UCITS/OGAW-Anlagegrenzen: Ein Leitfaden zu den 5-10-40 & 20/35 Regeln
Wer in Investmentfonds oder ETFs investiert, stößt unweigerlich auf Begriffe wie UCITS oder OGAW. Doch was verbirgt sich hinter diesen Abkürzungen, und warum sind sie für Ihre Anlageentscheidungen von Bedeutung? In diesem Ratgeber tauchen wir tief in die Welt der Fondsregulierung ein. Wir zeigen die wichtigen Unterschiede zwischen den Regeln für aktiv gemanagte Fonds und passiven Indexfonds (ETFs) auf und machen deutlich, welche konkreten Auswirkungen dies auf die Sicherheit, Diversifikation und potenzielle Rendite von Investments hat.
Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick
- UCITS/OGAW sind EU-weite Standards, die Anlegerschutz durch Diversifikation, Transparenz und Risikomanagement in Investmentfonds sicherstellen.
- Aktiv gemanagte Fonds folgen der strengen 5-10-40-Regel, die das Einzeltitelrisiko stark begrenzt (maximal 10 Prozent pro Emittent) und eine breite Streuung vorschreibt.
- ETFs nutzen die flexiblere 20/35-Regel, um Indizes präzise abzubilden, was höhere Gewichtungen einzelner Titel (bis zu 20 Prozent oder sogar 35 Prozent) erlaubt, aber Konzentrationsrisiken birgt.
In Fonds investieren - Fondssparplan-Vergleich 2025
Inhaltsverzeichnis
- UCITS und OGAW: Das europäische Gütesiegel für Fonds
- Aktiv gemanagte Fonds: Sicherheit durch die 5-10-40-Regel
- Indexfonds (ETFs): Flexibilität dank der 20/35-Regel
- Spezialfall DAX: Neue Indexvarianten für mehr Flexibilität
- Gegenüberstellung: Aktiv (5-10-40) vs. ETF (20/35)
- Was bedeuten diese Regeln konkret für die Anlageentscheidung?
- Fondsbeispiele als Orientierung
- Was als Fazit für Anleger bleibt
UCITS und OGAW: Das europäische Gütesiegel für Fonds
Diese EU-weit gültigen Richtlinien sind keine trockene Bürokratie, sondern das Fundament für Anlegerschutz und Marktstabilität im europäischen Fondsmarkt. Sie legen fest, wie Fondsmanager Ihr Geld anlegen dürfen, wie Risiken begrenzt werden und welche Informationen Sie als Anleger erhalten müssen. Betrachten wir diese beiden Regelungen im Folgenden etwas genauer.
Definition und Ziele
OGAW steht für „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“, während UCITS die englische Entsprechung „Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities“ ist. Beide Begriffe bezeichnen dasselbe Regelwerk der Europäischen Union. Während in Deutschland oft von OGAW gesprochen wird, hat sich international und in den Fondsnamen selbst der Begriff UCITS durchgesetzt.
Die Hauptziele dieser Richtlinien sind vielfältig:
- Anlegerschutz: Durch klare Vorgaben zu zulässigen Anlageinstrumenten und Risikostreuung.
- Diversifikation: Vorschriften zur Begrenzung von Einzelrisiken, um Verluste bei Problemen einzelner Emittenten zu minimieren.
- Transparenz: Anleger müssen klare Informationen über Anlagestrategie, Kosten und Risiken erhalten.
- Risikomanagement: Fondsgesellschaften müssen robuste Prozesse zur Überwachung und Steuerung von Risiken implementieren.
- Grenzüberschreitender Vertrieb: Ein in einem EU-Land zugelassener UCITS-Fonds kann unkompliziert in allen anderen EU-/EWR-Staaten vertrieben werden. Dies fördert den Wettbewerb und die Auswahl für Anleger.
Ein Fonds, der das UCITS-Label trägt, signalisiert somit die Einhaltung hoher europäischer Standards in Bezug auf Sicherheit und Transparenz.
Aktiv gemanagte Fonds: Sicherheit durch die 5-10-40-Regel
Für Fonds, bei denen ein Manager aktiv entscheidet, welche Wertpapiere gekauft oder verkauft werden, gelten besonders strenge Diversifikationsvorschriften. Das Herzstück ist die sogenannte „5-10-40-Regel“.
