Anleihearten
Anleihen mit festem Zinssatz
Anleihen mit fester Verzinsung stellen den größten Anteil der weltweit börslich gehandelten Schuldverschreibungen. Bei der Emission der Anleihe wird ein Zinssatz festgelegt, der in der Regel jährlich (bei US-Titeln auch halbjährlich) an die Gläubiger gezahlt wird. Anleihen mit fixem Kupon werden auch als Straight Bonds bezeichnet.
Wie verhält sich der Kurs einer Anleihe mit fester Verzinsung?
Bei der Emission einer Anleihe liegt der Zinskupon auf der Höhe des Marktniveaus für Anleihen ansonsten gleicher Ausstattung. Idealtypisch notiert die Anleihe zum Zeitpunkt ihrer Emission deshalb bei exakt 100 Prozent ihres Nennwertes. Kommt es danach zu sinkenden Kursen (also steigenden Renditen) am Anleihemarkt sinkt der Kurs unter den Nennwert (unter pari) et vice versa.
Steigende Kurse sind dagegen deckungsgleich mit sinkenden Renditen. Steigt der Kurs über den Nennwert notiert eine Anleihe gemäß Jargon „über pari“.
Allgemeines Marktrisiko und Emittentenrisiko
Die Zinsentwicklung zählt zu den allgemeinen Marktrisiken. Anleger, die Anleihen bis zu Fälligkeit halten können das Zinsänderungsrisiko ausblenden, solange die Rückzahlung des Nennwertes und/oder die laufenden Zinszahlungen nicht gefährdet sind. Das vom Markt angenommene Risiko von Zahlungsausfällen spiegelt sich ebenfalls in Kupon, Rendite und Kurs wider.
Verlangt der Markt von einem bestimmten Unternehmen, einer bestimmten Branche oder einem bestimmten Land bereits zum Zeitpunkt der Emission einen höheren Zinssatz spiegelt sich dies in einem höheren Kupon wider. Der Markt verlangt höhere Zinsen, wenn das Risiko von Zahlungsausfällen im Vergleich zu Staatsanleihen sehr stabiler Länder wie der BRD höher ausfällt. Deshalb müssen die meisten Emittenten am Anleihemarkt „Spreads“ bei der Rendite in Kauf nehmen. Als Spreads werden die Aufschläge zu als sicher eingestuften Anleihen bezeichnet.
Fester Zinskupon und Zinsänderungsrisiko
Ein angenommenes höheres Ausfallrisiko kann direkt oder indirekt mit dem Emittenten im Zusammenhang stehen. Ein direktes Risiko liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein Staat absehbar mit finanziellen Engpässen, wirtschaftlichen Eintrübungen etc. zu kämpfen haben. Ein indirektes Risiko liegt vor, wenn z. B. ein solides Unternehmen durch Zahlungsausfälle in der eigenen Branche belastet oder eine Unternehmensanleihe in einer als riskant einzustufenden Währung emittiert wird.
Anleihen mit variabler Verzinsung
Anleihen mit variabler Verzinsung bieten Schuldnern und Gläubigern attraktive Gestaltungs- und Diversifikationsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu Straight Bonds wird die Verzinsung bei so bezeichneten Floating Rate Notes nicht bereits bei der Emission fixiert, sondern an einen Referenzzinssatz gebunden.
Der geltende Referenzzinssatz sowie der für einen bestimmten Zinstermin geltende Stichtag werden in den Anleihebedingungen festgelegt. Marktübliche Referenzzinssätze sind z. B. LIBOR und EURIBOR. Typischerweise wird festgelegt, dass den Anleihegläubigern der Referenzzinssatz zzgl. eines festgelegten Zuschlags von z. B. 1,00 Prozent gezahlt wird.
Das Zinsänderungsrisiko wird neu aufgeteilt
Im Gegensatz zu Anleihen mit fester Verzinsung ergibt sich bei variablen Zinskupons eine Neuaufteilung des Zinsänderungsrisikos. Anleger profitieren von steigenden Marktzinsen während der Laufzeit, müssen bei sinkenden Zinsen dagegen Einbußen bei den Zinserträgen in Kauf nehmen. Emittenten stehen einem spiegelbildlichen Risiko gegenüber.
