Entwicklung von Geldmengen und Aktienmärkten
Die Entwicklung der Geldmengen und der Aktienmärkte ist historisch eng miteinander verbunden. So können Geldmengen als Frühindikator für Bewegungen an den Börsen dienen. Häufig lässt sich beobachten, dass die Aktienkurse den Geldmengen folgen. Damit kann der Vergleich zwischen der Entwicklung der Geldmengen und der Aktienmärkte neben der fundamentalen Analyse ein wichtiges Hilfsmittel sein, um die aktuelle Lage an den Börsen einzuschätzen.
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Der Einfluss der Geldmengen-Entwicklung auf den Kurs der Aktienmärkte wird häufig unterschätzt
- Geldmengen können als Frühindikator dienen, häufig folgen die Börsenkurse ihrem Verlauf
- Auch in der Corona-Pandemie folgen die Aktienmärkte der Geldmengenentwicklung wie etwa ein Vergleich der Geldmenge M1 der USA und des S&P 500 zeigt
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Inhaltsverzeichnis
Was ist die Geldmenge?
Unter Geldmenge versteht man alles Geld, das Nichtbanken wie z.B. Privatpersonen und Firmen jederzeit zur Verfügung steht. Die Geldmenge umfasst sowohl Bargeld als auch Geld auf Bankkonten. Bargeldbestände von Banken zählen hingegen nicht dazu. Es werden lediglich Zahlungsmittel erfasst.[1]
Die Geldmenge wird in vier Stufen unterteilt: M0 (Zentralbankgeld), M1, M2 und M3. Für unsere Betrachtung sind vor allem die Geldmengen M1 und M2 relevant:
- Geldmenge M1: Sie umfasst das Bargeld außerhalb des Bankensystems und täglich fällige Einlagen (etwa auf dem Girokonto oder Tagesgeld)
- Geldmenge M2: Sie umfasst M1 sowie Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten.
Wie entwickeln sich die Geldmengen M1 und M2 der USA im Vergleich zum S&P 500?
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Besonders gut ließ sich die ähnliche Entwicklung von Geldmengen und Aktienmärkten an der Geldmenge M1 der USA sowie dem Aktienindex S&P 500 bis April 2020 verfolgen. Während die Geldmenge M1 von 2008 bis Ende April 2020 um knapp 200 Prozent stieg, verzeichnete der S&P ein Plus von 223,60 Prozent – ein geringer Unterschied von gut 20 Prozent.
Sehr gut zu erkennen war der Rücksetzer, den der S&P 500 im März 2020 in Folge des ausgebrochenen Corona-Virus machte. Hatte er im Januar 2020 noch bei 3.228,50 (+261,13 Prozent im Vergleich zu 2008) gelegen, waren es im März nur noch 2.574,50 (+187,98% im Vergleich zu 2008). Die Geldmenge M1 machte im März 2020 dagegen einen Sprung nach oben. Sie stieg von rund 4,0 Billionen US-Dollar auf 4,26 Billionen US-Dollar.
Bereits im April des selben Jahres zog der S&P 500 dann wieder kräftig an. Damit folgte er mit kurzer Verzögerung der Entwicklung der Geldmenge bzw. Liquidität. Unter diesem Gesichtspunkt (Vergleich zu Geldmenge M1) waren die Höhenflüge des S&P 500 trotz Corona-Pandemie gerechtfertigt und verständlich.
Anmerkung: Die annähernde Vervierfachung der Geldmenge von April auf Mai 2020 beruht auf einer veränderten Berechnungsgrundlage. Ab Mai 2020 beinhaltet die Geldmenge M1 auch Spareinlagen (einschließlich Geldmarkteinlagenkonten).[2]
Bei der Geldmenge M2 der USA fiel das Plus von 2008 bis 2020 weniger groß aus als bei der Geldmenge M1. Im April 2020 war es mit 108,06 Prozent dennoch beachtlich. Auch hier zeigte sich ein Sprung durch die Maßnahmen der US-Notenbank Fed im Rahmen der Corona-Pandemie Ende März. Dieser Entwicklung folgte der S&P 500.
Wie entwickeln sich die Geldmengen M1 und M2 der Eurozone im Vergleich zum Euro Stoxx 50?
Weniger klar war das Bild bei einem Vergleich der Entwicklung der Geldmenge M1 der Eurozone und des Euro Stoxx 50. Das Plus Ende 2020 betrug 154,61 Prozent (Geldmenge M1) bzw. 45,15 Prozent (Euro Stoxx 50). Der Euro Stoxx stand zudem bspw. 2015 und 2017 bereits höher als Ende 2020 und folgte damit nicht der kontinuierlichen Aufwärtsbewegung von M1. Der Stand Ende 2020 ließ sich so interpretieren, dass noch Luft nach oben war. Und das traf zu. Von 45,15 Prozent ging es bis Ende August 2021 hoch auf 71,45 Prozent. Seinen bis heute höchsten Stand erreichte er im Januar 2024 mit 89.91 Prozent (im Vergleich zu 2008).
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Im Vergleich zur Geldmenge M2 der Eurozone treten bis heute immer wiederkehrende starke Schwankungen des Euro Stoxx 50 auf. In manchen Jahren – etwa in 2015 – war das Plus des Euro Stoxx 50 seit 2008 deutlich höher als das der Geldmenge M2. Nicht so Ende 2020. Zu diesem Zeitpunkt betrug das Plus bei der Geldmenge M2 69,68 Prozent, beim Euro Stoxx 50 hingegen genannte 45,15 Prozent. Erstmals im Januar 2024 überholte der Index die Geldmenge M2 wieder und stieg auf 89,91 Prozent zum Vergleichswert Ende 2008.
Fazit
Die Bedeutung der Geldmenge für die Aktienmärkte wird häufig unterschätzt. Das zeigt die Entwicklung des S&P 500 im Vergleich zu den Geldmengen M1 und M2 in den USA sowie – in geringerem Maße – die Entwicklung des Euro Stoxx 50 im Vergleich zu den Geldmengen M1 und M2 der Eurozone. Auch wenn die Höhenflüge der Börsen inmitten der Corona-Pandemie seltsam anmuten, letztlich folgten die Aktienmärkte auch in dieser Zeit der Entwicklung der Geldmengen und damit der Liquidität.
Darauf weist auch Jens Ehrhardt von der Vermögensverwaltung DJE Kapital AG hin: „Viele Anleger, aber auch Fachleute, von deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten bis zur amerikanischen Zentralbank, beschreiben zurzeit die fundamentalen Aussichten äußerst zurückhaltend bis fast negativ – dabei zeigt das Studium der Aktienmärkte, dass die Börse immer der monetären Entwicklung folgt und sich nach zehn bis zwölf Monaten die Konjunktur bessert.
Weiterführende Links
[2] FED – Money Stock Measures – H.6 Release