ETFs und Fonds – so erfolgt die Besteuerung
ETFs, börsengehandelte Investmentfonds, setzen ihren Siegeszug in der Gunst der Anleger unbeirrt fort. Zwei Punkte sprechen eindeutig für diese Fondsgattung:
- Die Performance kann sich sehen lassen.
- Hinsichtlich der Kosten schlagen sie klassische Fonds um Längen.
Einen Punkt haben ETFs mit klassischen Fonds gemeinsam. Die Erträge und Kursgewinne müssen versteuert werden. Im Jahr 2023 fällt neben der Kapitalertragssteuer auch wieder die Steuer auf die sogenannte Vorabpauschale an, die erstmals seit zwei Jahren wieder von den Anlegern entrichtet werden muss.
Die rechnerische Grundlage für die Vorabpauschale ist der Basiszins, der für das Jahr 2023 von der Deutschen Bundesbank auf 2,55 Prozent festgelegt wurde. Mithilfe dieses Basiszinssatzes rechnen die Finanzämter aus, wie viel von der Rendite einer Anlage bereits vorzeitig abgegeben werden muss.
Das Finanzamt rechnet also mit einer fiktiven Wertsteigerung, dafür wird der aktuelle Wert des Depots mit dem Basiszins von 2,55 Prozent multipliziert. Das Ergebnis wird noch einmal mit dem Wert 0,7 verrechnet, der jedes Jahr gleich bleibt. Die Rechnung zeigt die Auswirkungen des Basiszinses auf den Anlageertrag: Je höher die Zinsen, desto höher der fiktive Ertrag. Mehr zu den Berechnungen der Vorabpauschale kann weiter unten im Ratgeber nachgelesen werden.
Information für Anleger: Vorabpauschale 2023
Für das Jahr 2023 hat das Bundesfinanzministerium einen positiven Basiszins bekannt gegeben. Dieser Zins beträgt 2,55 Prozent. Damit wird die Steuer auf die Vorabpauschale im Jahr 2023 zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder fällig. Details finden Sie hier »
Was Sie über ETFs wissen sollten »
Unnötig kompliziert – Das waren die Probleme der alten Besteuerung
Bis 2018 gab es einige Regelungen, die die Versteuerung von Erträgen bei ETFs und Fonds deutlich erschwerten. So wurden beispielsweise deutsche Aktien in inländischen ETFs überhaupt nicht besteuert. Bei synthetischen thesaurierenden ETFs wurden Kapitalerträge solange wieder angelegt, bis die ETFs veräußert wurden. Das führte zu einer ungewollten Steuerstundung. Bei ausländischen ausschüttenden ETFs bestand die Gefahr der Teilthesaurierung und bei ausländischen, physisch thesaurierenden ETFs die Gefahr der Doppelbesteuerung. Der damit verbundene erhöhte Aufwand bei der Steuererklärung führte häufig dazu, dass Anleger einen Bogen um ausländische ETFs machten.
Alles einfacher mit dem neuen Investmentsteuergesetz
Am 1. Januar 2018 trat das neue Investmentsteuergesetz (InvStG) in Kraft, das die Besteuerung von ETFs und Fonds vereinheitlichen und vereinfachen soll, indem in- und ausländische ETFs und Fonds gleichbehandelt werden. Dadurch ist es für Anleger deutlich einfacher, die Steuererklärung auszufüllen. Waren dafür früher noch 33 Angaben notwendig, sind es nun nur noch vier.
Diese vier Angaben sind:
- Um welche Art von ETF/Fonds handelt es sich?
- Wie viel war der ETF/Fonds zum Beginn des Jahres wert?
- Wie viel war der ETF/Fonds zum Ende des Jahres wert?
- Wie hoch waren die Ausschüttungen?
Nach dem Kauf des ETFs oder Fonds fallen jedes Jahr wiederkehrende Steuern wie die Körperschaftssteuer und die Steuer auf die Vorabpauschale an. Wird ein Wertpapier verkauft, ist die Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag (und ggfs. Kirchensteuer) zu entrichten. Hier ein Überblick:
Steuerabgaben für ETFs und Fonds | ||
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Bezeichnung | Höhe | Fälligkeit |
Körperschaftssteuer auf Dividenden | 15% | sofort bei Zufluss |
Besteuerung der Vorabpauschale | 26,375% x 0,7 – 1,0 (abh. von Teilfreistellung) | am Jahresanfang |
Abgeltungssteuer auf Zinsen und Gewinne | 25% | bei Veräußerung |
Solidaritätszuschlag auf Zinsen und Gewinne | 1,375% | bei Veräußerung |
Kirchensteuer auf Zinsen und Gewinne | 8% – 9% | bei Veräußerung |
Stand: 27.11.2023 |
Von sämtlichen Steuern kann man sich als Einzelperson bis zu einer Freigrenze von 1.000 Euro oder als Lebensgemeinschaft bis 2.000 Euro befreien lassen. Hierzu muss man bei seiner Depotbank einen Freistellungsauftrag stellen. Erträge, die über den Freigrenzen liegen, müssen versteuert werden.