Die variable Verzinsung eliminiert den wesentlichen – auf Änderungen des Marktzinssatzes zurückzuführenden – Teil des Kursrisikos. Die Kurse von Anleihen mit fester Verzinsung sinken, wenn der Marktzins nach der Emission steigt – auf diese Weise passt sich das Investment den veränderten Bedingungen an. Bei einer variablen Verzinsung ist eine solche Anpassung hinfällig. Kursrisiken bestehen deshalb bei auf EUR lautenden variabel verzinsten Anleihen vor allem im Zusammenhang mit der Bonität des Emittenten.
Marktwert und Erträge des Portfolios stabilisieren
Anleihen mit variabler Verzinsung können in einem Portfolio aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften wichtige Funktionen erfüllen. Wird einem Anleiheportfolio mit zunächst ausschließlich festverzinslichen Titeln ein Anteil variabel verzinster Bonds beigemischt sinkt das Kursrisiko des Portfolios.
Eine zusätzliche Stabilisierung lässt sich durch die Beimischung so genannter Reverse Floating Rate Notes erreichen. Diese Titel wurden erstmals zu Beginn der 1990er Jahre verstärkt emittiert. Bei diesen auch als „inverse Floater“ bezeichneten Titeln sinkt die Verzinsung der Anleihe wenn der festgelegte Referenzzinssatz steigt et vice versa. Dazu wird der vereinbarte Referenzzinssatz von einem festen Prozentsatz subtrahiert und die Gesamtverzinsung auf mindestens 0,00 Prozent festgelegt. Durch die Beimischung solcher Anleihen lässt sich sowohl das Kursrisiko eines Bondportfolios reduzieren als auch der Zinsertrag stabilisieren.
Gewinnschuldverschreibungen
Eine Sonderform von Anleihen mit gering bis gar nicht vorhandener Trennschärfe zu Genussscheinen sind Gewinnschuldverschreibungen. Die Ausgestaltung dieser Anleihen obliegt im Wesentlichen dem Emittenten. Möglich ist z. B. eine Kopplung des Zinssatzes an die Dividende oder den Bilanzgewinn. In der Praxis wird häufig eine gewinnunabhängige Basisverzinsung mit einem gewinnabhängigen Zuschlag kombiniert. Je größer die Abhängigkeit der Verzinsung vom Gewinn desto größer sind auch die Kursrisiken.
Zerobonds
Zerobonds oder auch Nullkuponanleihen werden ohne Zinskupon begeben: Während der Laufzeit finden keinerlei Zahlungen statt. Die Duration einer Nullkuponanleihe ist identisch mit ihrer Restlaufzeit. Auf die Rendite der Stücke hat diese Gestaltung keinen Einfluss.
„Echte“ Zerobonds werden mit einem Abschlag (im Fachjargon auch als „Diskont“ bezeichneten) Abschlag zum Nennwert emittiert und exakt zum Nennwert zurückgezahlt. Der Abschlag ermöglicht Gläubigern eine Rendite, die einer endfälligen Verzinsung praktisch entspricht. „Unechte Zerobonds“ sind Anleihen mit einem festgelegten Kapitalzuwachsfaktor. Die Papiere werden zum Nennwert begeben und bei Fälligkeit mit einem Aufschlag auf den Nennwert getilgt.
Bei der Emission von Zerobonds unterstellt der Markt das zu diesem Zeitpunkt geltende Zinsniveau auch für die hypothetischen Zinszahlungen während der Laufzeit. Der Diskont berücksichtigt somit in effizienten Märkten die im Vergleich zu Anleihen mit jährlicher Verzinsung längere mittlere Kapitalbindungsdauer.
Steuerliche Vorteile lassen sich aufgrund der identischen und ausnahmslosen Besteuerung von Zinserträgen und Kursgewinnen allenfalls durch Stundungseffekte realisieren. Vorteilhaft ist z. B. die Verschiebung der Rückzahlung bis in den Ruhestand, wenn dort nur ein geringes steuerbares Einkommen erzielt wird und die Veranlagung der Erträge im Rahmen der Einkommensteuer sinnvoll ist.
Wandelanleihen, Optionsanleihen und Aktienanleihen
Es gibt einige Sonderformen von Anleihen mit besonderen Merkmalen fernab der konventionellen Ausstattungsmerkmale. Erwähnenswert sind insbesondere Wandelanleihen, Optionsanleihen und Aktienanleihen.
