Reaktion der Börse auf Leitzinsänderungen
Die Europäische Zentralbank, die Federal Reserve oder die Bank of England – Zentralbanken weltweit haben die Leitzinsen in den letzten Monaten angepasst. Das hat sich auch an den Börsen bemerkbar gemacht, denn die Leitzinsen sind ein entscheidener Faktor für die Finanzmärkte, da sie die Kosten der Kreditaufnahme für Unternehmen beeinflussen. Höhere Zinsen können Unternehmen belasten, da ihre Finanzierungskosten steigen, während niedrigere Zinsen tendenziell die Wirtschaft ankurbeln und den Aktienmarkt stimulieren. In diesem Ratgeber werfen wir einen Blick darauf, wie sich Leitzinsänderungen seit 2008 auf verschiedene Indizes ausgewirkt haben und welche Muster dabei erkennbar sind.
Das Wichtigste im Überblick:
- EZB, Fed oder BoE – Zentralbanken weltweit haben in den letzten Monaten die Leitzinsen angepasst.
- Die Leitzinsänderungen haben sich auch auf die Kurse von Aktien, ETFs und ganzen Indizes ausgewirkt.
- Steigende Zinsen sind meist ein Hinweis auf einen folgenden Bärenmarkt, sinkende Leitzinsen können Aktienkurse beflügeln.
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Inhaltsverzeichnis
Leitzinsen: EZB, Fed und BoE
Die EZB hält an ihrem Kurs fest: In der letzten Ratssitzung des Jahres beschloss die Europäische Zentralbank (EZB) eine weitere Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Eine Entscheidung, die nicht wirklich überraschte. Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte fällt damit ab dem 18. Dezember 2024 auf 3,15 Prozent, während der für Banken und Sparer relevante Zins für die Einlagenfazilität auf glatte 3,00 Prozent sinkt. Darüber hinaus wurde der Zins für die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 3,40 Prozent gesenkt. Die erneute Zinssenkung bestätigt erneut den Kurs der EZB, die Zinsen in beständigem, wenn auch eher langsamen Tempo, anzupassen. Ab dem 18. Dezember 2024 gelten also folgende Leitzinsen in der Eurozone:
- Leitzins EZB: 3,15 Prozent
- Spitzenrefinanzierungsfaszilität EZB: 3,40 Prozent
- Einlagenfaszilität EZB: 3,00 Prozent
Und wie geht es weiter? Laut der EZB schreitet der Disinflationsprozess gut voran. Für das Jahr 2024 wurde eine Inflation von 2,4 Prozent prognostiziert, für 2025 2,10 Prozent und für 2026 eine Inflation von 1,90 Prozent. Das angestrebte Ziel von etwa zwei Prozent Inflation könnte also mittelfristig erreicht werden.
Eine entscheidende Aussage für den aktuellen Schritt dürfte die Projektion einer langsameren konjunkturellen Erholung als bisher erwartet sein. Zwar ist das Wirtschaftswachstum in der EU im 3. Quartal 2024 gestiegen, jedoch schreitet der Prozess nicht so schnell wie erhofft voran. Das Wirtschaftswachstum für 2024 soll 0,7 Prozent betragen und 2025 auf 1,1 Prozent steigen. Für das Jahr 2025 hat die EZB insgesamt acht Termine für Ratssitzungen festgelegt. Das nächste Treffen findet demnach am 30. Januar 2025 statt. Danach gibt es eine Pause bis zum 6. März.
Und International? Die Fed, die US-amerikanische Notenbank, tat es der EZB gleich und senkte den Leitzins zum dritten Mal dieses Jahr auf eine Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. Damit bleibt der Leitzins der Zentralbank in Washington weiter deutlich höher als im EU-Raum. Für das Jahr 2025 schätzen Experten mit weiteren Zinssenkungen um etwa 0,50 Prozentpunkte.
