Aktien vs. Anleihen: Die Umschichtung hat begonnen
Nach dem unerwarteten Sieg von Donald Trump bei der Wahl zum US-Präsidenten reagierten rasch auch die internationalen Finanzmärkte. Die Frage, ob Aktien oder Anleihen das „bessere“ Anlageinstrument sind, wurde wohl selten so heiß diskutiert wie in diesen Tagen. Der Kapitalmarkt legt dabei jedes Wort des umstrittenen zukünftigen US-Präsidenten auf die sprichwörtliche Goldwaage, was in erster Linie turbulente Auswirkungen auf den Aktienmarkt bzw. auf spezielle Branchen und Unternehmen hat. Experten zufolge könnte die Rally am Markt für Anleihen nach nunmehr drei Jahrzehnten dennoch beendet sein. Investoren reagieren in diesen Tagen nämlich mit einer Umschichtung von Anleihen in Aktien im großen Stil. Aber sind Aktien in dieser Zeit wirklich die bessere Alternative oder im Vergleich zu Anleihen nur das geringere „Übel“? Wo sollten Anleger jetzt einsteigen, wie sollten sie dies tun (z.B. eigenes vs. gemanagtes Depot, RoboAdvisor etc.) und inwiefern würde sich eine Erhöhung der Leitzinsen auswirken?
Die Zinsen am internationalen Kapitalmarkt haben bereits wenige Tage nach dem unerwarteten Sieg von Donald Trump spürbar angezogen. Die Vereinigten Staaten verfügen über den größten Anleihemarkt weltweit. Kein Wunder also, dass sich hier der Dreh- und Angelpunkt für die Entwicklung im Anleihenmarkt befindet. Experten begründen die Entwicklung am Finanzmarkt mit Trumps Wahlprogramm, welches unter anderem höhere Fiskalausgaben sowie Steuersenkungen vorsieht. Ein Konjunkturpaket im großen Stil also. Die Wirtschaft könnte damit angekurbelt werden – ebenso wie die Inflation. Und das wiederum ist auch aus europäischer Sicht wünschenswert.
Inhaltsverzeichnis
- Staatsanleihen mit ungewöhnlichen Schwankungen
- Trend: Bei Untersicherheit kurzfristig rein in die Anleihe
- Aktien vs. Anleihen: Dividendenrendite gegen Anleihen-KGV
- Trump-Siegeszug: Diese Aktien sollten jetzt aus dem Depot entfernt werden
- Was ein höherer EZB-Leitzins jetzt zur Folge hätte
- Tipps für Anleger: Wie sollte jetzt investiert werden?
- Fazit
Staatsanleihen mit ungewöhnlichen Schwankungen
Staatsanleihen in Europa erfahren angesichts der derzeitigen Entwicklungen in den Vereinigten Staaten nahezu überall einen deutlichen Zuwachs. Besonders stark war der Anstieg der Staatspapiere bei den Europa-Sorgenkindern Griechenland und Italien (+ 18 Basispunkte). Berücksichtigt werden sollte aber die Tatsache, dass sich hier länderspezifische Risiken obendrein ausgewirkt haben (u.a. Verfassungsreferendum in Italien und Entscheidung über zukünftige Hilfszahlungen für Griechenland).
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In Deutschland stieg die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe am Montag, 14. November indes auf 0,385 Prozent (+ 8 Basispunkte). Zuwachs gab es mit einer Rendite von über 1,0 Prozent ebenfalls bei den 30-jährigen Anleihen der Bundesrepublik. Steigende Renditen haben dabei zwangsläufig sinkende Anleihekurse als Folge.
Direkt nachdem der Trump-Sieg offiziell war, sah die Situation allerdings noch ganz anders aus: Die 10-jährige Bundesanleihe sackte im frühen Handel des „Trump-Siegtages“ auf 0,9 Prozent ab (- 9 Basispunkte). Schon kurze Zeit später setzte sich der Trend in die entgegengesetzte Richtung fort.
Warum diese Entwicklung? Der zukünftige US-Präsident Trump hat deutlich höhere Fiskalausgaben geplant (mindestens doppelt so hoch wie Konkurrentin Clinton). Die Auswirkung: Bondrenditen, die gerade im europäischen Raum kleinere Höhenflüge hinlegten. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) zog hieraus Konsequenzen und bremste das umfangreiche Programm zum Anleihekauf aus.
