Silicon Valley Bank – Droht Anlegern neues Ungemach aus der Banken-Welt?

Eigentlich hätte man ja als Otto Normalverbraucher und ebenso als Anleger nach der globalen Finanzkrise 2008, die vor allem durch die Pleiten der US-Banken Bear Stearns und Lehman Brothers verkörpert wird, davon ausgehen können, dass sich ein solches Szenario eigentlich nicht mehr wiederholt. Doch genau diese Angst ist nun wieder da, denn mit dem Kollaps der Silicon Valley Bank und zwei weiterer US-Banken innerhalb weniger Tage ist das Schreckgespenst einer erneuten Finanzkrise wieder mehr als präsent.

Doch ist diese Angst berechtigt? Was steckt hinter dem Kollaps der SVP und mit welchen Folgen müssen Anleger rechnen? Ist die aktuelle Sorge gar unbegründet? Werfen wir einen Blick auf das, was passiert ist und war, vor allem aber auch darauf, ob die Sorge zahlreicher Anleger generell berechtigt ist.

Das Wichtigste auf einen Blick:

  • Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank beunruhigt die globale Finanz-Branche.
  • US-Präsident Joe Biden fordert strengere Vorschriften bei der Bankenregulierung.
  • Die Bafin schließt die deutsche Zweigstelle der Silicon Valley Bank.
  • Manche Experten vergleichen die Situation mit der Finanzkrise 2008.

Update vom 27.03.2023: Die Silicon Valley Bank wird verkauft: Die First Citiziens Bank übernimmt die Vermögenswerte der SVB, wie die US-Einlagensicherung FDIC mitteilte. Einlagen und SVB-Kredite sind im Kauf inbegriffen, etwa 90 Milliarden Dollar der SVB-Wertpapiere bleiben dagegen unter Zwangsverwaltung der FDIC. Mehr Infos >>

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Wer ist die Silicon Valley Bank?

Die Silicon Valley Bank (SVB) ist ein amerikanisches Finanzdienstleistungsunternehmen, das sich auf die Bereitstellung von Bankgeschäften, Krediten und verschiedenen anderen Dienstleistungen für Unternehmen in der Technologie- und Risikokapitalbranche spezialisiert hat. Die SVB wurde 1983 von Greg Becker, Bill Biggerstaff und Robert Medearis gegründet und ihr Hauptsitz befindet sich in Santa Clara, Kalifornien. Das Hauptgeschäft der Bank war die Bereitstellung von Risikokapitalfinanzierungen für Start-up-Unternehmen. Insgesamt sind weltweit circa 30.000 Start-ups (vor allem aus der Technologie eg. Fintech-Szene mit der Bank direkt oder indirekt verbunden).

Zu den weiteren Dienstleistungen gehörten Treasury Management, Geldanlage, private Vermögensverwaltung, Unternehmensportfolioverwaltung und Merchant Banking. Auch zahlreiche Risiko- und Wagniskapitalgeber wie beispielsweise Green Oak Capital, Coatue Management, Union Square Ventures, Founder Collective und der Founders-Fund von Star-Investor Peter Thiel gehörten zu den Kunden der Silicon Valley Bank.

Warum ist die Silicon Valley Bank in Schieflage geraten?

Um den Niedergang der Bank zu verstehen, ist ein Blick in die Boom-Jahre der Technologie-Branche im Silicon Valley unerlässlich. Die Bank verstand es, durch Ihren Standort im Valley wie keine andere Bank sich mit den heutigen Big-Playern und Funding-Dollar-Protagonisten zu vernetzen und sich so ein über die Jahre hinweg sehr starkes Standbein als Tech-Finanzierer aufzubauen. Mit dem Wachstum der Tech-Branche stiegen so auch die Einlagen bei der Börsen-notierten Bank von 10 Milliarden Dollar vor der Corona-Pandemie auf 44 Milliarden Dollar Ende 2021. Stellt sich hier die Frage, wie dies geschehen konnte?

Ganz einfach, denn das billige Geld, das Investoren während der Boom-Jahre in Tech-Start-Ups investierten, packten diese dann in der Regel auf Konten bei der SVB. Mit dem so eingehenden Geld kam die Bank Ende 2022 auf ein Volumen bei den Assets under Management auf rund 172 Milliarden Dollar – bei einem ausgewiesenen Jahresprofit von 3,4 Milliarden Dollar.

Was ist passiert?