Die Bank of England, die britische Zentralbank, hat den Leitzins im Jahr 2024 insgesamt zweimal gesenkt. Der aktuelle Leitzins der BoE liegt bei 4,75 Prozent und bleibt damit weiterhin auf einem vergleichsweise hohen Niveau. In den vergangenen Jahren hatte Großbritannien mit einer ausgeprägten Inflation zu kämpfen, die im Jahr 2022 einen Höchststand von 9,6 Prozent erreichte. Laut Experten dominiert derzeit weiterhin die Sorge vor einem erneuten Anstieg der Inflation, da sich das Risiko einer solchen Entwicklung zuletzt wieder verstärkt hat.
- Aktueller Leitzins Federal Reserve (Fed): 4,25 bis 4,50 Prozent
- Aktueller Leitzins Bank of England (BoE): 4,75 Prozent
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Reaktionen von Indizes auf Leitzinsänderungen
Im Folgenden betrachten wir die Reaktion von Indizes wie dem DAX, dem Dow Jones oder dem S&P500, wenn sich die Leitzinsen der entsprechenden Zentralbanken gesenkt oder erhöht haben. Dabei betrachten wir alle Leitzinsänderungen der EZB, der BoE und der Fed seit dem Jahr 2008 bis 2024.
Zentralbank | Index | Anzahl Senkungen | 1 Woche später (Minus/Plus) | 6 Monate später (Minus/Plus) | 12 Monate später (Minus/Plus) |
---|---|---|---|---|---|
EZB | DAX | 19 | 11 x Minus / 8 x Plus | 3 x Minus / 12 x Plus | 0 x Minus / 15 x Plus | EZB | EuroStoxx 50 | 19 | 12 x Minus / 7 x Plus | 5 x Minus / 10 x Plus | 1 x Minus / 14 x Plus |
Bank of England | FTSE 100 | 13 | 7 x Minus / 6 x Plus | 4 x Minus / 7 x Plus | 2 x Minus / 9 x Plus |
Fed | Dow Jones | 13 | 7 x Minus / 6 x Plus | 11 x Minus / 1 x Plus | 7 x Minus / 5 x Plus |
Fed | S&P 500 | 13 | 6 x Minus / 7 x Plus | 9 x Minus / 3 x Plus | 4 x Minus / 8 x Plus |
Quelle: Eigene Berechnungen / Stand: 11.2024 |
Reaktion auf Zinssenkungen der EZB
- DAX: Nach 19 Zinssenkungen zeigte der DAX eine gemischte Reaktion eine Woche nach einer Leitzinssenkung (11-mal Minus, 8-mal Plus). Langfristig jedoch überwog der positive Effekt: 12 Monate nach den Senkungen gab es 15 Mal ein Plus und kein einziges Minus.
- EuroStoxx 50: Ähnlich verhält es sich mit dem EuroStoxx 50. Während die kurzfristige Reaktion uneinheitlich war (12-mal Minus, 7-mal Plus), zeigte der Index ein Jahr später in 14 von 15 Fällen einen positiven Verlauf.
Reaktion auf Zinssenkungen der BoE
- FTSE 100: Nach 12 Zinssenkungen hielt sich die Waage zwischen positiven und negativen Reaktionen eine Woche nach einer Senkung (7-mal Minus, 6-mal Plus). Über einen längeren Zeitraum dominierte jedoch das Plus: 12 Monate später verzeichnete der Index 9 Mal ein Plus bei nur 2 Minussen.
Reaktion auf Zinssenkungen der Fed
- Dow Jones: Die Reaktionen auf Zinssenkungen der Fed waren kurzfristig und langfristig stärker durchwachsen. Nach 12 Senkungen verzeichnete der Dow Jones in der Mehrzahl der Fälle Verluste, sowohl eine Woche später (7-mal Minus) als auch ein halbes Jahr später (11-mal Minus). Selbst nach 12 Monaten war das Bild geteilt, mit 7 Minussen gegenüber 5 Pluspunkten.