Die gestiegenen Renditen für die Bonds haben zwar zur Folge, dass mehr Anleihen für EZB-Käufe vorhanden sind, gleichzeitig muss man allerdings berücksichtigen, dass mit höheren Bondsrenditen auch ein gewisses Gefahrenpotenzial für die Wirtschaft einhergeht. So steigen durch höhere Renditen nämlich Finanzierungskosten, was wirtschaftlich natürlich negative Auswirkungen hat. Man darf gespannt sein, wie die Europäische Zentralbank bei ihrer anstehenden Ratssitzung (8. Dezember) auf die aktuelle Entwicklung reagieren wird.
Trend: Bei Untersicherheit kurzfristig rein in die Anleihe
Der „Trump-Schock“, wie er unter anderem von der Commerzbank bezeichnet wurde, hatte zur unmittelbaren Folge, dass viele Anleger kurzfristig in Anleihen geflüchtet sind. Solche Wertpapiere gelten zumindest im europäischen und amerikanischen Raum als weitestgehend ausfallsicher. Und angesichts turbulenter Zeiten, die unter Trump bevorstehen, wissen Investoren dieses niedrige Ausfallrisiko der Industrienationen-Anleihen durchaus zu schätzen.
Interessant ist hierbei, dass die Flucht in Anleihen nur von kurzer Dauer ist. Nachdem die Kurse kurzfristig stiegen, die Renditen dementsprechend sanken, bot sich schon wenig später ein umgekehrtes Bild: Investoren ziehen im großen Stil ihr Kapital aus den Anleihen zurück in die Aktien. Sicherheit ist also nur ein kurzfristiges und vielleicht sogar ein trügerisches Lockmittel bei den Anleihen.
Die Gründe für dieses Verhalten liegen wohl in erster Linie in der Zinspolitik sowie im US-Haushalt, der angesichts sinkender Steuerbelastungen und zugleich höheren Ausgaben vor allem für die Infrastruktur bei vielen Fachleuten auf wackeligen Beinen steht.
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Aktien vs. Anleihen: Dividendenrendite gegen Anleihen-KGV
Nahezu alle DAX-Unternehmen beteiligen ihre Aktionäre am Firmenerfolg und schütten eine jährliche Dividende aus. Die Dividendenrendite allein kann dabei hinsichtlich der Attraktivität mit nahezu allen anderen Anlagemöglichkeiten konkurrieren. Natürlich finden auch Dividendenausschüttungen abseits vom DAX statt (z.B. im MDax oder im EuroStoxx 50). Nicht zu vergessen ist dabei der Aspekt, dass die Dividende bei der Aktie nur einen Teilbereich des Gesamtertrags ausmacht. Der eigentliche Gewinn wird nämlich wie bekannt über den Zuwachs des Aktienkurses erzielt. Aber wie hoch sind die Dividenden und das KGV der DAX-Unternehmen im Jahr 2015 ausgefallen?
Die Top-10-Dividenden der DAX-Unternehmen im Jahr 2015: | ||
---|---|---|
Unternehmen | Dividendenausschüttung (2015) | KGV |
Stand: 06. Juni 2019 | ||
E.ON SE | 6,39 % | 7,19 |
Münchner Rück | 5,01% | 6,64 |
Allianz | 4,55% | 10,23 |
Daimler | 4,51% | 11,56 |
BASF | 4,46% | 12,46 |
ProSieben Sat.1 Media SE | 4,39% | 14,25 |
Deutsche Lufthansa | 4,34% | 8,69 |
Siemens | 4,31% | 10,16 |
Deutsche Telekom | 4,15% | 12,23 |
Vonovia | 3,98% | 14,37 |
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Parallel muss der Investor sein Augenmerk selbstverständlich auch bei der Kursentwicklung setzen. In einigen Fällen wird die scheinbar profitable Dividendenausschüttung dann nämlich von den hohen Kursverlusten aufgefressen.
Und wie sieht die Performance der Unternehmens- und Bundesanleihen aus?
