Jahr liegen. Zwei Anleger, die zu identischen Zeitpunkten, zu identischen Kursen die identischen Papiere bei unterschiedlichen Brokern erwerben, werden am Ende des Jahres unterschiedliche Nettorenditen aufweisen. Auf die Besteuerung können Trader nur bedingt Einfluss nehmen, auf die Kostenseite durch die Wahl des besten Brokers schon.

Einzeldepot mit Vollmacht: Die Alternative

Gemeinsam Traden, Steuerfallen vermeiden – so könnte man die Überschrift zu einem Einzeldepot mit Depotvollmacht umschreiben. Dieses Vorgehen setzt allerdings voraus, dass in diesem Fall keine Gelder von anderen Personen außer dem Depotinhaber fließen.

Wenn ein Elternteil davon ausgeht, dass die Kinder mehr von der Börse verstehen, wäre es beispielsweise naheliegend, eine Vollmacht für das Depot zu erteilen. Die Vollmacht hat auch den Vorteil, dass sie jederzeit widerrufen werden kann, ohne, dass es zwischen den Depotinhabern bei der Auflösung des Gemeinschaftsdepots zu Diskussionen kommt.