- S&P 500: Der S&P 500 zeigte ein ähnliches Bild. Während die kurzfristigen Reaktionen ausgeglichen waren (6-mal Minus, 7-mal Plus), überwogen nach einem Jahr positive Bewegungen (8-mal Plus gegenüber 4-mal Minus).
Zentralbank | Index | Anzahl Erhöhungen | 1 Woche später (Minus/Plus) | 6 Monate später (Minus/Plus) | 12 Monate später (Minus/Plus) |
---|---|---|---|---|---|
EZB | DAX | 12 | 6 x Minus/ 6 x Plus | 3 x Minus/ 1 x Plus | 2 x Minus/ 10 x Plus | EZB | EuroStoxx 50 | 12 | 4 x Minus/ 8 x Plus | 3 x Minus/ 9 x Plus | 2 x Minus/ 10 x Plus |
Bank of England | FTSE 100 | 16 | 4 x Minus/ 12 x Plus | 7 x Minus/ 9 x Plus | 4 x Minus/ 12 x Plus |
Fed | Dow Jones | 20 | 10 x Minus/ 10 x Plus | 5 x Minus/ 14 x Plus | 3 x Minus/ 16 x Plus |
Fed | S&P 500 | 20 | 12 x Minus/ 8 x Plus | 4 x Minus/ 15 x Plus | 3 x Minus/ 16 x Plus |
Quelle: Eigene Berechnungen / Stand: 11.2024 |
Reaktion auf Zinssenkungen der EZB
- DAX: Nach 12 Zinserhöhungen waren die kurzfristigen Reaktionen ausgeglichen (6-mal Minus, 6-mal Plus). Langfristig (nach 12 Monaten) überwiegt jedoch deutlich das Plus, mit 10 positiven Reaktionen bei nur 2 negativen.
- EuroStoxx 50: Eine Woche nach den Zinserhöhungen zeigte der Index häufiger positive Bewegungen (8-mal Plus gegenüber 4-mal Minus). Nach einem Jahr waren die positiven Reaktionen noch deutlicher (10-mal Plus, 2-mal Minus).
Reaktion auf Zinssenkungen der BoE
- FTSE 100: Von den 16 Zinserhöhungen führten kurzfristig 12 zu positiven Bewegungen (4-mal Minus). Auch nach 12 Monaten setzte sich der positive Trend fort, mit 12 positiven gegenüber 4 negativen Reaktionen.
Reaktion auf Zinssenkungen der Fed
- Dow Jones: Die kurzfristigen Reaktionen auf 20 Zinserhöhungen waren ausgeglichen (10-mal Minus, 10-mal Plus). Langfristig zeigte der Dow jedoch ein klares Plus: Nach 12 Monaten gab es 16 positive und nur 3 negative Entwicklungen.
- S&P 500: Ähnlich wie der Dow Jones zeigte der S&P 500 kurzfristig uneinheitliche Reaktionen (12-mal Minus, 8-mal Plus). Langfristig dominierte jedoch ein positives Bild, mit 16 positiven und nur 3 negativen Entwicklungen nach 12 Monaten.
Update: Reaktion von Indizes auf die jüngsten Leitzinsänderungen (Stand 01.2025)
19.12.2024: Beschluss zur Leitzinssenkung der Fed
Die Fed hat den Leitzins in den USA um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent gesenkt. Die Senkung war die dritte Leitzinssenkung in diesem Jahr, Experten gehen nun erst einmal von einer Zinspause aus. Der Dow Jones reagiert empfindlich auf die Senkung und sank in deren Folge deutlich.
18.12.2024: Beschluss zur erneuten Leitzinssenkung der EZB
Am 18.12.2024 beschloss die EZB, den Leitzins erneut zu senken, diesmal auf ein Niveau von 3,15 Prozent. Der Beschluss eine Woche früher hatte so gut wie keine Auswirkungen auf den DAX, direkt nach der Senkung am 18. Dezember sank der DAX jedoch deutlich. Auch Tage später konnte sich der Kurs noch nicht vollständig wieder erholen.