Nun darf man sich berechtigterweise fragen, wie denn eine Bank auf Basis solcher Zahlen letztendlich in Schieflage geraten konnte? Die Frage lässt sich im Grunde mit 3 Punkten beantworten:

1.) Die Bank hat sich mit eigenen Investments verspekuliert. Man hat in langlaufende Anleihen und andere Zinsvehikel wie Mortgage Backed Securities (MBS) investiert. Mit Verzinsung von 1,5 & bis 2,5 % in Niedrigzinszeiten durchaus machbar, aber mit Eintritt der Zinswende zunehmend unattraktive Zinssätze. Verkauft man diese Papiere zu spät, häuft man Verluste an. Das erklärt, warum die Bank eine Abschreibung von 1,7 Milliarden Dollar kurz vor dem Kollaps ankündigte.

2.) Der nachlassende Investitions-Hype in Start-ups hatte massive Auswirkungen auf die Bank. Denn plötzlich floss erheblich weniger Geld in Start-ups, was zur Folge hatte, dass auch bei der Bank weniger Geld ankam. Doch damit nicht genug, denn auch die Einlagen seitens der Start-ups bei der Bank wurden aufgrund des nun akuten Geldbedarfs eben Jener immer weniger. Es floss ein signifikant höheres Kapitalvolumen als seitens der Bank erwartet. Was sich mit einem Blick auf öffentlich verfügbare Daten der Bank verdeutlicht: Allein mit Beginn der 1. Quartals 2022 flossen monatlich rund 25 Milliarden Dollar im Durchschnitt ab.

3.) Mit Blick auf die beiden vorgenannten Punkte, war es dann im Grunde nur noch eine Frage der Zeit, wann die Rating-Agenturen aktiv werden und ihre Bewertungen korrigieren. Und genau das tat als Erste Moodys. Und genau dies wurde umgehend von Reuters aufgenommen und veröffentlicht. Was folgte war der in Amerika berühmt-berüchtigte Bank-Run, der sich verstärkte, als eben auch die bereits genannten VC Fonds umgehend Gelder abzogen.

Und was dann folgte war im Grunde unausweichlich. Die FDIC trat auf den Plan und setzte die Bank unter ihre Verwaltung. Nun stellt sich hier an dieser Stelle – quasi abschließend – die Frage, ob und welche Auswirkungen die Pleite der SVB auf Anleger hat.

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Die Pleite der SVB Bank – Welche Folgen hat dies für Anleger?

Grundsätzlich sind erstmal nur die Anleger, vor allem die Institutionellen wie der norwegische Pensionsfonds als auch der größte schwedische Pensionsfonds Alecta direkt betroffen, die in die Bank selbst als auch in deren Aktien an der US-Börse NASDAQ investiert haben. Deren Verlust beläuft sich mit aktuellem Stand bei 100 %, denn die SVB Aktien sind vom Handel ausgesetzt und momentan praktisch wertlos.

Auch Konto-Inhaber bei der Silicon Valley Bank sind direkt betroffen, was aber bei deutschen Anlegern kaum Relevanz haben dürfte, da auch der deutsche Ableger der SVP in Frankfurt kein Endkunden-Geschäft betrieben hat. US-Kunden sollten jedoch nach Ankündigung der Regierung zu 100 % entschädigt werden.

Update vom 27.03.2023: Kollabierte Silicon Valley Bank wird verkauft

Wie die US-Einlagensicherung FDIC mitteilte, wird die in Schieflage geratene Silicon Valley Bank von der First Citiziens Bank übernommen. Die Vermögenswerte der SVB werden zum Teil auf die First Citiziens Bank übertragen, so umfasst der Kauf etwa 119 Mlliarden US-Dollar an Einlagen und 72 Milliarden Dollar an SVB-Krediten. Etwa 90 Milliarden Dollar an Wertpapieren verbleiben bei der Transaktion allerdings unter Zwangsverwaltung.

Durch die Übernahme entstehe laut dem Einlagensicherungs-Fonds ein finanzieller Verlust von etwa 20 Milliarden Dollar. Die exakte Summe steht allerdings erst dann fest, wenn die Konkursverwaltung beendet ist. Bereits ab Montag, dem 27.03.2023 sollen die 17 Fillialien der Silicon Valley Bank als First-Citizens-Fillialien öffnen.