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Körperschaftssteuer und Vorabpauschale
Um die einheitliche Besteuerung von Dividendenerträgen inländischer und ausländischer ETFs zu gewährleisten, wurde die sogenannte Körperschaftssteuer in Höhe 15 Prozent bei inländischen ETFs eingeführt. Die Höhe entspricht der Höhe der Quellensteuer auf deutsche Aktien in ausländischen Fonds gemäß vieler Doppelbesteuerungsabkommen.
Auch die Vorabpauschale ist seit 2018 neu. Sie bezeichnet den Betrag, der zum Jahresanfang mit der Abgeltungssteuer und unter eventueller Berücksichtigung der Teilfreistellung versteuert wird, noch bevor die tatsächlichen Kapitalerträge von Dividenden und Veräußerungsgewinnen feststehen. Dieses Vorgehen soll verhindern, dass sämtliche Steuern auf thesaurierende ETFs bis zum endgültigen Verkauf gestundet werden.
Wichtig!: Wird ein ETF verkauft, werden die im selben Jahr bereits bezahlten Steuern auf die Vorabpauschale mit der nun fälligen Abgeltungssteuer plus Solidaritätszuschlag (und ggfs. Kirchensteuer) verrechnet. Wird der Freibetrag nicht ausgeschöpft, erhält man die vorab gezahlten Steuern zurück und muss auch keine Abgeltungssteuer zahlen.
Wie wird die Vorabpauschale für ETFs und Fonds berechnet?
Die Depotbanken berechnen die Vorabpauschale jedes Jahr im Januar, um die darauf fälligen Steuern ((Abgeltungssteuer + Solidaritätszuschlag und ggfs. Kirchensteuer) multipliziert mit dem Faktor der Teilfreistellung) zu bestimmen, die für das vorherige Jahr anfallen. Als Erstes wird der Basisertrag anhand des Wertes der ETF-Anteile am 1. Januar eines Jahres ermittelt. Gibt es keine Ausschüttungen, ist die Vorabpauschale gleich dem Basisertrag. Um die Steuer für die Vorabpauschale zu bestimmen, wird diese mit dem Basiszins und einem Faktor (hier: 0,7) multipliziert, der von der Höhe der Teilfreistellung (hier: 30 Prozent) abhängig ist. Der Basiszins wird von der Deutschen Bundesbank berechnet und gemäß § 18 Absatz 4 InvStG herangezogen. Hier ein Rechenbeispiel:
Annahme 1: Thesaurierender ETF
- Wert der ETF-Anteile am 31.12.2023 = 20.000 Euro
- Ausschüttungen = 0 Euro
- Kursentwicklungen = 500 Euro
- Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag = 26,375 Prozent = 0,26375
- Basiszins 2023 = 2,55 Prozent = 0,0255
- Teilfreistellung = 30 Prozent im Beispiel
- Vorabpauschale = Basisertrag – Ausschüttungen
- Basisertrag = ETF-Wert zum Jahresanfang x Basiszins 2,55 Prozent (0,0255) x 70 Prozent (0,7)
Berechnung:
Basisertrag = 20.000 Euro x 0,0255 x 0,7 = 357,00 Euro
Vorabpauschale = 357 Euro – 0 Euro = 357,00 Euro
Daraus ergibt sich folgende Besteuerung:
Besteuerung der Ausschüttung = 0 Euro x 0,7 (100% – 30%) x 0,26375 = 0 Euro
Besteuerung der Vorabpauschale = 357,00 Euro x 0,7 (100% – 30%) x 0,26375 = 65,91 Euro
Steuerlast insg. = 0 Euro + 65,91 Euro = 65,91 Euro
Verkauf zum 31.12.2023 zu 20.500 Euro
Steuer beim Verkauf = (20.500 € – 20.000 € – 357 €) x 0,7 x 0,26375% = 26,40 Euro
Annahme 2: Ausschüttender ETF
- Wert der ETF-Anteile am 31.12.2023 = 20.000 Euro
- Ausschüttungen = 300 Euro
- Kursentwicklungen = 500 Euro
- Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag = 26,375 Prozent = 0,26375
- Basiszins 2023 = 2,55 Prozent = 0,0255
- Teilfreistellung = 30 Prozent im Beispiel
- Vorabpauschale = Basisertrag – Ausschüttungen
- Basisertrag = ETF-Wert zum Jahresanfang x Basiszins 2,55 Prozent (0,0255) x 70 Prozent (0,7)
Berechnung:
Basisertrag = 20.000 Euro x 0,0255 x 0,7 = 357,00 Euro
Vorabpauschale = 357 Euro – 300 Euro = 57,00 Euro
Daraus ergibt sich folgende Besteuerung:
Besteuerung der Ausschüttung = 300 Euro x 0,7 (100% – 30%) x 0,26375 = 55,39 Euro
Besteuerung der Vorabpauschale = 357,00 Euro x 0,7 (100% – 30%) x 0,26375 = 65,91 Euro
