Interview mit Sebastian Hasenack, Leiter Online-Vermögensverwaltung DJE Kapital AG (Solidvest)
Das Coronavirus hat eine überfällige Korrektur ausgelöst
Der DAX im Sinkflug, die Wallstreet zieht die Notbremse – das Coronavirus versetzt die Börsen in den Panikmodus. Was Anleger in den kommenden Tagen wissen müssen und wie Robo-Advisor mit der Situation umgehen, klärt Brokervergleich.de im Gespräch mit Sebastian Hasenack, Leiter Online-Vermögensverwaltung DJE Kapital AG (Solidvest)
Die Börsen schalten in den Panikmodus. Was raten Sie Anlegern und wie sollen sie sich jetzt verhalten? Worauf müssen Anleger jetzt achten?
In erster Linie einen kühlen Kopf bewahren. Bei Selbstbetroffenheit sinkt der IQ gerne mal auf 0. Daher gilt es, sich in solchen Marktphasen an zuvor definierte Konzepte zu halten. Ein antizyklisches Vorgehen ist für professionelle Investoren ein übliches Prozedere. Wir beobachten bei Solidvest, dass die Neukundengewinnung auf keinen Fall eingeschlafen ist. Außerdem erhöhen einige Bestandskunden bereits bestehende Anlagepositionen.
Inwieweit ist die Flucht zurück in „sichere Häfen“ eine Option?
Die Märkte sind überaus optimistisch ins Jahr 2020 gestartet und der Optimismus der Anleger war sehr hoch. Das Coronavirus hat eine überfällige technische Korrektur ausgelöst. Aktuell hat DJE seine Aktieninvestitionsquoten deutlich gesenkt. Da mit temporären Problemen für die internationalen Transportwege, die Just-in-time-Logistik der Industrie oder für das Segment Tourismus & Reisen zu rechnen war, wurden Gewichtungen in diesen Segmenten bereits seit Ende Januar reduziert. Gleiches gilt für die Gewichtung von Sektoren, die einen nennenswerten Teil ihrer Geschäfte mit China abwickeln, zum Beispiel die exportorientierte Konsum- und Luxusgüterindustrie oder die Automobilhersteller Europas (in letzterem bestanden schon länger keine Positionen). Darüber hinaus hat DJE temporär auch seine Positionierung in Sektoren zurückgenommen, die allgemein von einem strukturellen Wachstumsmomentum profitieren und in denen die weltweiten Anleger stark übergewichtet sind.
Damit ist sind wir bis jetzt vergleichsweise gut durch die Krise gekommen im Vergleich zum breiten Markt. Früher oder später werden sich die Kurse erholen, und die größten Kurssprünge erleben die Märkte historisch gesehen meistens nach scharfen Marktkorrekturen. Das genau zu treffen ist aber sehr schwierig und die Gefahr, das zu verpassen, ist sehr groß, wenn man sein Kapital beispielsweise im Tagesgeld geparkt hat.
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Was tun Sie als Digitaler Vermögensverwalter derzeit, um die Anlagen Ihrer Kunden vor Verlusten zu bewahren bzw. diese zu minimieren?
Die taktische Steuerung unserer Kasse hat es uns bereits in vergangen Situation – beispielsweise Q4 2018 – ermöglicht, stärkere Kursrückgänge zu vermeiden. Bereits im Januar wurden erste Risikopositionen verkauft; mit Bekanntwerden dem Anstieg der Infektionszahlen in Italien zum 24.2. haben wir die Kasse-Position in den Solidvest-Depots weiter erhöht und halten bspw. in unserer Wachstumsstrategie (maximal 50 Prozent Aktienquote) ca. 25 Prozent Kasse. Dies reduziert die Portfoliovolatilität und wirkt sich somit positiv auf unser Rendite-Risikoprofil aus.
Ist es ein Vorteil, dass Solidvest ausschließlich in Einzelaktien und -Anleihen investiert statt überwiegend in ETFs?
Aufgrund unserer Strategie, ausschließlich in Aktien und Anleihen direkt zu investieren, haben wir die Möglichkeit, deutlich selektiver vorzugehen. Speziell in Marktsituationen, die vielleicht einige Unternehmen stärker treffen werden als andere, ist dies durchaus von Vorteil.
Welche Maßnahmen, z. B. durch die Notenbanken, sind nötig, um eine weltweite Wirtschaftskrise abzuwenden?
Wir erwarten größere fiskalische Stimuli und Konjunkturpakete. Mittelfristig schätzen wir Aktien unverändert positiv ein. Dafür sprechen unter anderem die weiterhin expansive Geldpolitik der großen Notenbanken. Auch hält die chinesische Regierung geld- und fiskalpolitische Anreize bereit, um die Binnenkonjunktur im Reich der Mitte wieder in Gang zu setzen. In den USA will US-Präsident Donald Trump wiedergewählt werden und stimuliert den Markt u. a. mit steigenden staatlichen Investitionen, ablesbar auch am Haushaltsdefizit von zurzeit über fünf Prozent des BIP p.a. Realistisch erscheint auch eine Steuersenkung für Mittelständler.
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