Was besagt die 5-10-40-Regel genau?
Diese Regel setzt dem Fondsmanagement klare Grenzen, um eine übermäßige Konzentration auf wenige Einzeltitel zu verhindern:
- Maximal 10 Prozent pro Emittent: Ein Fonds darf höchstens 10 Prozent seines gesamten Vermögens in Wertpapiere (z.B. Aktien oder Anleihen) eines einzigen Unternehmens oder Ausstellers investieren. Die Standardgrenze liegt sogar bei 5 Prozent, die nur in Ausnahmefällen auf 10 Prozent erhöht werden darf.
- Maximal 40 Prozent für „Großpositionen“: Alle Positionen im Portfolio, deren Anteil am Fondsvermögen jeweils über 5 Prozent liegt, dürfen zusammengenommen nicht mehr als 40 Prozent des gesamten Fondsvermögens ausmachen.
Implikationen für die Portfoliostruktur
Aus der zweiten Vorgabe ergibt sich im Umkehrschluss, dass mindestens 60 Prozent des Fondsvermögens in kleinere Positionen investiert sein müssen (also solche, die 5 Prozent oder weniger des Fondsvermögens ausmachen). Um die Regel theoretisch voll auszureizen, müsste ein Fondsmanager sein Portfolio auf mindestens 16 verschiedene Einzeltitel verteilen (z.B. vier Titel mit je 10 Prozent und zwölf Titel mit je 5 Prozent). In der Praxis enthalten aktiv gemanagte Fonds jedoch meist deutlich mehr Positionen, um flexibler agieren zu können und das Risiko noch breiter zu streuen.
Vorteile für Anleger: Reduzierung des Klumpenrisikos
Diese rigiden Vorschriften kommen direkt den Anlegern zugute. Die Begrenzung auf maximal 10 Prozent pro Emittent reduziert das sogenannte „Klumpenrisiko“ erheblich – also das Risiko, dass der Wert des Fonds überproportional leidet, wenn ein einzelnes Unternehmen in Schwierigkeiten gerät (wie etwa im Fall Wirecard). Dank der erzwungenen breiteren Streuung über verschiedene Unternehmen und oft auch Branchen können aktiv gemanagte UCITS-Fonds tendenziell eine geringere Volatilität aufweisen als manche ETFs, die stark auf wenige Index-Schwergewichte konzentriert sind.
Für Anleger, die Wert auf eine aktive Titelauswahl legen und gleichzeitig das Risiko einzelner Unternehmenspleiten minimieren möchten, bieten aktiv gemanagte Fonds unter der 5-10-40-Regel somit einen robusten Rahmen.
Surftipp: Fondssparpläne - Die besten Fondsbroker nach Kundenbewertung
Indexfonds (ETFs): Flexibilität dank der 20/35-Regel
Exchange Traded Funds (ETFs) haben nicht das Ziel, durch aktive Auswahl besser als der Markt zu sein, sondern einen bestimmten Marktindex (z.B. den DAX oder den MSCI World) möglichst exakt nachzubilden. Diese passive Strategie erfordert andere Regeln, da viele Indizes von Natur aus einige sehr große Unternehmen mit hohem Gewicht enthalten.
Die 20/35-Regel: Mehr Spielraum für Indexabbildung
Um ETFs die präzise Nachbildung solcher Indizes zu ermöglichen, gelten für sie gelockerte Diversifikationsvorschriften, die als „20/35-Regel“ bekannt sind:
- Maximal 20 Prozent pro Emittent: Grundsätzlich darf ein ETF bis zu 20 Prozent seines Vermögens in Wertpapiere eines einzelnen Unternehmens investieren.
- Ausnahme bis 35 Prozent: Unter außergewöhnlichen Marktbedingungen oder wenn es die Indexzusammensetzung erfordert, kann diese Grenze für eine einzige Position sogar auf bis zu 35 Prozent des Fondsvermögens angehoben werden.
Warum diese Ausnahme wichtig ist
Ohne diese flexiblere Regel könnten ETFs viele gängige Indizes nicht effizient abbilden. Man denke an den Schweizer SMI, in dem Nestlé oft über 20 Prozent Gewicht hat, oder an Technologie-Indizes, die von wenigen Giganten dominiert werden. Die 20/35-Regel erlaubt es ETF-Anbietern, auch solche konzentrierten Marktsegmente investierbar zu machen.