Performance der Unternehmens- und Bundesanleihen | ||||
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Name | Rendite | Preis 52-W-Tief | Preis 52-W-Hoch | KGV |
Stand: 15. November 2016 | ||||
US-Staatsanleihen (10 Jahre) |
2,123 % | 96,210 | 105,076 | 47,103 |
Bundesanleihen (10 Jahre) |
-0,221 % | 96,178 | 106,816 | – |
Italien-Anleihen (10 Jahre) |
2,487 % | 1,035 | 2,228 | 40,209 |
Lufthansa Anleihe (1,125% bis 12.09.19) |
0,2298 % | 100,19 | 100,50 | 4,30 |
German Pellets Anleihe (7,25% bis 27.11.2019) |
– % | 0,25 | 1,51 | – |
Aktien / Aktienindizes und Anleihen im direkten Vergleich:
Aktie/Aktienindex | Anleihe | ||
---|---|---|---|
Name | KGV | Name | KGV |
Stand: 06. Juni 2019, Quelle: boerse.de; eigene Berechnungen | |||
DAX | 13,26 | Bundesanleihen (10 Jahre) |
– |
Dow Jones | 20,27 | US-Staatsanleihen (10 Jahre) |
47,103 |
Deutsche Lufthansa | 3,89 | Lufthansa Anleihe (1,125% bis 12.09.19) |
4,30 |
Trump-Siegeszug: Diese Aktien sollten jetzt aus dem Depot entfernt werden
Schon während des Wahlkampfes hat der zukünftige US-Präsident Trump durchklingen lassen, dass er den Silicon Valley-Größen nicht gerade positiv gesonnen ist. Konkret kritisiert er die Steuervermeidungspolitik der amerikanischen Großunternehmen wie Apple, Facebook, Google und Co. Sein Ziel: Unternehmen wie Apple sollen ihre Produkte vorrangig in den Vereinigten Staaten und nicht etwa in Asien produzieren lassen.
Auch Amazon soll es an den Kragen gehen: Trump hält die Vormachtstellung des Versandriesen kartellrechtlich für bedenklich und möchte dagegen vorgehen.
Schwer treffen könnte es in der Zukunft auch die Exportnationen, mit angeführt von Deutschland. Gerade Autobauer wie BMW, Daimler und Volkswagen profitieren derzeit noch von Exporten auf den US-Markt. Unter Trump könnten Handelsbarrieren und die Stärkung inländischer Produzenten negative Auswirkungen auf deutsche Hersteller haben – nicht nur in der Automobilbranche. Ächzen wird auch der DAX-Riese BASF, der in den Vereinigten Staaten sehr stark engagiert ist.
Die Aktienkurse der genannten Unternehmen verloren nach der Gewissheit um Trumps Sieg zwar deutlich an Wert, eingebrochen sind die Kurse aber nicht. Es bleibt abzuwarten, wie Donald Trump mit seiner Regierung die zukünftige US-Politik gestalten wird, und ob es amerikanischen Steuervermeidungsunternehmen genauso an den Kragen gehen wird wie deutschen Autobauern und anderen DAX-Größen mit nennenswertem US-Geschäftsbereich.
Auch Transportunternehmen wie UPS und FedEx werden zu den großen Verlierern unter Trump zählen. Das liegt ganz einfach in der geplanten „Abschottung“ Amerikas in Richtung einer Anti-Globalisierung.
Empfehlung: Aktien von amerikanischen Großunternehmen wie Apple, Amazon, Facebook und Google sollten angesichts der Pläne des baldigen US-Präsidenten mit Vorsicht genossen werden. Sie sind genau wie Aktien von deutschen Automobilherstellern und Unternehmen mit nennenswertem US-Geschäft derzeit recht spekulativ – mit hohen Schwankungen muss also gerechnet werden.
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Was ein höherer EZB-Leitzins jetzt zur Folge hätte
Bereits seit dem 10. März 2016 stagniert der Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) bei 0,0 Prozent. Eine Anhebung des Leitzinses hätte dabei unmittelbare Auswirkungen auf Sparer, Staat, Konjunktur und Inflation. Geldanleger würden beispielsweise wieder von höheren Zinserträgen profitieren. Andersherum müssen Schuldner (Privatpersonen, Unternehmen und auch Staaten) für Kredite höhere Kosten aufwenden. Das wiederum würde die Investitionsbereitschaft senken und sich dementsprechend negativ auf die Wirtschaft auswirken.
Prognostiziert werden könnte im Falle einer Leitzinserhöhung insbesondere eine attraktive Renditeerhöhung bei den Staatsanleihen. Schließlich müssten sich auch die Staaten wieder teurer Kapital beschaffen – eben zum Beispiel über Staatsanleihen.
Darüber hinaus würde im Falle einer solchen Erhöhung durch die EZB der Euro aufgewertet werden. Exporte werden geschmälert, Importe profitieren. Für ein Exportland wie Deutschland auf jeden Fall ein massives Minusgeschäft.
Auf die Aktienmärkte wirkt sich eine höhere Zinspolitik grundsätzlich negativ aus. Warum? Ganz einfach: Die gestiegenen Zinsen machen es für Unternehmen unattraktiver, zu investieren. Die teuren Kredite drücken also die gesamtgesellschaftliche Nachfrage und damit auch die Konjunktur. Das für Deutschland so wichtige Exportgeschäft wird zurückgefahren, die Aktienkurse werden abhängig von der Intensität der Erhöhung tendenziell also eher fallen.
