Was passiert bei einer Insolvenz Ihres Brokers oder Bank mit Ihren Anlagen?

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fragen sich viele Anleger: Was geschieht eigentlich mit meinem Vermögen, wenn meine Bank beziehungsweise Broker in Schieflage gerät? Diese Frage ist keineswegs abwegig, wie die Finanzkrisen der Vergangenheit gezeigt haben. Allein in der globalen Finanzkrise von 2008 mussten weltweit über 500 Banken Insolvenz anmelden. Im Folgenden beleuchten wir detailliert, welche Konsequenzen eine Bankeninsolvenz / Brokerinsolvenz für verschiedene Anlageformen haben kann.

Tagesgeld und Festgeld: Weitestgehend abgesichert

Bei Tagesgeld- und Festgeldkonten handelt es sich um Einlagen, die im Falle einer Insolvenz grundsätzlich gefährdet sind. Allerdings greift hier die gesetzliche Einlagensicherung, die in der Europäischen Union bis zu 100.000 Euro pro Kunde und Bank absichert. In Deutschland belief sich das Volumen der Sichteinlagen privater Haushalte Ende 2022 auf rund 1,6 Billionen Euro.

In Deutschland geht der Schutz durch freiwillige Sicherungssysteme der Banken oft noch darüber hinaus. So sichern die Sparkassen und Genossenschaftsbanken in der Regel alle Einlagen ihrer Kunden vollständig ab. Auch viele private Banken bieten über den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken einen erweiterten Schutz, der je nach Bank bis zu 15% des haftenden Eigenkapitals pro Kunde betragen kann.

Wertpapiere: In der Regel gut geschützt

Gute Nachrichten für Aktionäre und Anleihebesitzer: Ihre Wertpapiere sind bei einer Banken-, Brokerinsolvenz in den meisten Fällen sicher. Der Grund dafür liegt in der rechtlichen Struktur: Wertpapiere wie Aktien und Anleihen gelten als Sondervermögen. Das bedeutet, sie sind nicht Teil der Bankbilanz und werden im Falle einer Insolvenz nicht zur Befriedigung der Gläubiger herangezogen.

In Deutschland verwahren Banken Wertpapiere im Wert von mehreren Billionen Euro. Zum Beispiel belief sich der Wert der von deutschen Banken verwahrten Wertpapiere Ende 2022 auf rund 7,2 Billionen Euro. Davon entfielen etwa 2,1 Billionen Euro auf Aktien und 5,1 Billionen Euro auf Schuldverschreibungen.

Die depotführende Bank fungiert lediglich als Verwahrer dieser Wertpapiere. Im Insolvenzfall werden die Papiere in der Regel auf eine andere Bank übertragen. Dieser Prozess kann einige Zeit in Anspruch nehmen, während der die Anleger möglicherweise keinen Zugriff auf ihre Wertpapiere haben. Langfristig besteht jedoch kein Verlustrisiko für den Wert der Papiere selbst.

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Fondsanteile: Sondervermögen mit Schutzfunktion

Ähnlich wie bei Wertpapieren gilt auch für Fondsanteile der Status als Sondervermögen. In Deutschland belief sich das in Investmentfonds angelegte Vermögen Ende 2022 auf rund 3,5 Billionen Euro.

Die Verwaltung von Investmentfonds obliegt in der Regel einer separaten Kapitalverwaltungsgesellschaft, nicht der depotführenden Bank selbst. Im Falle einer Bankeninsolvenz werden die Fondsanteile entweder auf eine andere depotführende Bank übertragen oder können direkt bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft gehalten werden.

Derivate: Ein komplexer Fall

Bei Derivaten ist die Situation komplizierter. Der globale Derivatemarkt hatte Ende 2022 einen Nominalwert von etwa 632 Billionen US-Dollar, wobei der tatsächliche Marktwert bei rund 12,6 Billionen US-Dollar lag.

Im Falle einer Bankeninsolvenz hängt das Schicksal von Derivaten stark von ihrer spezifischen Ausgestaltung ab. Börsengehandelte Derivate, die über eine zentrale Gegenpartei (Central Counterparty, CCP) abgewickelt werden, genießen in der Regel einen höheren Schutz. In der EU werden etwa 62% aller Derivatekontrakte über CCPs abgewickelt.

Anders sieht es bei Over-the-Counter (OTC) Derivaten aus, die direkt zwischen zwei Parteien gehandelt werden. Diese machen immer noch einen erheblichen Teil des Marktes aus – etwa 38% in der EU. Hier besteht ein höheres Risiko, da der Ausfall einer Partei direkt den Vertragspartner trifft.

Grundsätzlich gilt jedoch bei Derivaten im Fall der Insolvenz der depotführenden Bank zunächst einmal Folgendes:

Hier haben Anleger ein sogenanntes Aussonderungsrecht nach der Insolvenzordnung. Das bedeutet, dass Sie einen Anspruch darauf haben, dass Ihre Wertpapiere, einschließlich Derivate, herausgegeben werden. Dieser Anspruch muss schriftlich beim Insolvenzverwalter angemeldet werden

Konkret bedeutet das, dass Ihre Wertpapiere, einschließlich Derivate, nicht Teil der Insolvenzmasse der Bank sind. Sie bleiben Ihr Eigentum und müssen Ihnen vom Insolvenzverwalter herausgegeben werden.