Ein konkretes Beispiel ist der Xtrackers MSCI Europe Information Technology ESG Screened UCITS ETF. Dieser bildet einen Index nach, in dem ASML zeitweise rund 27 Prozent und SAP knapp 17 Prozent Gewicht hatten. Eine solche Konzentration wäre unter der 5-10-40-Regel undenkbar, ist aber dank der 20/35-Ausnahmeregelung für ETFs zulässig, um die Indexstruktur korrekt widerzuspiegeln.
Günstig in ETFs investieren - ETF-Sparplan-Vergleich 2025
Spezialfall DAX: Neue Indexvarianten für mehr Flexibilität
Die Relevanz der 20/35-Regel wird besonders bei Indizes wie dem deutschen Leitindex DAX deutlich. Historisch enthielt der DAX oft Unternehmen mit einem Gewicht nahe oder über der 10 Prozent-Grenze der 5-10-40-Regel. Um ETF-Anbietern und Anlegern mehr Optionen zu bieten, hat die Deutsche Börse reagiert.
Von 10 Prozent über 15 Prozent zu neuen Kappungsgrenzen
Ursprünglich lag die Kappungsgrenze für Einzelwerte im DAX bei 10 Prozent. Nachdem das Schwergewicht Linde durch die Kappung Nachteile erlitt und sich schließlich von der Frankfurter Börse zurückzog, wurde die Grenze auf 15 Prozent angehoben. Das bedeutet, dass das Gewicht eines Unternehmens im Index alle drei Monate überprüft und ggf. auf 15 Prozent reduziert wird, falls es diese Marke überschreitet.
Um jedoch den Bedürfnissen von ETFs unter der 20/35-Regel besser gerecht zu werden und unterschiedliche Anlegerpräferenzen zu bedienen, wurden zusätzliche DAX-Varianten eingeführt:
- DAX (Standard): Kappungsgrenze bei 15 Prozent. Dies ist weiterhin der Referenzindex.
- DAX 20 Prozent Capped: Hier wird das Gewicht eines Einzelwerts erst bei 20 Prozent gekappt. Diese Variante ist speziell auf die 20/35-Regel für ETFs zugeschnitten.
- DAX Uncapped: Diese Version hat keine Kappungsgrenze. Das Gewicht der Unternehmen entspricht ihrer tatsächlichen Marktkapitalisierung, was zu einer noch höheren Konzentration auf die größten Werte führen kann.
Diese verschiedenen Indexversionen ermöglichen es ETF-Anbietern, Produkte zu kreieren, die entweder eine breitere Streuung (näher am Standard-DAX) anstreben oder bewusst eine höhere Konzentration gemäß der 20/35-Regel zulassen (DAX 20 Prozent Capped) oder sogar die volle Marktdynamik abbilden (DAX Uncapped).
Surftipp: DAX-Kappungsgrenze: Funktion und Bedeutung im Detail
Gegenüberstellung: Aktiv (5-10-40) vs. ETF (20/35)
Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Unterschiede zusammen, die sich aus den jeweiligen Regelwerken ergeben:
Merkmal | Aktiv gemanagter Fonds (5-10-40 Regel) | Indexfonds/ETF (20/35 Regel) |
---|---|---|
Primäres Ziel | Outperformance gegenüber Benchmark durch aktive Titelauswahl | Möglichst genaue Abbildung eines Referenzindex |
Diversifikationsregel | 5-10-40 (Max. 10 Prozent pro Emittent; >5 Prozent-Positionen max. 40 Prozent gesamt) | 20/35 (Max. 20 Prozent pro Emittent; Ausnahme bis 35 Prozent für eine Position) |
Max. Gewichtung pro Emittent | 10 Prozent | 20 Prozent (in Ausnahmefällen 35 Prozent) |
Handhabung von Klumpenrisiken | Starke Begrenzung durch niedrige Obergrenzen und breite Streuungspflicht | Potenziell höheres Risiko, wenn der Index stark konzentriert ist |
Typische Kostenstruktur | Höher (Managementgebühren, ggf. Performance Fees; oft 1 bis 2 Prozent p.a.) | Niedriger (Geringe Verwaltungsgebühren; oft 0,05 bis 0,5 Prozent p.a.) |
Flexibilität bei der Titelauswahl | Hoch (innerhalb der Anlagerichtlinien und UCITS-Grenzen) | Gering (festgelegt durch den zu replizierenden Index) |
Was bedeuten diese Regeln konkret für die Anlageentscheidung?