Mit einer Erhöhung des Leitzinses wirken die Notenbanken einer drohenden Inflation entgegen. Aus einer Inflation resultiert ein Risiko für eine Wirtschaftskrise und die allgemeine Geldwertstabilität ist in Gefahr.
Übrigens: Der Leitzins der US-Notenbank liegt seit Dezember 2015 bei 0,25-0,5 Prozent.
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Tipps für Anleger: Wie sollte jetzt investiert werden?
Die Möglichkeiten, wie man als Anleger heute investieren kann, sind vielfältig. Man kann sich entweder ganz klassisch für ein eigenes oder gemanagtes Depot entscheiden, oder man setzt auf eines der vielen Fintech-Start-ups und nutzt einen sogenannten RoboAdvisor. Doch wie sollte man sich als Anleger angesichts der gebotenen Vielfalt entscheiden?
Gerade als Anfänger mag es natürlich verlockend sein, sich für ein gemanagtes Depot zu entscheiden. Hier stellt ein professioneller Fondsmanager die aussichtsreichsten Anlagen zusammen. Doch die Expertise eines solchen Fachmannes muss nicht zwangsläufig zu einer hohen Rendite führen. Die Vergangenheit hat gelehrt, dass zum Teil gerade gemanagte Depots hinter den Renditeerwartungen zurückbleiben. Wer sich also beispielsweise für ein Depot mit gemanagten Fonds entscheidet, ist nicht zwangsläufig auf der Erfolgsspur unterwegs.
Dagegen bietet ein eigenes Depot über einen Broker oder Fondsvermittler ein hohes Maß an Freiheit und damit eigene Entscheidungskompetenz. Gleichzeitig ist man hier natürlich seines eigenen Glückes Schmied. Außerdem steht man zunächst vor der Herausforderung, einen seriösen und preiswerten Online-Broker ausfindig zu machen.
Empfehlung: In vielen Fällen ist es wohl die beste Option, sich für einen leistungsstarken und preiswerten Online-Broker, also für ein eigenes Depot, zu entscheiden. Wer sich für ein gemanagtes Depot entscheidet, sollte keinesfalls das gesamte Kapital auf einmal zur Verfügung stellen. Schließlich ist man in einem solch geführten Depot fremdgesteuert und auf die richtige Entscheidung eines Managers angewiesen. Grundsätzlich raten wir natürlich zu einem ausgewogenen „Anlagemix“. Das bezieht sich nicht nur auf die Anlageprodukte selbst, sondern insbesondere auch auf die Art des Depots (eigenes/gemanagtes).
Und was hat es mit einem RoboAdvisor auf sich? Hierbei handelt es sich um computerentwickelte Strategien zur Geldanlage. RoboAdvisor (engl. für Anlage-Roboter) stellen für Investoren ein Portfolio bestehend aus den klassischen Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Rohstoffe) zusammen. Das Portfolio wird dabei zumindest grob auf die Bedürfnisse des jeweiligen Anlegers abgestimmt (meist mittels Fragebogen). Solche Fertig-Portfolios werden von sogenannten Fintech-Start-ups angeboten. Natürlich lassen sich die Unternehmen diesen Service bezahlen. Für die Zukunft ist allerdings damit zu rechnen, dass dem RoboAdvisor eine immer größere Bedeutung beigemessen wird.
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Hier erreichten wir im Zeitraum vom 1. Mai bis 31. Oktober 2016 eine Performance zwischen 2,4 Prozent (Cashboard) und 6,3 Prozent (Whitebox).
Fazit
Die Flucht in Anleihen war bei vielen Anlegern nur von kurzfristiger Dauer. Gegenwärtig findet eine Umschichtung in Richtung der Aktien statt. Überzeugen können DAX, MDAX und Co. nicht nur durch Kurszuwächse, sondern vor allem durch die jährliche Dividendenausschüttung, die schon mal an die fünf Prozent betragen kann. Anleihen können da hinsichtlich der Profitabilität im Regelfall nicht mithalten. Inwiefern sich Aktien- und Anleihenmärkte in naher Zukunft entwickeln werden, hängt wohl insbesondere von der politischen Richtung ab, die der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten, Donald Trump, einschlagen wird.
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Quellen:
Handelsblatt – Anleihen: Ausverkauf am europäischen Bondmarkt
Handelsblatt – Anleihen: Die Flucht in die Sicherheit hält an
fr-online – Was bewirkt die Leitzinserhöhung der EZB?
finanzen.net – 10-jährige Rendite deutscher Anleihen klettert auf höchsten Stand seit Januar