Wandelanleihen
Wandelanleihen werden von Unternehmen emittiert und dem Mezzaninekapital zugerechnet. Der Emittent einer Wandelanleihe räumt dem Gläubiger das einseitige Recht ein, den Rückzahlungsbetrag gegen eine festgelegte Anzahl von Aktien des Schuldners umzutauschen. Macht der Gläubiger von diesem Recht keinen Gebrauch erfolgt die Rückzahlung vom Nennwert.
Aktiengesellschaften müssen die Genehmigung der Hauptversammlung einholen um Anleihegläubigern das Umtauschrecht einräumen zu können. Ansonsten ließen sich Eigentumsverhältnisse ohne Zustimmung der Eigentümer verändern. Die Aktiengesellschaft kann Bestandsaktionären für den Fall der Wandlung z. B. Bezugsrechte für eine zusätzliche Kapitalerhöhung anbieten.
Gläubiger werden von ihrem Umtauschrecht ausschließlich dann Gebrauch machen, wenn der Marktwert der Aktien zum Umtauschtermin den Rückzahlungswert der Anleihe überschreitet. Gläubiger profitieren von einer einseitigen Chance auf zusätzliche Erträge. Dafür fällt der Zinssatz ceteris paribus niedriger aus als bei Anleihen ohne Wandlungsrecht. Die Auswirkung auf den Zinssatz hängt davon ab, wie sich der Aktienkurs bis zum Wandlungstermin entwickeln muss damit die Inanspruchnahme des Wandlungsrechts einen zusätzlichen Gewinn ermöglicht. Je wahrscheinlicher ein profitabler Umtausch ist desto höher wird der Rabatt auf den Zinskupon ausfallen.
In den Anleihebedingungen wird fast immer eine Sperrfrist für die Wandlung festgelegt, sofern diese während eines bestimmten Zeitraumes möglich ist. Üblich ist auch eine Zuzahlung für den Aktienkauf.
Optionsanleihen
Optionsanleihen sind Anleihen, die mit einer bestimmten Anzahl von Call-Optionsscheinen kombiniert werden. Die Optionsscheine berechtigen den Inhaber zum Kauf von Aktien des Emittenten zu einem festgelegten Kurs. Notiert der Marktwert der Aktie über diesem Ausübungspreis besitzen die Optionsscheine einen inneren Wert. Ein Kursanstieg der Aktien kann die Erträge der Gläubiger deshalb deutlich erhöhen. Gleichzeitig ist das Risiko auf den teilweisen Verzicht auf Zinserträge begrenzt, da Optionsscheine nicht weniger als 0,00 Euro wert sein können.
Im Unterschied zur Wandelanleihe erlöschen die Gläubigeransprüche auf Tilgung und Zinszahlung nicht, wenn die Optionsscheine ausgeübt werden. Die Optionen können in der Regel separat von der Anleihe gehandelt werden. In der Kursnotierung der Anleihe ist dies an den Zusätzen „ex“ (separate Bewertung der Anleihe) und „cum“ (Bewertung von Anleihe+Optionsschein).
Aktienanleihen
Aktienanleihen sind ein vergleichsweise junges Produkt der Finanzindustrie und werden vorwiegend von Banken an Privatanleger verkauft. Das Prinzip: Angeboten wird eine Anleihe mit einem deutlich über dem Marktzins angesetzten Zinskupon (z. B. 10% wenn der Marktzins 2% ist). Die Anleihebedingungen räumen im Gegenzug dem Emittenten (!) das einseitige Recht ein, die Tilgung durch die Lieferung einer festgelegten Anzahl von Aktien (in der Regel nicht des eigenen Unternehmens) vorzunehmen.
Der Emittent wird diese Option wahrnehmen wenn der Marktwert der zu liefernden Aktien zum Fälligkeitstermin den Rückzahlungswert der Anleihe unterschreitet. Gläubiger tragen damit (neben dem Emittentenrisiko) ein Kursrisiko, das im Extremfall 100 Prozent abzüglich des Zinskupons erreichen kann. Privatanleger können Aktienanleihen selbst nachbilden. Die Konstruktion entspricht aus Sicht des Gläubigers einer Longposition in der Anleihe und einer Shortposition in einem Put auf die Aktie.
Inflationsindexierte Anleihen
Unter dem Oberbegriff „Inflation-Linker“ werden Anleihen zusammengefasst, deren Rückzahlung und/oder Kuponzahlung sich an der Inflation orientiert. Der Vorteil für Anleger besteht in der garantierten Vereinnahmung einer Realverzinsung, die das bei Anlagen in Nominalwerte ansonsten latente Inflationsrisiko eliminiert.
Inflationsindexierte Anleihen wecken nicht erst seit der Finanzkrise 2008/2009 das Interesse der Anleger. Bereits im 18. Jahrhundert sollen Titel dieses Typs in Nordamerika emittiert worden sein. Auch die Finanzagentur des Bundes emittiert Bundesobligationen und Bundesanleihen mit integriertem Inflationsschutz.
Inflationsindexierte Anleihen sind in verschiedenen Varianten erhältlich. Eine Variante sieht vor, dass der Nennwert der Anleihe während der Laufzeit konstant bleibt und nicht an die Inflation angepasst wird. Im Gegenzug wird der Zinskupon an einen Preisindex (z. B. den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes) angepasst. Bei anderen Varianten wird ein fester Zinssatz unabhängig von der Inflationsrate gewährt, der sich aber auf einen inflationsindexierten Nennwert bezieht – absolut betrachtet steigt der Zinskupon somit bei steigender Inflation ebenfalls.
Wie verhält sich der Kurs einer inflationsindexierten Anleihe?
Anleihen mit Inflationsbezug weisen einige Besonderheiten im Hinblick auf ihre Kursentwicklung auf. Steigende Inflationserwartungen führen bei konventionellen (Staats-)Anleihen zu sinkenden Kursen, weil die Anleger eine höhere Rendite einfordern. Bei Bonds mit Inflationsbezug ist das nicht der Fall, weil die die Realverzinsung der Anleihen nicht ändert. Die Kursschwankungen sind deshalb ebenso geringer wie die Korrelation mit der (aus dem Anleiherisiko eliminierten) Inflation.
Die Finanzagentur des Bundes informiert auf ihrer Homepage ausführlich über ihr Angebot an inflationsgeschützten deutschen Staatsanleihen (siehe Link unten). Es sei erwähnt, dass Inflation-Linker auch von zahlreichen anderen Industriestaaten, darunter USA, UK, Japan und Frankreich, emittiert werden. Lautet eine Anleihe auf eine fremde Währung ist allerdings das Wechselkursrisiko zu tragen, das vor allem kurzfristig sehr viel größer ausfallen kann als das Inflationsrisiko.
Die Finanzagentur des Bundes erklärt die Funktionsweise wie folgt:
„Inflationsindexierte Bundesobligationen und -anleihen sind Schuldverschreibungen mit einer festen Laufzeit von fünf bzw. 10 Jahren. Sie besitzen einen festen (realen) Zinskupon sowie zusätzlich eine variable Ertragskomponente, bei der die Höhe der Zahlungsströme (jährliche Zinserträge & Rückzahlungsbetrag) im Gegensatz zu einem nominalverzinslichen Wertpapier von der Entwicklung eines Inflationsindexes abhängt.
Die Ertragskomponente dient dem Ausgleich der Preissteigerungen bei Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, die während der Haltezeit der Anleihe anfallen. Da diese Anpassung um die Inflationsrate außer für die Zinszahlungen auch für den gesamten Anlagebetrag erfolgt, bleibt die Kaufkraft des investierten Kapitals erhalten. Der „Preis“ hierfür ist eine niedrigere Nominalverzinsung der indexierten Bundeswertpapiere – verglichenmit Bundesanleihen oder -obligationen ohne Inflationsschutz.“
Als Referenz für die Preisentwicklung dienen fast immer amtliche Statistiken. Dass der (staatliche) Schuldner die Höhe der Zinszahlungen dadurch indirekt selbst festlegt wird bislang nicht als problematischer Interessenskonflikt betrachtet, da das Gesamtvolumen der inflationsindexierten Anleihen an den Staatsschulden (vielleicht bewusst) gering ist. Würden Staaten ihre gesamte Verschuldung an die Inflation binden und diese objektiv messen entfiele das historisch betrachtet häufigste Mittel zur Entschuldung: Die Inflationierung von Staatsschulden.
Für Deutschland ist der amtliche Verbraucherpreisindex relevant. Dieser wird monatlich vom Statistischen Bundesamt berechnet und veröffentlicht. Der Index basiert auf der manuellen Erfassung von mehreren hunderttausend Preisen für Produkte und Dienstleistungen aus unterschiedlichsten Bereichen.