Aktienrente in Deutschland

Mit Aktien für das Alter vorsorgen – der Gedanke ist nicht unbedingt neu. Allerdings ist eine staatlich verordnete Anlage in Wertpapiere eine andere Angelegenheit. Auch in Deutschland steht eine solche Aktienrente inzwischen auf der Agenda bzw. die Aktienrücklage. Wir betrachten nachfolgend, wie sich diese Vorsorge künftig gestalten soll und welche Staaten bereits entsprechende Aktienrenten verwenden.


Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Altersvorsorge: Start einer Aktienrücklage für 2023 geplant
  • Finanzierung des Kapitalstocks erfolgt über ein Darlehen
  • Aktienrente in Schweden dient als Vorbild, wird aber zunächst nicht so umgesetzt

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Wie funktioniert die Aktienrente?

Prinzipiell sollte sich die Aktienrente am schwedischen Vorbild orientieren. Der Grundgedanke: Jeder Versicherte zahlt einen gewissen Prozentsatz des eigenen Bruttoeinkommens in eine gesetzliche Aktienrente. Der entsprechende Anteil wird bei der gesetzlichen Rentenversicherung reduziert. Weil es für dieses Modell aber derzeit keine Mehrheit gibt, kommt stattdessen zunächst die bereits anfangs erwähnte Aktienrücklage ins Spiel.

Aktienrente in Deutschland

Vorgesehen ist, im kommenden Jahr einen Kapitalstock von zehn Milliarden Euro als Anschubfinanzierung zweckgebunden am Kapitalmarkt anzulegen. Darüber hinaus sollen zur zusätzlichen Eigenkapitalunterlegung im Jahr 2023 Sacheinlagen, z. B. Beteiligungen des Bundes an Unternehmen, an den Fonds übertragen werden. [2]

Kurzum: Basis des Konzepts ist die Einrichtung einer öffentlich finanzierten und verwalteten Aktienrücklage. Der entsprechende Fonds ist als global-diversifizierte, langfristige und kontinuierliche Kapitalanlage geplant.

Erträge aus diesen Wertpapieren fließen dann ab Mitte der 2030er Jahre in die Rentenversicherung und stärken prinzipiell deren finanziellen Bestand. Wichtigster Aspekt: Der Betrag von zehn Milliarden Euro wird als Darlehen aufgenommen werden. Dieses Darlehen soll der Fonds dem Bund in Höhe seiner Refinanzierungskosten verzinsen.

Laut einem Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums, welches der FAZ vorliegt, sollen die institutionellen Voraussetzungen zur Errichtung der Aktienrücklage durch ein Gesetzgebungsverfahren geschaffen werden. Jenes ist für das 1. Halbjahr 2023 angedacht.

Aktienrücklage in Deutschland

Kritik an der Finanzierung der Aktienrente

Generell gilt bei vielen Experten als sicher, dass eine Anlage von zehn Milliarden Euro nicht ausreichen wird. Entsprechend gibt es beim Bundesfinanzministerium den Wunsch, künftig regelmäßig weiteres Geld, t. B. zehn Milliarden Euro jährlich, zusätzlich in den Aktienfonds einzuzahlen. Das berichtete das Handelsblatt. [3]

Ein häufiger Einwand erfolgt zu den Kreditkosten: Der Bund verweist in dieser Hinsicht darauf, dass Anlagen am Kapitalmarkt in der Regel im langfristigen Durchschnitt höhere Erträge erzielen, als Kosten durch die Finanzierung mittels Kredit entstehen. Dies wird im Eckpunktepapiere mit den Hinweis auf empirische Studien angeführt. Ein Kommentar der Börsen-Zeitung [1] erklärt aber beispielsweise, dass es sich bei solchen Annahmen nicht um Automatismen handelt. Der angepeilte Ausgang sei nicht garantiert und Aktienmärkte könnten sich langfristig auch schlechter entwickeln. Dann wäre ein „schuldenfinanzierter Aktientopf ein Verlustgeschäft.“ Zudem seien die Auswirkungen auf die Staatschulden schwierig vorhersagbar und komplex. Eine weitere Kreditaufnahme könne am Kapitalmarkt höhere Refinanzierungssätze für den Staat nach sich ziehen, was zusätzliche Belastungen bedeute.