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Risikohinweis: Die Investition in Wertpapiere birgt verschiedene Risiken.
DAX40
Reaktionen des DAX auf Leitzinsänderungen der EZB | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Datum | Leitzins | Zinsänderung | Veränderung beim DAX40 | |||
1 Woche | 1 Monat | 6 Monate | 12 Monate | |||
08.10.2008 | 3,75% | -0,5 | -3,03% | 0,24% | -13,08% | 8,07% |
06.11.2008 | 3,25% | -0,5 | -3,41% | -8,98% | -0,20% | 14,02% |
04.12.2008 | 2,50% | -0,75 | 4,45% | 8,96% | 10,97% | 27,46% |
15.01.2009 | 2,00% | -0,5 | -2,71% | 1,77% | 14,31% | 35,49% |
05.03.2009 | 1,50% | -0,5 | 7,06% | 18,66% | 43,46% | 59,04% |
02.04.2009 | 1,25% | -0,25 | 2,49% | 8,84% | 26,76% | 42,30% |
07.05.2009 | 1,00% | -0,25 | -1,37% | 5,68% | 14,09% | 18,96% |
07.04.2011 | 1,25% | 0,25 | -0,45% | 4,37% | -21,36% | -5,62% |
07.07.2011 | 1,50% | 0,25 | -3,44% | -16,53% | -18,41% | -14,21% |
03.11.2011 | 1,25% | -0,25 | -4,33% | -0,86% | 9,15% | 20,07% |
08.12.2011 | 1,00% | -0,25 | -2,45% | 3,12% | 4,59% | 27,97% |
05.07.2012 | 0,75% | -0,25 | -1,78% | 5,05% | 18,68% | 19,44% |
02.05.2013 | 0,50% | -0,25 | 3,78% | 4,86% | 13,47% | 20,02% |
07.11.2013 | 0,25% | -0,25 | 0,76% | 1,01% | 5,80% | 2,32% |
05.06.2014 | 0,15% | -0,1 | -0,09% | 0,62% | -0,97% | 12,56% |
04.09.2014 | 0,05% | -0,1 | -0,34% | -5,44% | 18,30% | 3,23% |
10.03.2016 | 0,00% | -0,05 | 4,15% | 1,31% | 12,39% | 25,95% |
27.07.2022 | 0,50% | 0,50 | 4,10% | -2,08% | 15,10% | 24,64% |
14.09.2022 | 1,25% | 0,75 | -2,00% | -4,53% | 15,26% | 20,16% |
02.11.2022 | 2,00% | 0,75 | 3,10% | 9,60% | 20,32% | 14,23% |
21.12.2022 | 2,50% | 0,50 | -1,22% | 6,64% | 13,66% | 18,37% |
08.02.2023 | 3,00% | 0,50 | 0,61% | 1,43% | 2,35% | 10,18% |
22.03.2023 | 3,50% | 0,50 | 0,45% | 4,01% | 1,97% | 19,98% |
10.05.2023 | 3,75% | 0,25 | 0,34% | 0,34% | -3,77% | 18,13% |
21.06.2023 | 4,00% | 0,25 | -0,46% | 0,96% | 4,15% | 13,45% |
02.08.2023 | 4,25% | 0,25 | 0,14% | -1,12% | 5,63% | 10,2% |
20.09.2023 | 4,50% | 0,25 | -3,04% | -5,29% | 14,72% | 19,21% |
12.06.2024 | 4,25% | -0,25 | -3,02% | 0,64% | 9,63% | |
18.09.2024 | 3,65% | -0,60 | 1,10% | 5,05% | ||
23.10.2024 | 3,40% | -0,25 | -0,62% | -0,28% | ||
18.12.2024 | 3,15% | -0,25 | -1,28% | |||
Quelle: Eigene Berechnungen / Ariva.de |