Hier sind die Schritte, die Sie unternehmen sollten:

  • Kontaktaufnahme mit dem Insolvenzverwalter: Informieren Sie den Insolvenzverwalter schriftlich über Ihre Ansprüche.
  • Nachweis Ihrer Wertpapiere: Stellen Sie sicher, dass Sie alle notwendigen Dokumente haben, die belegen, dass die Wertpapiere Ihnen gehören.
  • Anmeldung Ihrer Ansprüche: Reichen Sie Ihre Ansprüche formell beim Insolvenzverwalter ein.

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Zertifikate: Vorsicht geboten

Bei Zertifikaten ist besondere Vorsicht angebracht. Der deutsche Zertifikate Markt hatte Ende 2022 ein Volumen von etwa 72 Milliarden Euro. Anders als Aktien oder Fondsanteile sind Zertifikate rechtlich gesehen Schuldverschreibungen der emittierenden Bank.

Zertifikate fallen nicht unter den Status des Sondervermögens und sind somit Teil der Insolvenzmasse. Im schlimmsten Fall kann dies zum Totalverlust des investierten Kapitals führen. Ein bekanntes Beispiel ist der Fall der Lehman Brothers im Jahr 2008, bei dem Anleger in Deutschland rund 1 Milliarde Euro in Zertifikaten verloren.

Anleger sollten sich also bewusst sein, dass sie in diesem Fall als Gläubiger der Bank auftreten und möglicherweise nur einen Teil ihres Investments zurückerhalten, aber auch einen Totalverlust hinnehmen müssen.

Einlagensicherheit bei CFD Brokern: Ein Sonderfall

Die Einlagensicherheit bei CFD (Contract for Difference) Brokern stellt einen besonderen Fall dar. Ende 2022 belief sich das globale CFD-Handelsvolumen auf schätzungsweise 70 Billionen US-Dollar. In Deutschland ist der CFD-Markt vergleichsweise klein, aber wachsend, mit einem Handelsvolumen von etwa 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2022.

Bei CFD Brokern gelten grundsätzlich ähnliche Regeln wie bei klassischen Banken. Kundengelder fallen unter die gesetzliche Einlagensicherung von bis zu 100.000 Euro pro Kunde und Institut. Allerdings ist zu beachten, dass diese Sicherung nur für das nicht investierte Guthaben auf dem Handelskonto gilt, nicht für offene CFD-Positionen.

CFDs selbst gelten als komplexe Finanzinstrumente und fallen nicht unter den Status des Sondervermögens. Im Falle einer Insolvenz des Brokers könnten offene CFD-Positionen geschlossen werden, was zu Verlusten führen kann, die nicht durch die Einlagensicherung abgedeckt sind.

Viele seriöse CFD Broker in Deutschland und der EU verwenden zusätzlich das Konzept der Konten-Segregation. Dabei werden Kundengelder strikt vom Betriebskapital des Brokers getrennt und auf separaten Konten bei Partnerbanken gehalten. Dies bietet einen zusätzlichen Schutz im Insolvenzfall, da diese Gelder nicht zur Begleichung von Schulden des Brokers herangezogen werden können.

Anleger sollten bei der Wahl eines CFD Brokers besonders auf dessen Regulierung und zusätzliche Schutzmaßnahmen achten. In Deutschland unterliegen CFD Broker der Aufsicht durch die BaFin, was ein gewisses Maß an Sicherheit bietet. Dennoch bleibt das Risiko bei CFDs aufgrund ihrer Hebelwirkung und komplexen Natur höher als bei klassischen Anlageformen.

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Was Anleger zum Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) wissen sollten

Neben der zuvor bereits genannten Sicherungseinrichtungen und Regelungen übernimmt auch die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) diese wichtige Schutzfunktion – allerdings mit Einschränkungen.

Denn die EdW greift primär bei in Deutschland ansässigen und registrierten Unternehmen. Bei Brokern mit Sitz im Ausland variiert der Schutz je nach nationalen Bestimmungen. Experten raten daher zur Vorsicht: „Anleger sollten vor der Wahl eines Brokers dessen Regulierungsstatus und die geltenden Sicherungssysteme gründlich prüfen“.

Interessant für deutsche Anleger: Auch ausländische Broker können unter bestimmten Umständen der EdW unterliegen, etwa wenn sie eine Niederlassung in Deutschland betreiben. Im Entschädigungsfall, der von der BaFin festgestellt wird, deckt die EdW bis zu 90% der Forderungen aus Wertpapiergeschäften ab – mit einer Obergrenze von 20.000 Euro pro Kunde.

Diese Regelungen unterstreichen hier die Notwendigkeit für Anleger, sich umfassend zu informieren. Nur so kann im Falle einer Broker-Insolvenz der bestmögliche Schutz der eigenen Einlagen gewährleistet werden.

Fazit

Die Auswirkungen einer Bankeninsolvenz variieren stark je nach Anlageform. Während Wertpapiere und Fondsanteile als Sondervermögen gut geschützt sind, bergen Zertifikate und ungesicherte Einlagen größere Risiken. Die gesetzliche Einlagensicherung und zusätzliche Schutzmaßnahmen bieten eine grundlegende Absicherung für viele Anleger. Trotz der Komplexität moderner Finanzmärkte und der Lehren aus vergangenen Krisen gilt das deutsche Bankensystem mit seiner überdurchschnittlichen Eigenkapitalquote als relativ stabil. Dennoch bleibt eine fundierte Kenntnis der verschiedenen Anlageformen und ihrer spezifischen Risiken für Investoren unerlässlich.

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Weiterführende Links und Quellen: