Strategien für Anleiheportfolios
Vor allem konservativ ausgerichtete Portfolios können sich ganz oder überwiegend aus Anleihen zusammensetzen. In der Regel enthält ein Portfolio aber sowohl einen Anleihen- als auch einen Aktienanteil. Die Verteilung des Anlagevermögens auf diese beiden (und mögliche weitere) Assetklassen muss nicht konstant sein. Sehr häufig wird der Anteil abhängig von der Marktentwicklung variiert. Unabhängig davon kann der Anleiheanteil wie ein eigenständiges Portfolio betrachtet und verwaltet werden.
Die Aufgabenstellung für die Portfolio Selection eines solchen Sub-Portfolios unterscheidet sich zunächst nicht von der des Gesamtportfolios (einige Ausnahmen sind denkbar, etwa wenn sowohl Aktien als auch Anleihen bestimmter Unternehmen gekauft werden). Die Zielsetzung lautet: Minimiere das Risiko bei konstanter Ertragserwartung bzw. maximiere die Ertragserwartung bei konstantem Risiko.
Staatsanleihen vs. Unternehmensanleihen
Eine wichtige Fragestellung betrifft die Segmente des Anleihemarktes, in die investiert wird. Anleger können sich auf Staatsanleihen beschränken oder zusätzlich Unternehmensanleihen erwerben. Die Beschränkung auf Staatsanleihen macht Sinn, wenn der Sicherheitsaspekt klar dominiert und das Gesamtrisiko des Portfolios so gering wie möglich gehalten werden soll. Dann können schwerpunktmäßig Staatsanleihen großer Industrienationen mit AAA-Rating erworben werden.
Unternehmensanleihen erweitern die Perspektiven deutlich: Corporate Bonds bieten eine signifikant höhere Rendite als Staatsanleihen. Das unsystematische Risiko (also das Risiko für Zahlungsausfälle) lässt sich durch eine breite Diversifikation minimieren. Analog zur Portfoliodiversifikation im Aktienmarkt sollten dabei Titel aus unterschiedlichen Branchen, Ländern und Regionen ins Portfolio aufgenommen werden.
Das Währungsrisiko ausschalten
Ein international aufgestelltes Anleiheportfolio ist mit Wechselkursrisiken verbunden, die es zu managen gilt. Die Wechselkursschwankungen können die Kursbewegungen des Anleihemarktes deutlich übertreffen. Anleger können dieses Risiken verringern bzw. eliminieren. Dies ist zum einen durch die Absicherung von Fremdwährungspositionen gegen eine Abwertung der heimischen Währung möglich. Da im Optionshandel aber stets Prämien anfallen und die Fremdwährungen bei Fälligkeit der Anleihen im Portfolio „physisch“ vorhanden sind bieten sich stattdessen unbedingte Termingeschäfte an.
Bislang müssen Anleger für solche Transaktionen den recht umständlichen, kostenintensiven und nicht börslich regulierten Umweg über Forwards und Differenzausgleichskontrakte gehen. Die Terminbörse EUREX plant jedoch in Kürze (Stand: Januar 2014) die Einführung von Futures und Optionen auf alle G10-Währungen. Die Basis der Terminkontrakte wird der Kurs am Kassamarkt sein. Für selbständig agierende Privatanleger ist die Einführung von Währungsfutures eine der wichtigsten Verbesserungen der vergangenen Jahre.
Aktiv, semiaktiv und passiv
Aktive Anlagestrategien
Die Zielsetzung einer aktiven Anleihestrategie besteht im Erreichen einer Überrendite gegenüber dem Marktdurchschnitt mit zu diesem vergleichbarem Risiko. Den wichtigsten Ansatz für dieses Ziel bildet die Prognose der erwarteten Zinsentwicklung.
Zur Erinnerung: Sinkt das Marktzinsniveau, steigen die Kurse von Anleihen. Sinkende Zinsen führen jedoch nicht bei allen Anleihen zu demselben Kurseffekt. Eine Anleihe reagiert umso stärker auf Zinsänderungen, je größer ihre Duration bzw. je höher ihre Konvexität ist. Konvexität und Duration sind zwei verwandte Kennzahlen, die beide den Effekt von Zinsänderungen auf den Kurs einer Anleihe messen. Die Konvexität liefert jedoch präzisere Ergebnisse als die Duration. In beiden Fällen spielt die Restlaufzeit der Anleihe eine wesentliche Rolle für die Größe der Kennzahl.
Anleihen mit hoher Konvexität reagieren besonders auf sinkende Zinsen
Werden sinkende Zinsen erwartet sollte der Anteil von Anleihen mit hoher Konvexität dementsprechend erhöht werden. Die sonstigen Anlagegrundsätze (z. B. der Anteil von Staats- und Unternehmensanleihen im Portfolio sowie dessen Absicherung gegen Einflüsse von Wechselkursänderungen) wird dadurch nicht wesentlich berührt.
Werden steigende Zinsen erwartet sollte der Anteil von Anleihen mit hoher Konvexität/Duration dagegen verringert werden. Dann sind Anleihen mit kürzeren Restlaufzeiten sinnvoll. Häufig wird bei einer solchen Markterwartung der Anleiheanteil im Portfolio insgesamt verringert. Ebenso kann der Anteil in Erwartung sinkender Zinsen erhöht werden.
Anleihen und Aktien im Zusammenspiel
Anleihen und Aktien bewegen sich nicht in voneinander abgeschlossenen Sphären, sondern sind durch Marktmechanismen indirekt miteinander verbunden. In der Theorie lässt sich dieser Zusammenhang in etwa wie folgt skizzieren: Sind die Kurse von Anleihen hoch und die Zinsen entsprechend niedrig wächst die relative Attraktivität des Aktienmarktes durch die niedrigen Opportunitätskosten. Das führt zu Kapitalströmen aus dem Anleihe- in den Aktienmarkt, wodurch die Kurse am Bondmarkt sinken und Aktien teurer werden so dass die Kapitalströme im Saldo versiegen und das Intermarket-Gleichgewicht wieder hergestellt ist.
Ein erheblicher Teil der aktiven Anleihestrategien ist für private Investoren nicht umsetzbar. Institutionelle Anleger tauschen die Renditen ihrer Portfolios zu Optimierungszwecken über Swaps gegenseitig aus oder nutzen kurzzeitige Ineffizienzen am Markt für Arbitrage-Transaktionen. Beide Ansätze stehen Privatanlegern realistischerweise nicht zur Verfügung.
Semiaktive Anleihestrategien
Semiaktive Strategien sehen entweder die Aufteilung des Portfolios auf verschiedene Laufzeiten oder die strikte Anpassung der Portfolioduration an den individuellen Planungshorizont vor. Eine Laufzeitstrategie kann beispielsweise die Aufteilung des Portfolios auf alle verfügbaren Laufzeiten oder einen Teil des verfügbaren Laufzeitbereiches vorsehen. Die Aufteilung kann zu gleichen Teilen oder nach einem festgelegten Schlüssel erfolgen. Zwischenzeitliche, durch Zins und Tilgung anfallende Rückflüsse werden nach demselben Schema in das Portfolio reinvestiert.
So genannte Immunisierungsstrategien sehen die Anpassung der Duration des Gesamtportfolios an den Anlagehorizont vor und „immunisieren“ das Portfolio damit gegen Kursrisiken: Zum festgelegten Zeitpunkt steht das eingeplante Kapital zur Verfügung, weil die Kursrisiken bei entsprechend angepasster Duration keine Rolle mehr spielen.
Passive Anleihestrategien
Passive Anleihestrategien können Buy-and-Hold oder die Investition in einen Rentenindex vorsehen. Auch für passive Anlagestrategien kann der Verlauf der Zinsstrukturkurve eine Rolle spielen, indem z. B. temporär unattraktive Laufzeitbereiche gemieden werden. Passive Strategien verfolgen nicht das Ziel einer Überrendite im Vergleich zum Gesamtmarkt.