Die UCITS/OGAW-Regeln schaffen einen wichtigen Rahmen für Sicherheit und Transparenz. Sie sind jedoch kein Allheilmittel und befreien Anleger nicht von der Notwendigkeit, ihre Investments sorgfältig auszuwählen. Die Wahl zwischen einem aktiv gemanagten Fonds und einem ETF hängt von Ihren persönlichen Zielen, Ihrer Risikobereitschaft und Ihren Kostenpräferenzen ab:
Abwägung von Risiko und Kosten
Aktive Fonds (5-10-40)
- Potenzielle Vorteile: Geringeres Klumpenrisiko durch strenge Diversifikation, Möglichkeit der Outperformance durch geschicktes Management, potenziell geringere Volatilität.
- Potenzielle Nachteile: Höhere Kosten (Verwaltungsgebühren, ggf. Ausgabeaufschlag, Performance-Gebühren), keine Garantie für Outperformance (viele Manager schlagen ihren Vergleichsindex nicht), Abhängigkeit von der Qualität des Fondsmanagements.
ETFs (20/35)
- Potenzielle Vorteile: Sehr niedrige Kosten, hohe Transparenz durch Indexabbildung, einfache Handelbarkeit, breite Marktabdeckung möglich.
- Potenzielle Nachteile: Übernahme von Index-Klumpenrisiken (hohe Gewichtung einzelner Titel), keine Möglichkeit zur Outperformance (Rendite immer leicht unter Index wegen Kosten), Marktrisiko wird voll mitgetragen.
Alternative zu Fonds und ETFs - Aktiensparplan-Vergleich 2025
Fondsbeispiele als Orientierung
Neben dem bereits erwähnten Fonds von xtrackers können auch noch zweitere Fonds als Beispiel herangezogen werden:
Amundi DAX III UCITS ETF
Der Amundi DAX III UCITS ETF (ISIN: LU2090062436) bildet den deutschen Leitindex DAX ab, der die 40 größten deutschen Unternehmen enthält. Er verwendet eine vollständige physische Replikation und ist thesaurierend (reinvestiert die Dividenden).
Xtrackers DAX UCITS ETF
Ebenfalls ein DAX-ETF (ISIN: LU0274211480), der die Performance der 40 größten deutschen Unternehmen nachbildet. Die „1C“-Variante ist thesaurierend, also werden Dividenden automatisch reinvestiert.
Xtrackers MSCI Europe Information Technology Screened UCITS ETF
Der Xtrackers MSCI Europe Information Technology Screened UCITS ETF (ISIN: LU0292104469) bildet den MSCI Europe Information Technology Index ab und investiert in europäische Unternehmen aus dem IT-Sektor. „Screened“ bedeutet, dass bestimmte Ausschlusskriterien (z.B. für kontroverse Waffen) angewandt werden. Thesaurierend (1C).
Was als Fazit für Anleger bleibt
Sowohl die 5-10-40-Regel für aktive Fonds als auch die 20/35-Regel für ETFs dienen dem Anlegerschutz durch Diversifikation, verfolgen dabei aber unterschiedliche Ansätze, die zur jeweiligen Fondsstrategie passen. Aktiv gemanagte Fonds bieten durch ihre strengeren Limits einen besseren Schutz vor Einzelwertrisiken, lassen sich dies aber oft durch höhere Kosten bezahlen. ETFs sind kostengünstiger und bilden Märkte präzise ab, können aber bei konzentrierten Indizes höhere Einzelwertgewichte aufweisen.
Für Anleger bedeutet das: Verstehen Sie die Struktur des Fonds, in den Sie investieren möchten. Prüfen Sie bei ETFs die Indexzusammensetzung auf mögliche Konzentrationen. Bei aktiven Fonds sollten Sie neben den Kosten auch die historische Performance und die Anlagestrategie bewerten. Eine Kombination aus beiden Fondstypen kann oft eine sinnvolle Strategie sein, um von den Vorteilen beider Welten zu profitieren.
Online-Broker-Vergleich - Jetzt am Kapitalmarkt investieren
Quellen und weiterführende Links