Für deutsche Anleger ist die Situation momentan noch vergleichsweise entspannt: Zwar erleiden manche Banken massive Kursverluste, allerdings haben sich die Kurse bisher auch wieder schnell erholt. Die Bafin beruhigt: das deutsche Finanzsystem sei stabil und robust. Und auch das europäische Bankensystem ist sehr wiederstandsfähig, da die EU strenge Regeln für die Kontrolle und Steuerung der Finanzinstitute festgelegt hat. In Deutschland wären im Falle einer Bankenpleite alle Einlagen bis 100.000 Euro gesetzlich geschützt.

Verluste in Höhe von 52 Milliarden Dollar

Indirekt sind Anleger betroffen, die in den Bankensektor investiert haben, denn der wurde mit seinen Teilnehmern in Mitleidenschaft gezogen. So büßte allein der Wert der vier größten US-Banken, JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup und Wells Fargo am Tag der Bekanntmachung der SVP Pleite insgesamt 52 Milliarden Dollar an Wert ein.

Und auch in Deutschland hatte die Pleite Auswirkungen auf die Bank-Titel. Die Deutsche Bank büßte zeitweise 7,6 Prozent ein, die Commerzbank verlor fast fünf Prozent, in Spitze sogar bis zu 14 Prozent. Auf europäischere Ebene gaben die Titel der BNP Paribas, Credit Suisse, Banco Santander und ING ebenfalls um rund fünf bis acht Prozent nach.

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Droht ein globaler Finanzkollaps wie nach der Lehman Pleite 2008?

Nein, denn dafür war die Silicon Valley Bank schlicht nicht groß genug. Sie ist in den USA als sogenannte „Class 4“ Bank eingestuft, was sie eindeutig zu einer „nicht-system relevanten Bank“ macht. Was an dieser Stelle aber ein wesentliches Problem darstellt, denn die Bank unterlag als solch eine Class 4 Bank deutlich geringeren Auflagen als andere Banken. Sie musste beispielsweise geringe bis keine Anforderungen an die Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio) als auch die strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio), wie sie für europäische Banken im Rahmen von Basel 3 gelten, erfüllen.

Allerdings wackeln nicht nur kleine Start-up-Banken in Amerika. Eine der größten Banken der Welt, die schweizer Credit Suisse Bank, muss sich aktuell mit stark fallenden Kursen auseinandersetzen. Der Kurs der Bank war zwischenzeitlich um über 30 Prozent innerhalb eines Tages gefallen. Die Auswirkungen dieses Kurs-Rutsches haben die Börsen weltweit beeinflusst, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Credit Suisse sind also weit mehr als ein nationales Problem. Eine Insolvenz der Bank hätte verherende Folgen für Börsenkurse, die internationale Finanzwelt und andere Banken, die im Abwärtsstrudel mitgerissen werden könnten.

Momentan ist der rasante Kursverlust der Credit Suisse noch ein Einzelfall mit verhältnismäßig niedrigen Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte. Fakt ist, dass die steigenden Leitzinsen Kredite verteuern und dadurch das Ausfallrisiko steigt. Schlecht aufgestellte Banken könnten dadurch in Bedrängnis geraten. Anleger sollten die aktuellen Entwicklungen in jedem Fall im Auge behalten, um auf Neuigkeiten reagieren zu können.

Auswirkungen auf US-amerikanische Banken
Bank ISIN Verlust innerhalb einer Woche in Prozent
JP Morgan Chase US46625H1005 -7,34%
Bank of America US0605051046 -12,80%
Citi Group US1729674242 -12,08%
Wells Fargo US9497461015 -12,75%
Quelle: finanzen.net / Stand: 15.03.2023
Auswirkungen auf europäische Banken
Bank ISIN Verlust innerhalb einer Woche in Prozent
Credit Suisse CH0012138530 -25,64%
ING Group NL0011821202 -16,78%
Santander S.A. ES0113900J37 -15,20%
Crédit Agricole FR0000045072 -11,03%
Quelle: finanzen.net / Stand: 15.03.2023

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Weiterführende Quellen:

Handelsblatt: Silicon Valley Bank wird verkauft

Tagesschau: Wie gefährlich ist der SVB-Kollaps?

Tagesschau: Warum die Credit Suisse unter Druck steht

Welt: Lage nach US-Bankenpleite laut Bundesregierung nicht mit 2008 vergleichbar

Wirtschaftswoche: Bafin macht Silicon Valley Bank Deutschland dicht

ZEIT: Keine staatliche Rettung der Silicon Valley Bank