Darüber hinaus sehen einige Kritiker die Verrechnung des Darlehens als Trickserei an, da die Bundesregierung im Fall der Aktienrente der gesetzlichen Schuldenbremse entgeht. Die Finanzierung lässt sich nämlich als Vermögenstransaktion klassifizieren, d. h. der Bund erwirbt Forderungen gegenüber dem Fonds. Kurzum: Keine Schulden im Sinne der Schuldenbremse.

In der FAZ wird ebenfalls in einem Kommentar die Frage aufgeworfen, wie gewährleistet wird, dass die staatlich verwaltete Rücklage im privaten Wettbewerb mithalten kann. [4]

Abschließend dürfte relevant für diese Art der Vorsorge sein, dass der öffentlich verwaltete Fonds nicht für zweckfremde Aufgaben angezapft werden darf. Dafür müssen gesetzliche Regelungen geschaffen werden.

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Ein Blick nach Schweden und Norwegen

Besonders bekannt und immer wieder genannt wird das Rentensystem aus Schweden. Werfen wir einen Blick auf diese Variante. Jene beinhaltet zwar eine Aktienrente, aber nur als einen Bestandteil der Rentenstruktur. Insgesamt besteht das Rentensystem in Schweden aus mehreren Säulen: Einer betrieblichen Altersvorsorge, einer privaten Altersvorsorge sowie der staatlichen Alterssicherung. Im Gegensatz zum deutschen Modell, wird von den Einzahlungen in die gesetzliche Rente (in Schweden fließen insgesamt 18,5 Prozent des Einkommens in diese Altersrente) nun ein Teil in einem Fonds angelegt. Dieser Anteil beträgt 2,5 Prozent des Einkommens. Die übrigen 16 Prozent wandern weiter in ein klassisches Rentensystem.

In der Regel wird das Geld in den Staatsfonds AP7 Såfa eingezahlt, sofern sich nicht aktiv für einen anderen Fonds entschieden wird (dafür stehen rund 800 Alternativen zur Verfügung). In Schweden funktioniert dieser staatliche „Zwang“ sehr gut und ist vergleichsweise beliebt. Die durchschnittlichen Renditen lagen in den letzten Jahren meist im zweistelligen Bereich und die Gesamtkosten betragen ca. 0,09 Prozent (Morningstar [5]).

Ein ähnliches System gibt es in Norwegen. Dort zahlen Arbeitgeber mindestens zwei Prozent des Bruttolohns ihrer Angestellten in eine am Kapitalmarkt orientierte Betriebsrente. Die Gelder landen üblicherweise in Fonds. Der Staatsfonds (Statens pensjonsfond) in Norwegen gilt als besonders erfolgreiches Modell. Jener verwaltet etwas mehr als 1,2 Billionen Euro (Stand: März 2022) bzw. 11,7 Billionen NOK. Der Fonds hält über 9.100 Beteiligungen in 73 Staaten weltweit.

Pro & Contra: Warum eine Aktienrente (keinen) Sinn macht

Für die Aktienrente spricht, dass aktiv in die eigene Rente investiert wird und die Kosten deutlich niedriger als bei Riester & Co. sein dürften. Die langfristigen Aussichten sind, trotz aller Kritik, ebenfalls vergleichsweise gut. Allerdings lassen sich Krisen an den Kapitalmärkten, wie sie derzeit durchlaufen werden, auch in Zukunft nicht ausschließen. Auch ist eine zusätzliche finanzielle Belastung bei der jüngeren Generation kaum vermeidbar. Mitunter wird zudem darauf verwiesen, dass der Kapitalaufbau des geplanten Systems sehr lange dauern wird und das bestehende Rentensystem nicht mehr so lange durchhält.


Weiterführende Links

[1] Presseportal – Kommentar Börsen-Zeitung

[2] FAZ – Das Modell für die Aktienrente steht

[3] Handelsblatt – Lindner will für die Aktienrente zehn Milliarden Euro im Haushalt 2023 einplanen

[4] FAZ – Kommentar: Tücken der Aktienrente

[5] Morningstar – Bewertung/Kosten AP7 Såfa, 15.11.2022