Steuerlast insg. = 55,39 Euro + 65,91 Euro = 121,30 Euro
Verkauf zum 31.12.2023 zu 20.500 Euro
Steuer beim Verkauf = (20.500 € – 20.000 € – 57 €) x 0,7 x 0,26375% = 81,79 Euro
Steuerlast insgesamt: 121,30 € + 81,79 € = 203,09 Euro
Im Jahr 2023 hat das Bundesfinanzministerium den Basiszins auf 2,55 Prozent festgelegt, in den vergangenen beiden Jahren war dieser negativ. Der Basiszins darf laut Definition nicht negativ sein, deshalb ist der Basiszins in einem solchen Fall gleich null. In den vergangenen Jahren gab es folgende Zinssätze und Besteuerungen:
Jahr | Zinssatz | Jahr der Besteuerung | Vorabpauschale auf 10.000 Euro | Besteuerung |
2018 | 0,87% | 2019 | 60,90 € | 11,24 € |
2019 | 0,52% | 2020 | 36,40 € | 6,72 € |
2020 | 0,07% | 2021 | 4,90 € | 0,90 € |
2021 | -0,45% | 2022 | nicht möglich | nicht möglich |
2022 | -0,05% | 2023 | nicht möglich | nicht möglich |
2023 | 2,55% | 2024 | 178,50 € | 32,96 € |
Stand: 27.11.2023 |
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Wer nimmt den Steuerabzug vor?
Der Steuerabzug erfolgt durch den Broker, bei dem das ETF- oder Fonds-Depot geführt wird. Da es sich bei der Vorabpauschale um einen Steuerertrag ohne Geldfluss handelt, hat der Anleger die Pflicht, dem Broker den Geldbetrag zur Abführung der Steuer zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet, dass der Anleger genügend Kapital beim Broker oder auf dem Verrechnungskonto hinterlegt haben sollte, um seiner Pflicht nachkommen zu können. Sollte der Broker die Steuern nicht vom Anleger einziehen können, wird das dem Finanzamt gemeldet. Übrigens: Die Vorabpauschale wird auf den Depotbestand per 31.12. fällig.
Der Steuerabzug kann unter Umständen vermieden werden, wenn rechtzeitig ein Freistellungsauftrag durch den Anleger eingereicht wurde. Einzelpersonen haben einen Freibetrag bis zu 1.000 Euro, verheiratete Paare bis 2.000 Euro. Sollte im Betrachtungsjahr ein Verlust entstanden sein, fällt ebenfalls keine Vorabpauschale an.
Worauf müssen Anleger achten?
Werden Anteile eines Fonds oder ETFs verkauft, muss auf den Erlös die Kapitalertragssteuer gezahlt werden. Alles, was bis dahin als Vorabpauschale angefallen ist, wird dann von dem zu zahlenden Betrag abgezogen, sodass der Gewinn nicht doppelt versteuert wird. Übrigens: Wenn Anleger in einen Fonds- oder ETF-Sparplan investieren, fällt pro Sparintervall ein Teil der Vorabpauschale an.
Fazit
Die Vorabpauschale wird erstmals seit zwei Jahren wieder fällig. Das bedeutet für Anleger, dass sie auf eventuelle Gewinne durch ETFs oder Fonds nun wieder eine Steuer auf die Vorabpauschale zahlen müssen. Wie hoch diese ausfällt, hängt unter anderem von der Anlagesumme, dem Basiszinssatz und dem ETF-Wert zum Jahresanfang ab. Wie die Pauschale berechnet werden kann, haben wir in diesem Ratgeber gezeigt. Stellen Anleger keinen Freistellungsauftrag, muss die Vorabpauschale in voller Höhe gezahlt werden. Anleger sollten also darauf achten, zum Jahresende genügend Guthaben beim entsprechenden Broker zu haben.
Vorabpauschale für das Jahr 2023 / 2024
Im Jahr 2023 wird die Vorabpauschale erstmals seit zwei Jahren wieder fällig. Zuletzt hatte das Bundesfinanzministerium die Besteuerung auf zu erwartende ETF- und Fondserträge ausgesetzt, da der Basiszins in 2021, der als Grundlage für die Berechnung gilt, mit -0,45 Prozent erstmalig negativ war. Auch im Jahr 2022 lag der Zins mit -0,05 Prozent im negativen Bereich.
Laut Definition kann die Vorabpauschale allerdings nicht negativ werden. Nach der Zinswende für das Jahr 2023 fällt die Vorabpauschale nun wieder an, da der Zins mit 2,55 Prozent wieder positiv ist.
Weiterführende Literatur
www.gesetze-im-internet.de – Investmentsteuergesetz (InvStG)